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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Autoren: Götz Justus
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mich nach Pakistan kommen?“ Er war bemüht, beherrscht zu wirken, doch seine Erregung war unübersehbar. Sein unruhiger Blick, seine rastlosen Hände verrieten ihn. Früher hätte er sich in einer solchen Situation eine Zigarette angezündet, um einige Sekunden zu gewinnen und Ordnung in das Gewirr diffuser Gedankenfragmente zu bringen, aber er rauchte seit etlicher Zeit nicht mehr.
    „In Pakistan können wir Sie schützen, in Deutschland nicht. Oder glauben Sie etwa, der Arm der Öl-Mafia reiche nicht bis Europa? Das ist lediglich eine Frage des Geldes. In den Flüchtlingsghettos Belutschistans kostet ein Killer 100 Dollar, für die Ermordung eines Ungläubigen sogar weniger. In Europa mögen es 50.000 Dollar sein. Der Preis spielt in diesen Kreisen keine Rolle! Motivierte Killer finden sich allemal. Egal, ob in Karatschi, London oder Frankfurt! Vergessen Sie nicht – die Welt hat sich seit Nine-Eleven radikal verändert!“
    Shahjahans ohnehin hohe Stimme schien die Eindringlichkeit seines Vortrages zu unterstreichen. Der Kellner räusperte sich, servierte Tee und Kaffee, wie geheißen. Shahjahan steckte ihm ein Trinkgeld zu, wartete, bis er außer Hörweite war, dann fuhr er fort: „Gehen Sie davon aus, daß von unserer Seite im Sinne Ihrer Sicherheit alles getan wird! Sie werden keinen Schritt unbewacht sein. Der ISI ist überall, Sie werden ihn allerdings nicht bemerken.“
    Sander ließ den Blick durch die sich allmählich füllende Halle kreisen. Die Hakennase blätterte nach wie vor in ihrer Zeitschrift; inzwischen saßen zwei in einen Stadtplan vertiefte Ehepaare, vermutlich Westeuropäer, an dessen Tisch. Sander blickte sich um, aber es war kein bewußtes Sehen, kein klares Erkennen und Bewerten, eher Ausdruck der Hilflosigkeit. Tiefe Resignation überkam ihn, es schien, als verließen ihn Selbstvertrauen und Kampfeswille, Eigenschaften, an die er sich in unzähligen kritischen Situationen gewöhnt hatte. Das hier hatte eine neue, nie erfahrene Qualität: Er war nicht Handelnder, er war lausiger Spielball. Sein Gegner war nicht irgendein aufgeblasener Ministerialbürokrat auf der anderen Seite des Tisches, sondern unsichtbar. Es konnte der Etagenkellner sein, der Fahrer oder ein zufällig entgegenkommender Passant. Mochte der ISI allgegenwärtig sein – es gab keinen wirklichen Schutz!
    „Und wie geht‘s nun weiter?“ Sanders Stimme klang kehlig.
    Shahjahan schien auf diese Frage gewartet zu haben. „Wir gehen davon aus, daß die Killer nicht wissen, wo genau Sie sich in diesem Moment aufhalten. Jedenfalls ist uns vom Flughafen niemand gefolgt. Die Eingänge zum Executive Floor werden rund um die Uhr vom ISI bewacht. In Ihrem Zimmer sind Sie absolut sicher. Halten Sie sich vornehmlich dort auf! Kurz zum Programm: Morgen vormittag werden Sie in Ihrem Generalkonsulat erwartet. Anschließend ist Besprechung im Verwaltungsgebäude der SCA. Abends erwartet Sie ein Empfang des Government of Sindh im Haus des Chief Ministers. Sie sollten jetzt ein paar Stunden schlafen. Sollten Sie Hunger verspüren, bestellen Sie bitte über den Room Service und essen Sie auf dem Zimmer. Heute nachmittag, vierzehn Uhr, treffen wir uns hier mit Regierungsvertretern aus Islamabad. Ich weiß selbst nicht, wer kommt und worüber gesprochen wird. Es tut mir wirklich leid, Dr. Sander, daß Ihnen dies widerfährt. Sie waren immer ein Freund dieses Landes, haben mir in vielerlei Beziehung geholfen. Möge Gott es fügen, daß ich einen gleichwertigen Dienst leisten kann.“ Er erhob sich. „Ich begleite Sie zum Fahrstuhl.“
    Der Kahlgeschorene steckte das Handy in das Gürtelfutteral, strich sich über den Schnauzbart. Er verfolgte aufmerksam die Verabschiedung Shahjahans vor dem Fahrstuhl. Sander verschwand in einer der Kabinen. Der Kellner räumte den verlassenen Tisch ab, wischte flüchtig die Ecke, an der die beiden gesessen hatten, dann tauschte er den Blumenschmuck aus. Der Glatzkopf grinste zufrieden. Der Hakennasige am Nachbartisch gab dem Kellner zu verstehen, daß er zahlen wolle, warf ein paar Geldscheine auf den Tisch und ging raschen Schrittes zum Hauptausgang. ‚Dachte ich mir‘s doch.‘ Ein grimmiges Lächeln huschte über das Gesicht des Glatzkopfes.
     
     

27. Juli, 07:55 Uhr Ortszeit; ein stillgelegtes Bergwerk irgendwo in Pakistan
    „So wenig? Das soll reichen, einen Erwachsenen zu töten?“ Ahmed Hamid gab sich nicht die Mühe, seine Skepsis zu verbergen.
    Der Angesprochene strich mit der Linken
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