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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Autoren: Götz Justus
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wenig Vertrauen erweckenden Eindruck. Der grau-grüne Aktenschrank, wie der Schreibtisch aus Stahlblech, war rund um die Türgriffe geschwärzt. Eine halb geöffnete Tür gab die Trostlosigkeit seines Inneren preis: Außer einem am Boden liegenden Kleiderbügel herrschte Leere. Auch der zerbeulte Papierkorb hatte bessere Zeiten erlebt. In ihm vergilbte eine Ausgabe der Jasarat des vergangenen Jahres. Das Büro wurde zweifellos seit langer Zeit nicht benutzt.
    Schrilles Klingeln eines der Telefone zerriß die Stille. Aus dem Nebenraum war das Rücken eines Stuhles zu vernehmen. Schwere Schritte näherten sich schlurfend, eine großgewachsene, massige Gestalt in typischer Landeskleidung trat in das Halbdunkel. Das fortgesetzte Klingeln schien den Mann zu nerven. Sein donnernder Fluch erfüllte den Raum, als er zunächst den verkehrten Hörer abhob. Der rötlich schimmernde Vollbart und seine Sprache verrieten die Herkunft. Es war Pashtu, wie es im Nordwesten an der Grenze zu Afghanistan gesprochen wurde. „Na endlich! Was gibt‘s?“
    „Er ist angekommen.“
    „Wo ist er jetzt?“
    „Ich habe ihn verloren. Im Hotel vermutlich.“
    „Du hast ihn verloren?“
    „Irgend etwas stimmte mit seinem Gepäck nicht. Und dann war ständig der verdammte Amerikaner um ihn herum. Er hat ihn fotografiert, am Gepäckband, später, als Shahjahan plötzlich auftauchte, beide zusammen, als sie das Gepäck im Wagen verstauten. Ich kam nicht an ihn ran.“
    „Shahjahan hat ihn abgeholt? Um diese Uhrzeit?“
    „Wenn ich es sage. Jemand hat den Shuttle-Bus abbestellt. Irgend etwas stimmt da nicht.“
    „Sieh keine Gespenster! Es wird eine Erklärung geben. Finde sie heraus, und sieh zu, daß du ihn wieder einfängst, bevor er nach Islamabad fliegt! Er darf dort nicht ankommen! Du schuldest mir etwas, vergiß das nicht.“
     
     

27. Juli, 07:10 Uhr Ortszeit; Lobby des Pearl Continental, Karatschi
    Sander verließ im Erdgeschoß den Aufzug, vergewisserte sich kurz, ob Shahjahan an seinem Platz saß. Er betrachtete argwöhnisch die Geschäftigkeit an der Rezeption, beschloß, aufgrund des Gedränges die Chipkarte zu behalten und durchquerte – Shahjahan im Blick – die Halle. Um diese Uhrzeit hatten nur wenige Gäste das Bedürfnis, in einer der zahlreichen Sitzgelegenheiten Platz zu nehmen. Trotz der resultierenden Übersichtlichkeit bemerkte Sander nicht den muskulösen Glatzkopf mit tiefschwarzem Schnauzer, der sich, offensichtlich gelangweilt auf jemanden wartend, mit dem Lesen und Absetzen etlicher SMS die Zeit vertrieb.
    Sander konnte seine Spannung nicht verbergen, als er sich gegenüber Shahjahan in den nächstbesten Sessel der Sitzgruppe fallen ließ. „Na, was gibt es so Dramatisches zu berichten, daß Sie mir keinen Schlaf gönnen?“
    Shahjahan ließ seinen Blick durch die Halle kreisen. In der Nachbarbucht blätterte ein auffällig hakennasiger, dunkelhäutiger Mittdreißiger in einer Zeitschrift, das schmale, von Sonne, Staub und Wind gegerbte Gesicht umgeben von einem wallenden Krausbart, in dem sich erstes Grau abzeichnete. Diese Nase! Sander war Shahjarans Blick gefolgt und betrachtete fasziniert das gewohnte Proportionen sprengende Ungleichgewicht zwischen Riechorgan und restlichem, vergleichsweise filigran gezeichnetem Gesicht. Die Nase stürzte förmlich aus dem verfilzten Gestrüpp des wild wuchernden Bartes wie ein Adler vom Rand seines Horstes. Shahjahan drehte den Kopf zurück, lächelte matt, als er Sanders unverhohlenes Staunen bemerkte. „Please listen, Dr. Sander!“ Seine Stimme klang gestreßt.
    Bevor Shahjahan fortfahren konnte, erschien der Kellner an ihrem Tisch. Er tauschte den Blumenschmuck gegen ein frisches Gebinde aus, wischte die Tischplatte und nahm die Bestellung auf. „Für mich einen Tee, und für Sie, Dr. Sander?“
    „Ich brauche dringend einen Kaffee, einen starken, wenn ich bitten darf.“
    Der Kellner nickte freundlich und verschwand Richtung Restaurant. Shahjahan begann von neuem: „Entschuldigen Sie die plötzliche Programmänderung und den Auftritt am Flughafen! Ich will es kurz machen: Anfang der Woche erhielten wir Nachricht aus Islamabad, daß auf Sie – ich sage es ganz offen – ein Killer angesetzt ist. Wir wissen nicht genau, wer die Drahtzieher sind, wir vermuten, daß die Ölimporteure dahinter stecken. Deshalb ...“
    Sander unterbrach Shahjahan mit einer heftigen Handbewegung. „Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen? Obwohl ihr das wißt, laßt ihr
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