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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest
Autoren: Frederick Forsyth
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II. stattgefunden hatte.
    Eine echte Stimmprobe des Patriarchen war während Irvines erstem Besuch aufgenommen worden, da sein Dolmetscher Brian Vincent ein Tonband hatte laufen lassen. Und Monk hatte auf Schloß Forbes stundenlang Bänder mit seiner eigenen Stimme besprochen.
    Ein russischer Stimmenimitator und Schauspieler hatte jene Sätze auf Kassette gesprochen, die angeblich von Alexei II. stammten, und mit Computertechnologie waren die entsprechenden Hintergrundgeräusche kreiert worden, selbst das Klappern der Löffel in den Kaffeetassen. Von Pater Maxim, dem Irvine die Kassette auf dem Flur im Vorübergehen zugeschoben hatte, war die Aufnahme einfach von seinem eigenen Recorder auf das Gerät überspielt worden, das Grischin ihm gegeben hatte.
    Jedes Wort auf der Kassette war eine Lüge gewesen. General Petrowski hätte keine weiteren Razzien gegen die Dolgoruki durchführen können, da Monk ihm alles, was die Tschetschenen über die rivalisierende Mafiabande in Erfahrung bringen konnten, bereits mitgeteilt hatte. Außerdem enthielten die Papiere aus dem Casino keinerlei Beweise dafür, daß die Dolgoruki die Wahlkampagne der UPK finanziell unterstützt hatten.
    General Nikolajew hatte keineswegs die Absicht gehabt, Komarow in einer Reihe von weiteren Interviews nach dem Neujahrstag anzugreifen. Er hatte gesagt, was er sagen wollte, und einmal, so meinte er, war genug.
    Doch das Wichtigste war, daß der Patriarch nicht die geringste Absicht gehabt hatte, sich beim amtierenden Präsidenten dafür einzusetzen, daß man Komarow zur unfähigen Person erklärte. Er hatte deutlich zu verstehen gegeben, daß er sich nicht in die Politik einmischen wollte.
    Doch weder Grischin noch Komarow hatten das gewußt. Sie glaubten, die Absichten ihrer Gegner genau zu kennen und einer schrecklichen Gefahr gegenüberzustehen, so daß sie völlig überreagierten und vier Attentatsversuche befahlen. Da Monk damit gerechnet hatte, konnte er alle vier Zielpersonen warnen. Nur eine weigerte sich, auf seine Warnung zu hören.
    Bis zum Abend des einundzwanzigsten Dezember, vielleicht sogar noch danach, hätte Komarow die Wahl immer noch mit einer sicheren Mehrheit gewinnen können.
    Nach dem einundzwanzigsten Dezember begann die Phase fünf. Monk nutzte die Überreaktion, um die Zahl jener wenigen Feinde Komarows, die das Schwarze Manifest kannten, um eine wütende Meute kritischer Journalisten zu vermehren. Mitten hinein in dieses Gemenge streute Monk das Gerücht, daß die Quelle für Komarows zunehmende Diskreditierung ein hoher Offizier der Schwarzen Garde war.
    Wie in so vielen Angelegenheiten der Menschen zieht auch in der Politik der Erfolg weiteren Erfolg nach sich, aber auch der Mißerfolg nährt künftigen Mißerfolg. Als nun die Kritik an Komarow zunahm, wuchs mit ihr jene Paranoia, die in allen Tyrannen ruht. Und Nigel Irvine setzte bei den letzten Zügen in seinem Spiel auf ebendiese Paranoia und hoffte gegen alle Hoffnung, daß der überforderte Pater Maxim ihn nicht im Stich lassen würde.
    Als der Patriarch aus dem Dreifaltigkeitskloster zurückkehrte, hatte er keineswegs den amtierenden Präsidenten aufgesucht. Auch hatten die Organe des russischen Staates vier Tage vor Neujahr keinerlei Absicht, am Neujahrstag gegen die Schwarze Garde vorzugehen und Komarow zu verhaften.
    Mit Hilfe von Pater Maxim wandte Irvine die alte Taktik an, den Feind davon zu überzeugen, daß seine Gegner weit zahlreicher, mächtiger und entschlossener waren, als er bislang vermutet hatte. Dieser zweite »Stich« überzeugte Komarow schließlich von der Notwendigkeit, zuerst zuschlagen zu müssen. Und von Monk gewarnt, verteidigte sich der russische Staat dann selbst.
    Sir Nigel Irvine war zwar kein besonders gewissenhafter Kirchgänger, doch ein genauer Kenner der Bibel, und unter all ihren Gestalten gefiel ihm der hebräische Held Gideon am besten.
    Im Hochland Schottlands hatte er Jason Monk erklärt, daß Gideon der erste Kommandeur einer Spezialeinheit und der erste Befürworter überraschender Nachtangriffe gewesen war.
    Als sich ihm zehntausend Freiwillige anboten, wählte Gideon nur dreihundert aus, die Stärksten und die Besten. Bei seinem nächtlichen Angriff auf die im Tal Jesreel lagernden Midianiter wandte er die dreifache Taktik des gewaltsamen Weckens, der gleißenden Lichter und des betäubenden Lärms an, um die überlegene Armee in Verwirrung und Panik zu stürzen.
    »Mit dieser Taktik, mein lieber Junge, hat er den
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