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Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Titel: Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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abschalten.«
    »Nun, das ist mein Job«, erinnerte Jane ihren Mann. »Im Übrigen habe ich nicht die geringste Sorge, dass Carrie den Termin nicht einhält. Es sind noch sieben Monate Zeit bis zur Abgabe der Rohfassung.«
    Vermutlich war das aufmunternd gemeint, aber Alan, der merkte, wie ich die Schultern hängen ließ, streckte mir die Hand entgegen und sagte: »Nun kommt schon mit nach unten und gönnt euch einen Drink. Mich würde auch interessieren, wie die Fahrt hierher war. Ein Wunder, dass du’s pünktlich geschafft hast.«
    Es gab bereits genug Scherze darüber, wie leicht ich mich auf Reisen ablenken ließ, weshalb ich nichts von meinem Umweg an die Küste erzählte. Auch ich näherte mich dem Thema lieber indirekt. »Alan, du fliegst doch morgen, oder?«
    »Ja, warum?«
    Alans kleine Helikopterflotte half bei der Versorgung der Ölbohrinseln entlang der stürmischen Nordseeküste vor Peterhead. Er war ein waghalsiger Pilot, das hatte ich einmal selbst erlebt. Als wir wieder auf dem Boden gewesen waren, hatten meine Knie gezittert. Trotzdem fragte ich jetzt: »Meinst du, du könntest mich ein Stück weit die Küste hinauffliegen? Nathaniel Hooke kam zweimal von Frankreich zu einer Verschwörung mit dem schottischen Adel hierher, und beide Male landete er vor Slains, dem Sitz des Earl of Erroll, der sich, soweit ich das anhand der alten Karte erkennen kann, irgendwo nördlich von hier befinden muss. Ich würde mir das, was noch davon übrig ist, gern vom Meer aus ansehen, so wie Hooke damals.«
    »Slains? Ja, klar kann ich dich da hinbringen. Aber das liegt nicht nördlich, sondern südlich von hier, an der Cruden Bay.«
    »Wo?«, wiederholte ich verblüfft.
    »An der Cruden Bay. Die hast du auf der Schnellstraße verpasst.«
    Als Jane das Zucken in meinem Gesicht bemerkte, fragte sie: »Was ist los?«
    Immer wieder überrascht es mich, wie der Zufall mein Leben beeinflusst. Dass ich ausgerechnet dort gehalten hatte! »Ach, nichts«, antwortete ich. »Könnten wir den Ausflug morgen machen, Alan?«
    »Aye. Weißt du was? Wir brechen früh auf, damit du deinen Blick vom Meer kriegst, und wenn wir zurück sind, übernehme ich den kleinen Jack eine Weile, dann kann Jane dich mit dem Auto noch mal hinfahren, und du begutachtest das Ganze aus der Nähe. Natürlich nur, wenn du möchtest. Eine Prise gesunde Seeluft würde euch beiden sicher guttun.«
    Und so machten wir es.
    Was sich mir von oben präsentierte, wirkte viel größer als das, was ich vom Boden aus gesehen hatte: eine weitläufige Ruine ohne Dach direkt am Rand der Klippe, an deren Fuß weißer Gischt emporspritzte. Bei dem Anblick bekam ich eine Gänsehaut, und ich drängte Alan, mich so schnell wie möglich zurückzufliegen, damit ich noch einmal mit Jane hinfahren könnte.
    Diesmal standen zwei weitere Autos auf dem Parkplatz, und im Schnee auf dem Fußpfad befanden sich tiefe, verwischte Spuren. Ich ging Jane voran, den salzigen Geschmack des eisigen Seewinds auf den Lippen, der mich trotz meiner dicken Jacke frösteln ließ.
    Mir blieben nicht allzu viele Einzelheiten der Ruine in Erinnerung – hier und da ein Blick auf hohe Wände und rosafarbenen Granit mit grauen Flecken, der im Licht glitzerte … ein viereckiger Turm am Klippenrand … die Stille im Innern, wo das Heulen des Windes zu einem sanfteren Jammern abschwoll und wo die nackten Holzbalken der früheren Decke dunkle Schatten auf den Schnee warfen. Als ich in einem großen Raum, von dem aus ein riesiges offenes Fenster aufs Meer ging, die Hände auf den von der Sonne erwärmten Sims legte, entdeckte ich die Pfotenabdrücke eines Hundes, vielleicht eines Spaniels, daneben die tieferen Spuren eines Mannes, der wohl vor mir hinaus auf den endlos scheinenden Horizont geblickt hatte.
    Fast spürte ich ihn neben mir, aber in meiner Phantasie wurde aus dem Fremden vom Parkplatz jemand aus der Vergangenheit, ein Mann mit Stiefeln, Umhang und Schwert, so real, dass ich mich umwandte … und Jane sah, die mich beobachtete.
    Sie lächelte über meinen verwirrten Gesichtsausdruck, den sie nur zu gut kannte von Momenten, in denen meine Figuren zum Leben erwachten. »Du weißt, dass du auch bei uns arbeiten kannst«, sagte sie. »Wir haben genug Platz.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ihr habt ein kleines Kind. Da stört ein Gast nur.«
    »Dann komm mit. Wir suchen dir eine Bleibe in Cruden Bay.«

Zwei
     
    Die schmale Main Street von Cruden Bay wand sich sanft den Hügel hinunter, zuerst
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