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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin
Autoren: Manda Scott
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stehen konnte. Er war der lebendige Spross ihres Herzens, ihr Leitstern in der Finsternis, der einzige Lebensgrund, der sie in jenen Zeiten, als alle Hoffnung sinnlos und vergebens erschienen war, dazu getrieben hatte, trotzdem weiterzukämpfen. Es schmerzte sie allein schon, ihn in so unmittelbarer Nähe des Kriegsgeschehens zu wissen. Als sie ihn jetzt einen Moment lang fest an sich presste, konnte sie das hektische Stolpern seines Pulses fühlen. Sie drückte ihm einen Kuss auf den Scheitel und sagte: »Mein kleiner Krieger, du solltest zu dieser späten Zeit eigentlich längst im Bett liegen. Wieso schläfst du nicht?«
    Müde rieb er sich die Augen. »Die Trommeln haben mich geweckt. Ardacos ruft gerade die Bärinnen zu Hilfe. Er wird gegen die Römer kämpfen. Darf ich bei der Zeremonie zuschauen?«
    Cunomar war noch nicht ganz vier Jahre alt und hatte erst vor kurzem die Abscheulichkeit und Ungeheuerlichkeit des Krieges zu begreifen begonnen. Ardacos war der Held, den er seit neuestem verehrte; nur sein Vater und seine Mutter nahmen in dem Pantheon seiner Götter einen noch höheren Rang ein. Der wilde Kaledonier war der Stoff, aus dem die abgöttisch verehrten Idole der Kindheit gemacht waren. Ardacos führte jenen Verband von Kriegern an, die sich der Bärin verschrieben hatten; sie kämpften immer zu Fuß und weitgehend unbekleidet, und sie waren einfach unübertroffen, wenn es darum ging, sich des Nachts unbemerkt an den Feind anzuschleichen und Jagd auf ihn zu machen. Die Schädeltrommeln in der Ferne und die beschwörende Stimme, die das Getrommel begleitete, gehörten Ardacos.
    Breaca strich mit einer Hand über das seidige Haar ihres Sohnes. »Wir alle werden gegen die Römer kämpfen, aber, nein, ich glaube, die Zeremonie ist heilig und nicht für unsere Augen bestimmt, es sei denn, sie fordern uns zur Teilnahme auf. Wenn du älter bist und wenn die Bärin es erlaubt, dann kannst du dich Ardacos’ Kriegerverband anschließen und bei seinen Zeremonien mitmachen.«
    Das Gesicht des Jungen, vom matten Schein der im Hintergrund flackernden Feuer erhellt, leuchtete auf. »Die Bärin wird es bestimmt erlauben«, erwiderte er, plötzlich hellwach. »Sie muss ganz einfach. Ich werde mich mit Ardacos zusammentun, und dann werden wir beide die Römer bis weit in den Ozean treiben!«
    Cunomar sprach mit der Überzeugung eines Menschen, der noch nie eine Niederlage erlitten oder die Möglichkeit eines Fehlschlags auch nur in Betracht gezogen hat. Breaca brachte es nicht übers Herz, ihren Sohn zu enttäuschen. Lächelnd hob sie ihn wieder auf die Böschung hinauf. »Dann werden dein Vater und ich dir herzlich gerne ein paar Römer zum Bekämpfen übrig lassen. Aber morgen früh müssen wir erst einmal diejenigen unschädlich machen, die in der Festung hinter dem nächsten Berg sind, und bevor wir das tun können, müssen Ardacos und zwei seiner Krieger das Gelände für uns sichern. Es kann gut sein, dass er mich gleich für einen bestimmten Teil seiner Zeremonie braucht. Wenn ich zu ihm gehe, musst du aber vorher wieder ins Bett gehen. Wirst du das tun?«
    »Darf ich morgen früh auf deinem grauen Schlachtross sitzen, bevor du die Römer töten gehst?«
    »Ja, wenn du brav bist. Da, schau mal, dein Vater ist hier. Er wird sich um dich kümmern, wenn ich zu Ardacos gehe.«
    »Woher hast du denn gewusst...« Die Miene des Jungen war von größter Bewunderung erfüllt. Er hielt seine Mutter ohnehin schon für so etwas wie eine Halbgöttin; dass sie nun auch noch das Auftauchen seines Vaters aus dem Mahlstrom der Nacht vorhersagen konnte, war in seinen Augen lediglich ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Göttlichkeit.
    Breaca lächelte. »Ich habe seine Schritte gehört«, erklärte sie. »Das hat nun wirklich nichts mit magischen Kräften zu tun.« Es stimmte. Besser noch als Cunomar, besser noch als jedes andere Lebewesen erkannte sie diesen einen Menschen an seinem Schritt. Sie konnte Caradoc in dem Chaos einer Schlacht ebenso gehen hören wie in der Stille einer Winternacht und jedes Mal auf Anhieb erkennen, wo er war.
    Jetzt wartete er oben auf der Böschung: eine hoch gewachsene Gestalt, die sich als dunkle Silhouette gegen den Schein der im Hintergrund brennenden Feuer abzeichnete. Sein Gesicht lag im Schatten, nur sein Haar war beleuchtet. Ein flackernder Kranz aus gesponnenem Gold umrahmte seinen Kopf, so dass er so aussah, wie Camul, der Kriegsgott, am Vorabend einer Schlacht aussehen könnte, oder auch
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