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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Nilfgaarder nach vier Tagen ein. Sie fanden keine lebende Seele vor. Die Frauen hatten die Kinder umgebracht, die Männer die Frauen und sich dann entweder ins Schwert gestützt oder ... Was ist mit dir, Geralt?«
    »Red, Rittersporn.«
    »Oder ... wie Calanthe ... kopfüber von den Zinnen, von ganz oben. Es heißt, sie habe darum gebeten, dass man sie ... Keiner wollte es tun. Also hat sie sich hinaufgeschleppt und ... Kopfüber. Es heißt, mit ihrem Körper sollen schreckliche Dinge angestellt worden sein. Ich will davon nicht ... Was ist mit dir?«
    »Nichts. Rittersporn ... In Cintra war ... ein Mädchen. Calanthes Enkelin, so um die zehn, elf Jahre. Sie hieß Ciri. Hast du von ihr gehört?«
    »Nein. Aber in der Stadt und im Schloss hat es ein schreckliches Blutbad gegeben, und es ist fast niemand mit dem Leben davongekommen. Und von denen, die den Bergfried verteidigt haben, hat niemand überlebt, wie ich gesagt habe. Und die meisten Frauen und Kinder der angesehensten Geschlechter waren dort.«
    Geralt schwieg.
    »Diese Calanthe«, fragte Rittersporn. »Hast du sie gekannt?«
    »Ja.«
    »Und das Mädchen, nach dem du gefragt hast? Ciri?«
    »Hab ich auch gekannt.«
    Vom Fluss her kam eine Windbö, kräuselte das Wasser, zauste die Zweige, von den Zweigen kam ein flirrender Schwarm Blätter geflogen. Der Herbst, dachte der Hexer, es ist wieder Herbst.
    Er stand auf.
    »Glaubst du an Vorherbestimmung, Rittersporn?«
    Der Troubadour hob den Kopf, schaute ihn aus weit offenen Augen an.
    »Warum fragst du?«
    »Antworte.«
    »Na ja ... Ich glaub dran.«
    »Und weißt du, dass Vorherbestimmung allein nicht genügt? Dass es etwas mehr braucht?«
    »Ich verstehe nicht, Geralt.«
    »Nicht nur du. Aber so ist es. Es braucht etwas mehr. Das Problem besteht darin, dass ich ... Dass ich nie mehr erfahren werde, was.«
    »Was ist mit dir, Geralt?«
    »Nichts, Rittersporn. Komm, steig auf. Wir reiten, schade um den Tag. Wer weiß, wie lange wir brauchen, um ein Boot zu finden, und wir brauchen ein großes. Ich werd ja Plötze nicht zurücklassen.«
    »Wir setzen zusammen über?«, freute sich der Dichter.
    »Ja. Auf dieser Seite des Flusses habe ich nichts mehr zu suchen.«

IX
    »Yurga!«
    »Zelinda!«
    Sie kam vom Tor her gelaufen, dass die unter dem Tuch hervorschauenden Haare wehten, stolperte, schrie. Yurga gab dem Burschen die Zügel, sprang vom Wagen, lief ihr entgegen, fasste sie um die Taille, kräftig, hob sie hoch, wirbelte sie herum.
    »Da bin ich, Zelinda! Ich bin zurück!«
    »Yurga!«
    »Ich bin zurück! Heda, macht das Tor auf! Der Hausherr ist wiedergekommen! Ach, Zelinda!«
    Sie war nass, roch nach Wäsche. Offensichtlich hatte sie gewaschen. Er stellte sie auf den Erdboden, doch auch da ließ er sie nicht los, zerzaust wie sie war, durchgeschüttelt, warm.
    »Komm mit ins Haus, Zelinda.«
    »Götter, du bist wieder da ... Ich hab nachts nicht schlafen können ... Yurga ... Ich hab nachts nicht schlafen können ...«
    »Ich bin wieder da. Ach, ich bin wieder da! Und reich, Zelinda. Siehst du den Wagen? He, vorwärts, fahr durchs Tor. Siehst du den Wagen, Zelinda? Ich bringe genug Waren mit, um ...«
    »Yurga, was sollen mir die Waren, was der Wagen ... Du bist wieder da ... Gesund ... Heil ...«
    »Reich bin ich, sag ich. Gleich wirst du sehen ...«
    »Yurga? Und wer ist das? Der Schwarzgekleidete? Götter, mit einem Schwert ...«
    Der Kaufmann schaute sich um. Der Hexer war abgestiegen, abgewandt, und tat so, als rücke er Zaumzeug und Satteltaschen zurecht. Er sah sie nicht an, kam nicht näher.
    »Ich erzähl’s dir später. Zelinda, wenn er nicht gewesen wär ... Und wo sind die Kinder? Sind sie gesund?«
    »Gesund, Yurga, gesund. Sind aufs Feld gegangen, Spatzen schießen, aber die Nachbarn werden ihnen sagen, dass du daheim bist. Gleich werden sie kommen, alle drei ...«
    »Drei? Was heißt das, Zelinda? Hast du etwa ...«
    »Nein ... Aber ich muss dir etwas sagen ... Du wirst nicht böse sein?«
    »Ich? Dir böse?«
    »Ich hab ein Mädchen aufgenommen, Yurga. Von den Druiden, weißt du, von denen, die nach dem Kriege Kinder gerettet haben ... In den Wäldern diese obdachlosen und verlassenen Kinder aufgesammelt haben ... Halbtot ... Yurga? Bist du böse?«
    Yurga legte die Hand an die Stirn, schaute sich um. Der Hexer kam langsam hinter dem Wagen her, führte das Pferd. Er sah sie nicht an, hatte noch immer den Kopf abgewandt.
    »Yurga?«
    »O Götter«, stöhnte der Kaufmann. »O Götter! Zelinda
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