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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin
Autoren: Manda Scott
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wie Belin, der täglich die Rösser der Sonne ritt. Es war eine Nacht, die solche Fantasien geradezu förderte, ohne dass die Götter Anstoß daran nehmen würden.
    Mit ganz und gar menschlicher Stimme sagte Caradoc: »Breaca? Die Bärinnen haben deinen Namen gerufen. Bist du bereit?«
    »Ich denke schon. Wenn du dich jetzt um deinen Sohn kümmerst, können wir das sogar ganz genau herausfinden.« Breaca hob Cunomar in die ausgestreckten Arme seines Vaters hoch und zog sich anschließend an den Haselbuschwurzeln nach oben. »Briga schenkt mir Glück und ihre Fürsorge, falls das Glück mich verlassen sollte. Aber Mut, so scheint es, will mir keiner verleihen. Den muss ich wohl oder übel selbst aufbringen.«
    Der vierte Stein war vergessen, und zwar in voller Absicht. Es ließ sich unmöglich vorhersagen, was die Götter davon halten könnten. Breaca konnte sich allerdings nicht vorstellen, dass sie von einem Kind Vergeltung dafür fordern würden, weil seine Mutter es nicht geschafft hatte, einen Stein richtig zu werfen. Ihr eigenes Schicksal war unergründbar, aber andererseits war dem ja immer so. Jeder Krieger, der mehr als eine Schlacht überlebt hatte, wusste, dass das Leben ein Geschenk der Götter war und einem jeden Augenblick wieder genommen werden konnte. Caradocs Leben war zu kostbar, als dass sie auch nur daran denken durfte. Wenn sie sich erlaubte, sich vorzustellen, dass er schwer verletzt werden oder gar sterben könnte, dann wäre sie niemals fähig, überhaupt in die Schlacht zu reiten.
    Caradoc umfasste ihren Unterarm und zog sie das letzte Stück die Böschung hinauf. Aus der Nähe betrachtet glich er nun wieder einem Menschen, sein Gesicht gezeichnet von Schlafmangel und der Bürde der Verantwortung, die auf ihm lastete. Er umarmte Breaca leicht. »Die Bärinnen glauben, du hast so viel Mut, dass er für uns alle reicht. Es wäre bestimmt nicht gut, ihnen ausgerechnet heute Nacht ihre Illusionen zu rauben.«
    Breaca schnitt eine Grimasse. »Ich weiß. In ihren Augen bin ich von göttlichen Kräften erfüllt und kann niemals sterben. Nur wir beide, du und ich, kennen die Wahrheit: Auch ich bin nur ein Mensch und habe an der Front genauso viel Angst wie jeder andere. Mut ist einfach zu unbeständig, als dass man ihn von einem Tag zum anderen festhalten könnte. Es ist so ähnlich, als ob man das Spiegelbild des Mondes mit einem Fischernetz einfangen wollte - das Wasser rinnt durch die Maschen, und das Licht bleibt dort, wo es war. Jedes Mal, wenn ich in eine Schlacht reite, befürchte ich, es wird die letzte sein.«
    Das hätte sie nicht sagen sollen. Caradoc sah sie scharf an; der vierte Stein war nicht vollkommen vergessen, und Caradoc konnte in ihr ebenso gut lesen wie sie in ihm. »Hast du ein ungutes Gefühl, wenn du an die kommende Schlacht denkst?«, fragte er.
    »Nicht mehr als sonst auch. Und es spielt auch keine Rolle. Wir haben genügend Leute im Ältestenrat von Mona, die wissen, was zu tun ist, falls einer von uns umkommen sollte. Selbst wenn die Hälfte von uns umkommt - der Krieg wird in jedem Fall auch ohne uns weitergehen.«
    »Aber ich würde ohne dich nicht weitermachen wollen.« Caradoc küsste sie mit trockenen Lippen kurz auf die Wange und fügte dann, um das zuvor Gesagte zu überspielen, hastig hinzu: »Und wenn Ardacos bei seinem Unternehmen Erfolg hat, kommen vielleicht nur wenige von uns um.«
    »Das können wir nur hoffen. Kümmere dich gut um Cunomar; ich kann die Bärinnen auch allein finden.«
     
    An dem Berghang in einiger Entfernung vom Fluss wimmelte es nur so von Kriegerinnen und Kriegern, die damit beschäftigt waren, ihre Kriegsbemalung anzulegen, ihre Kriegerzöpfe zu flechten und an ihren Schläfen die Kriegerfedern zu befestigen, die die Götter über die jeweilige Anzahl der bereits bezwungenen Feinde informierten.
    Ardacos’ Bärinnen formierten sich zu einem Kreis am Westhang des Berges, wo sie durch spät beerentragende Dornbüsche geschützt waren. Als Breaca sich dem Versammlungsort näherte, schien die Nacht plötzlich zu erwachen, erfüllt vom Rasseln und Klappern von Bärenklauen auf knochenweißen Schädeln, und es war schwierig, über das laute, arrhythmische Getrommel hinweg noch irgendein anderes Geräusch wahrzunehmen. Das unentwegte Trommeln glich einem Strom, der Geist und Seele überflutete und sie fortschwemmte an Orte, an denen Breaca nie gewesen war und wo sie auch niemals sein wollte. Älter noch als die Ahnen, sprach es direkt zu den
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