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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)
Autoren: Joseph Caldwell
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Wiese und das prächtige Steinhaus von den Wogen verschlungen wurden und mit ihm all die Gerätschaften und der ganze Hausrat, der sich bei den McClouds von Generation zu Generation angesammelt hatte. Im Haus befand sich zum Zeitpunkt, da die sich auftürmenden Wasser und der tosende Sturm das Chaos geschaffen hatten, ein aufgebahrtes Skelett; es war angekleidet, wie es sich gehörte, und ruhte auf bestickten Kissen in einem Sarg ausglatt gehobelten Brettern. Die Knochen des Declan Tovey waren es, des Dachdeckermeisters und weithin umschwärmten Frauenverführers, den man ermordet und mit seinem Handwerkszeug im Garten von Aarons Tante vergraben hatte. Ein die Beete umwühlendes Schwein hatte die sterblichen Überreste zu Tage gebracht.
    Der Mord war nie aufgeklärt worden. Die Identität des Mörders festzustellen, hatten Geständnisse in letzter Minute erschwert, die von nicht weniger als drei der Teilnehmer bei einer für den unseligen Mr Tovey abgehaltenen ruchlosen irischen Totenwache abgelegt wurden: nämlich Lolly McKeever, Aarons Tante Kitty und Kittys bald darauf geehelichtem Mann Kieran Sweeney. Einer nach dem anderen hatte für sich in Anspruch genommen, den Dachdecker ins Jenseits befördert zu haben, und dabei Motiv und Tathergang dargelegt. Aaron selbst, der vierte Teilnehmer an der Bestattungszeremonie, vermutete, konnte es aber nicht beweisen, dass ein jeder Grund hatte, den jeweils anderen in Schutz zu nehmen, und es somit unmöglich machte, den wahren Übeltäter zu ermitteln.
    Sie dachten damals gar nicht daran, die Behörden hinzuzuziehen. Das Verbrechen ging nur Lolly, Kitty und Kieran etwas an, sonst niemanden. Wer hätte auch zur
Gardaí
gehen sollen und einen aus ihrem Kreis beschuldigen?
    (Seit der Unterdrückung der Iren waren viele Jahre vergangen, doch hing dem Wort
Informant
noch immer ein Geruch an, der selbst dem rachsüchtigsten Verkünder des so flüchtigen Idols Gerechtigkeit den Mund verschloss.)
    Zu erwähnen wäre ebenfalls, dass ein Aspekt der Zuneigung, die sich in der Hochzeit von Lolly und Aaron, später auch von Kieran und Kitty offenbarte, die Vorstellung war, dass man vielleicht einen Mörder heiratete. Das implizierte eine stillschweigende Vergebung im Ehebett, gewürzt mit einer Spur Mut, denn man würde sich für den Rest seines Lebens in eine äußerst gefährliche Situation begeben. Nacht für Nacht neben einem mutmaßlichen Mörder zu schlafen, ist tiefster Entspannung kaumförderlich, doch da alle Eheversprechen sich auf ein Risiko gründen, auf das nichts Ahnende, auf die tapfere Unterwerfung unter die Ungewissheit, warum sollte etwas so rührend Unbedachtes wie das Geständnis eines Mörders ein Hinderungsgrund sein? Überwindet Liebe nicht alles? Besteht sie nicht zum Teil aus einer Verlockung zum Geheimnisvollen und der damit einhergehenden Gefahr? Und so hatte jeder im anderen einen Zugewinn gefunden, in eben dem unberechenbaren Element, das andere hätte entmutigen können, die weniger bereit oder weniger fähig waren, einen größeren Radius an Möglichkeiten auszuschöpfen oder verworrene Gefühlsregungen bei der Wahl eines immerwährenden Partners in Kauf zu nehmen. Declan Tovey, der Tote, hatte das Unmögliche zuwege gebracht, zwei Paare zu vereinen, die so wenig zueinander passten wie etwa Leda und der Schwan oder Titania und der Esel.
     
    Während der Laster dahinrumpelte, nahm Aaron zu seiner Linken Anzeichen wahr, die davon kündeten, wie sich Landschaft und Landleben in den letzten Jahren verändert hatten. Wohlstand hatte ganz Irland in eine Verjüngungskur getrieben. Ganze Dörfer mit Ferienhäusern waren entstanden, die nicht nur Urlaubsuchende aus dem Ausland anlocken sollten, sondern auch irische Stadtbewohner, denen bislang die Mittel versagt geblieben waren, sich in der angenehmen Gesellschaft der urwüchsigen Iren zu bewegen, die die Grafschaft Kerry so reichlich bot.
    Ihrer Armut beraubt, mussten die Iren sich nun Veränderungen anpassen, die sie nicht weniger herausforderten als die errungene Freiheit, eher mehr. Dass ihnen sowohl Freiheit wie Wohlstand zugutekamen und dass sie sich beides wohl verdient hatten, stand außer Frage, das hieß aber auch, Veränderungen in Kauf zu nehmen. Aaron betrauerte keineswegs, dass seine Landsleute nicht länger von Armut und Not bedrängt waren. Er beobachtete voller Ungeduld, wie sie sich auf die neuen Bedingungen einstellten, er schwelgte geradezu in diesem Neuerwachen.Lolly hingegen hatte allen Grund,
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