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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung
Autoren: Andrzej Sapkowski
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wie Stoff zerriss. Die Wärme, die plötzlich aus ihrer Hand strömte.
    »Schlaf.«
    Er schlief ein.

VI
    »Sind wir schon im Flussland, Yurga?«
    »Seit gestern, Herr Geralt. Bald kommt schon die Jaruga, und dahinter gleich meine Gegend. Seht, sogar die Pferde gehen munterer, schwenken die Köpfe. Sie spüren, dass sie bald zu Hause sind.«
    »Zu Hause ... Du wohnst in der Stadt?«
    »In der Vorstadt.«
    »Interessant.« Der Hexer schaute sich um. »Ich sehe fast keine Spuren des Kriegs. Es heißt, dieses Land sei schrecklich verwüstet worden.«
    »Freilich«, sagte Yurga. »Woran es auch gemangelt hat, an Ruinen nicht. Es gibt fast keine Hütte, keinen Zaun ohne frisches Holz. Und jenseits des Flusses, Ihr werdet’s sehen, da war es noch schlimmer, da war alles bis auf den Grund niedergebrannt ... Nun ja, der Krieg ist der Krieg, aber das Leben muss weitergehen. Hier ging alles drunter und drüber, als die Schwarzen durch unser Land gezogen sind. Damals sah es wirklich so aus, als würden sie alles in eine Wüste verwandeln. Viele von denen, die damals geflohen sind, sind nicht zurückgekehrt. Aber an ihrer Stelle haben sich neue angesiedelt. Das Leben muss weitergehen.«
    »Stimmt«, murmelte Geralt. »Das Leben muss weitergehen. Egal, was war. Es muss weitergehen ...«
    »Recht habt Ihr. Da, bitte, zieht sie an. Ich hab Euch die Hose genäht, gestopft. Sie ist wie neu. Das ist wie mit dieser Erde, Herr Geralt. Der Krieg hat sie zerrissen, ist wie mit eiserner Egge darüber hinweggegangen, hat sie aufgetrennt, mit Blut besudelt. Aber jetzt wird sie wie neu sein. Und noch bessere Frucht tragen. Sogar die, die in dieser Erde verfault sind, dienen einem guten Zweck: düngen sie. Vorläufig ist es noch schwer, denn überall auf den Feldern liegen Knochen, Eisen, aber die Erde wird auch mit dem Eisen fertig.«
    »Habt ihr keine Angst, dass die Nilfgaarder ... dass die Schwarzen wiederkommen? Sie haben den Weg durch die Berge schon einmal gefunden ...«
    »Freilich, wir haben Angst. Aber was hilft’s? Dasitzen und weinen, zittern? Das Leben muss weitergehen. Und was kommt, kommt. Was vorherbestimmt ist, dem kann man ja doch nicht entgehen.«
    »Du glaubst an Vorherbestimmung?«
    »Wie sollte ich nicht daran glauben? Nachdem wir uns auf der Brücke getroffen haben, bei der Schlucht, nachdem Ihr mich vor dem Tode gerettet habt? Ach, Herr Hexer, Ihr werdet sehen, meine Zelinda wird Euch zu Füßen fallen ...«
    »Gib Ruhe. Offen gesagt, verdanke ich dir mehr. Dort auf der Brücke ... Das ist ja meine Arbeit, Yurga, mein Beruf. Ich beschütze die Menschen für Geld. Nicht aus Herzensgüte. Gib zu, Yurga, du hast gehört, was die Leute über Hexer reden? Dass man nicht wisse, was schlimmer sei, sie oder die Ungeheuer, die sie töten ...«
    »Das ist nicht wahr, Herr, ich weiß nicht, warum Ihr so was sagt. Ja, hab ich denn keine Augen im Kopf? Ihr seid doch aus demselben Holz geschnitzt wie jene Heilerin ...«
    »Visenna ...«
    »Sie hat ihren Namen nicht genannt. Aber sie kam im Galopp zu uns geritten, weil sie wusste, dass sie gebraucht wird; am Abend hat sie uns erreicht und sich gleich mit Euch befasst, kaum dass sie aus dem Sattel gestiegen war. Oh, Herr, sie hat sich mit Eurem Bein abgemüht, von dieser Magie hat richtig die Luft gezittert, und wir sind vor Angst in den Wald gerannt. Und ihr ist danach Blut aus der Nase gelaufen. Es ist halt nicht einfach mit dem Zaubern. Ja, sie hat sich um Euch gesorgt, geradezu wie ...«
    »Wie eine Mutter?« Geralt presste die Zähne zusammen.
    »Gewiss. Das habt Ihr gut gesagt. Und wie Ihr eingeschlafen seid ...«
    »Ja, Yurga?«
    »Sie hat sich kaum auf den Füßen gehalten, weiß wie eine Wand war sie. Aber sie ist gekommen, hat gefragt, ob nicht einer von uns Hilfe braucht. Einem Pechbrenner hat sie den Arm geheilt, den ihm ein Baumstamm gequetscht hatte. Hat keinen Pfennig genommen, sogar noch Arznei dagelassen. Nein, Herr Geralt, ich weiß, auf der Welt wird alles Mögliche über Hexer geredet und alles Mögliche über Zauberer. Aber nicht bei uns. Wir von Obersodden und die Leute aus dem Flussland wissen es besser. Zu viel verdanken wir den Zauberern, um nicht zu wissen, wer sie sind. Bei uns ist die Erinnerung an sie nicht in Gerüchten und Geschwätz vertan, sondern in Stein gehauen. Ihr werdet es selber sehen, sowie der Jungwald endet. Übrigens, Ihr wisst es sicherlich selber besser. Von dieser Schlacht hat ja die ganze Welt geredet, und es ist gerade mal ein Jahr
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