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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest
Autoren: Frederick Forsyth
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zum Premierminister ernannt, weil er ein geschickter Verwaltungsfachmann war, ein Mann im grauen Anzug mit Erfahrungen in der Ölindustrie. Doch im Lauf der Zeit hatte Markow die Macht der Exekutive schätzen gelernt, auch wenn die meiste Macht in diesem System beim Präsidenten und nicht beim Premierminister lag.
    In den sechs Monaten seit Tscherkassows tödlichem Herzinfarkt hatte er allerdings für den Pomp des höchsten Amts eine noch weit größere Vorliebe entwickelt.
    Da sich die Wahlchancen der Union Patriotischer Kräfte zerschlagen hatten, wußte Markow, daß sich das Rennen zwischen ihm und den Neokommunisten der Sozialistischen Union entscheiden mußte. Und er wußte auch, daß er wahrscheinlich nur den zweiten Platz belegen würde.
    Doch ein konstitutioneller Monarch würde in einer seiner ersten Amtshandlungen einen erfahrenen Politiker und Verwaltungsbeamten zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit berufen müssen. Und wer wäre da besser geeignet, so dachte sich Markow, als er selbst?
    Am selben Abend berief Iwan Markow kraft eines präsidialen Erlasses die Abgeordneten der Duma zu einer Eilsitzung.
    Am dritten Januar strömten die Abgeordneten selbst aus den fernsten Winkeln Sibiriens und den nördlichen Schneewüsten von Archangelsk nach Moskau.
    Die Eilsitzung der Duma fand am vierten Januar im nahezu unzerstörten Weißen Haus statt. Die Stimmung war gedämpft, nicht zuletzt wegen der Abgeordneten der Union Patriotischer Kräfte, die allen, die ihnen zuhören wollten, immer wieder versicherten, daß sie persönlich nichts von Igor Komarows irrsinnigen Plänen für die Silvesternacht gewußt hätten.
    Der amtierende Präsident Markow eröffnete die Sitzung und schlug vor, daß die gesamte Nation am sechzehnten Januar über die Frage der Wiedereinführung der Monarchie abstimmen sollte. Da er selbst der Duma nicht angehörte, konnte er keinen eigenen Antrag einbringen. Dies übernahm der Parlamentspräsident, ein Mitglied von Markows Demokratischer Allianzpartei.
    Die Neokommunisten sahen die Präsidentenmacht ihren Händen entgleiten und stimmten geschlossen gegen diesen Antrag, doch Markow hatte gute Vorarbeit geleistet.
    Einzeln hatte er noch am selben Morgen mit den Mitgliedern der UPK gesprochen, die um ihre persönliche Sicherheit fürchteten. In diesem Gespräch war ihnen nachdrücklich der Eindruck vermittelt worden, daß die Frage einer Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität sehr wohl unter den Tisch fallen könnte, falls sie in der Abstimmung für den Vorschlag des amtierenden Präsidenten votierten. Und dies würde bedeuten, daß sie ihren Sitz in der Duma behalten konnten.
    Gemeinsam mit der Union Patriotischer Kräfte überstimmte die Demokratische Allianz die Neokommunisten. Der Vorschlag wurde angenommen.
    Rein technisch gesehen war die Änderung der Wahl in eine Volksabstimmung nicht besonders schwierig. Da die Wahlurnen bereits aufgestellt waren, blieb nur die Aufgabe, hundertfünf Millionen Stimmzettel mit einer einfachen Frage und zwei Kästchen zu drucken, eines für »ja« und eines für »nein«.
    Am fünften Januar fügte der für den Hafen der kleinen nordrussischen Stadt Wiborg zuständige Polizist Pjotr GTomow der Geschichte seines Landes eine Fußnote hinzu. Kurz nach dem Morgengrauen sah er, wie das schwedische Frachtschiff
IngridB
sich anschickte, nach Göteborg auszulaufen.
    Der Polizist wollte sich gerade umdrehen und zu seinem Frühstück in die Wachstube zurückkehren, als zwei Gestalten in blauen Steppjacken hinter einem Stapel Kisten hervorkamen und zur Gangway liefen, die soeben hochgezogen werden sollte. Er konnte später nicht sagen, warum er ihnen zurief, daß sie stehenbleiben sollten.
    Die beiden Männer wechselten ein paar Worte und rannten dann zur Gangway. Gromow zog seine Waffe und gab einen Warnschuß ab. Es war das erste Mal seit drei Jahren, daß er die Waffe im Hafengelände benutzte, und es machte ihn mächtig stolz. Die beiden Matrosen blieben stehen.
    Ihre Papiere wiesen sie als Schweden aus. Der Jüngere sprach englisch, doch davon verstand Gromow nur ein paar Brocken.
    Allerdings hatte er lange genug im Hafen gearbeitet, um sich ganz passabel auf schwedisch verständlich machen zu können. Also fauchte er den Älteren an:
    »Wozu die Eile?«
    Der Mann sagte keinen Ton. Beide Männer hatten ihn nicht verstanden. Er streckte die Hand aus und zog dem Alten die Pelzmütze vom Kopf. Irgendwie kam ihm das Gesicht bekannt vor. Er hatte
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