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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)
Autoren: Joseph Caldwell
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und grübelte, wie sie Aarons eben geäußerte Frage umgehen konnte. Ihr wollte jedoch nichts Treffendes einfallen. Ihre Schlagfertigkeit ließ sie im Stich. Sie wusste nichts Besseres als ein inhaltsloses »Was?« von sich zu geben.
    »Schon gut«, meinte Aaron. »Du würdest es mir ohnehin nicht sagen wollen.«
    »Woher weißt du das, wenn du gar nicht erst fragst?«
    »Ich habe gefragt. Und du hast mir die einzige Antwort gegeben, die ich erwarten kann. Nämlich gar keine.«
    Nebel kroch über die Gipfel der Berge. Lolly ergriff die Gelegenheit, um von dem von Aaron aufgeworfenen Thema abzulenken, und redete von dem, was sich vor ihren Augen tat. »Sieh nur. Der Nebel fällt, und wir werden bald ganz darin versinken.«
    »Würde ja passen.«
    »Du hast schlechte Laune. Wieso eigentlich?«
    »Weil du sehen willst – aus Gründen, die du für dich behältst –, wo Declan Tovey begraben wurde.«
    »Warum, um Himmels willen, sollte ich denn so was wollen?«
    »Ganz einfach. Weil er dein Liebhaber war.«
    »Er war Kittys Geliebter.«
    »Und Kitty sagt, du warst in ihn verknallt.«
    »Kitty McCloud ist, auch wenn sie deine Tante ist, keine glaubwürdige Informationsquelle, und schon gar nicht bei Dingen, die ihre früheren Abenteuer betreffen. Was sollte mir Declan Tovey? Ich hatte meine Schweine. Ich hatte meinen Beruf und habe dem alles gegeben, was ich hatte, ja mehr noch. Wie ich es bei allem mache, was mir wichtig ist. Das müsstest gerade du wissen. Das ganze vergangene Jahr hast du doch davon profitiert.«
    Aaron überlegte kurz und schaute seine Frau groß an. »Ist das wahr? Ich hab geglaubt, das Allerwichtigste war dir dein Roman.«
    »Wie kann einen Roman zu schreiben überhaupt wichtig sein?«
    »Mir war das wichtig. Jedenfalls, als ich mich damit noch befasst habe.«
    »Du bist ja auch Schriftsteller. Ich bin das nicht. Bloß weil ich einen Roman geschrieben habe, bin ich noch lange keine Schriftstellerin. Wie kann man einen Roman schreiben, wenn man nur halb bei der Sache ist?«
    »Das tun mehr Leute, als du denkst.«
    »Unfug. Deine Frau zu sein, hat mich mehr als alles andere beschäftigt, abgesehen natürlich vom Versorgen meiner Schweine. Du vor allem müsstest das nun wirklich wissen. Ich habe den Roman geschrieben, um mich ein bisschen zu entspannen, um mir ein bisschen Freizeit zu gönnen, damit ich wieder für das bereit sein konnte, was wir beide besser können als sonst jemand in der Welt.«
    »Ist das wahr?«
    »Wer könnte das besser beurteilen als du?«
    Aaron schwieg, nickte dann. »Stimmt. Wenn du das sagst, ist es wohl so.«
    »Ich habe es gesagt, eben jetzt.«
    »Und ich habe es gehört.«
    Der sich niedersenkende Nebel hatte sie völlig eingehüllt, sie gänzlich von der sie umgebenden Welt isoliert. Aaron fasste nach der Hand seiner Frau. »Ich helfe dir herunter.« Lolly ließ sich helfen, obwohl sie von Kindesbeinen an gewohnt war, auf Steinwällen herumzuklettern. Sie ließ ihren Mann gewähren, der sie sicher nach unten auf die Wiese führte.
    »Es gibt kein Grab«, bemerkte Aaron. »Lass dir das gesagt sein. Oder lass es dir vom Meer selber sagen.«
    »Wir werden schon sehen, wenn wir dort sind. Komm jetzt.« Lolly ging voran.
    Tatsächlich war kein Grab da. All die Erde, mit der man Declan Toveys Knochen hatte bedecken wollen, war zusammen mit ihm herabgesunken, eine eigentlich unnötige Zugabe für seine Bestattung im Wassergrab. Sie starrten beide in den Nebel, der unten wenige Schritte vom Klippenrand im Aufwind vom Wasser langsam hin und her wogte.
    »Tut mir leid«, sagte Aaron. »Wahrscheinlich hast du das Grab sehen wollen, und nun ist nichts mehr davon da. Ich hatte es ja selbst gegraben, viel tiefer als es vorher war, damit Declan nicht noch einmal herausgeholt werden konnte.«
    Lolly schwieg. Keiner rührte sich vom Fleck. Kühl strich der Nebel über ihre Gesichter. Man hörte die See, wenn ihr Wüten auch gedämpft klang. Nichts um sie herum war zu sehen. Selbst wenn das Haus dort noch stünde und der Schuppen im Garten, wären sie, wie vormals so oft, in dem aufwallenden Nebel verschwunden. Niemand hätte mit Gewissheit sagen können, ob sie da waren oder nicht. Immer hatte sie der Nebel geschluckt. Seit Ewigkeiten hatten sie es verstanden, sich ins Rätselhafte zu verflüchtigen. Auch jetzt wiederholte sich das alte Spiel, das Dasein selbst wurde ungewiss, alle Beweise und Sicherheiten einer Existenz waren aufgehoben.
    Lolly brach das Schweigen. »Ich habe ihn
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