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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Autoren: Götz Justus
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rund 20 Jahre älter vor, vermutlich weniger Haare, eher grau, nicht dunkel wie hier. Augen blau. Laut Paß 1,82 m groß, sportliche Statur. Vermutlich hat er einige Kilo zugelegt.“ Bassett zerdrückte im Aschenbecher die Glut des bis auf den Filter heruntergerauchten Stummels und fingerte in der Finsternis raschelnd nach der nächsten Zigarette. Im Lichtschein des Feuerzeugs erkannte man schemenhaft die dicht gedrängt sitzende Zuhörerschaft. Ihr Beitrag beschränkte sich auf sporadisches Hüsteln. Bassetts Lagebesprechungen waren in hohem Maße unbeliebt, bedeuteten sie doch zumeist Streß und anhaltende Hektik, beides ein Greuel für Beschaulichkeit gewohnte Ministerialbürokraten.
    Bassett rief über die Laptop-Tastatur den Text der zum Paßbild gehörenden Akte ab. Der Zeigestock wischte fahrig über die Zeilen, für die er Aufmerksamkeit verlangte. „Machen wir‘s kurz: Horst Sander, 56 Jahre alt, deutscher Staatsbürger, promovierter Ingenieur, Gründer und Kopf eines internationalen Netzwerks beratender Ingenieure.“ Der Zeigestock vollführte einen hastigen Looping: „Hatte vor dem Studium eine militärische Ausbildung, Artillerist, diverse Kommandos, zum Einzelkämpfer aller Truppen ausgebildet; Reserveoffiziersanwärter, nach dem Grundwehrdienst keine weiteren Übungen. Von den militärischen Fähigkeiten dürfte nicht viel geblieben sein. Irgendwelche Fragen?“
    Bassett zog nervös an der Zigarette und starrte in die vom Lichtkegel des Beamers zerschnittene Finsternis. Bevor sich jemand zu Wort melden konnte, fuhr er fort: „Verheiratet, zwei Kinder. Im Sommer Tennis, guter Schwimmer, im Winter Alpinski. Ein Allerweltstyp, nichts Auffälliges, eher langweilig.“ Bassett zerdrückte die nur zur Hälfte gerauchte Zigarette im chaotischen Gewürm erkalteter Kippen. Seine Fingerkuppen schienen hitzeunempfindlich. Er schnippte Aschereste von den Fingerspitzen und rief das nächste Bild ab, eine bis zum Horizont reichende, wenig einladende Hügellandschaft mit spärlicher Vegetation. „Die Thar-Wüste, den meisten Anwesenden bekannt; nichts als lebensfeindliche Gegend, weit und breit keine Infrastruktur, kaum Bewohner, überwiegend nomadisierende Hirten, Viehschmuggler wäre vermutlich die zutreffendere Bezeichnung; Temperaturspitzen weit über vierzig Grad, extreme Trockenheit. Der spärliche Regen verdunstet an der Oberfläche, bevor er die paar Wurzeln erreicht.“
    Sein Zeigestock umkreiste armseliges, grau-bräunliches Gestrüpp; gelangweiltes Hüsteln im Auditorium. Bassett fixierte einen Punkt in der Schwärze des fensterlosen Raums, einer seiner Tricks, die Aufmerksamkeit auf erforderlichem Niveau zu halten. Er erkannte nicht, wen sein Blick traf, aber er wußte, daß er traf. „Meine Ausführungen scheinen Sie zu überfordern. Sollten Sie die Dinge, die auf Sie zukommen, verpatzen, werden Sie zur Rechenschaft gezogen. Nicht von mir, meine Herren – von den Vereinigten Staaten von Amerika. Dagegen ist Guantanamo ein Ferienparadies! Ich empfehle, die Ohren zu spitzen!“
    Bassetts Zeigestock bohrte sich am Fuße einer gut 80 Meter hohen Sanddüne in einen betagten Landrover des Geological Survey of Pakistan. „Ausgerechnet in dieser verdammten Trostlosigkeit liegt das größte geschlossene Lignitvorkommen Asiens, geschätzt auf 180 Milliarden Tonnen, davon exploriert rund 78 Milliarden Tonnen, aus pakistanischer Sicht Energie für mehr als 300 Jahre! Für die Unwissenden: Lignit ist junge Braunkohle. Seit zwei Jahrzehnten versucht Islamabad – mal engagiert, mal halbherzig –, internationale Investoren zu gewinnen, bisher vergeblich. Die Gründe sind rasch aufgezählt. Erstens: Investoren scheuen das Risiko, als erste initiativ zu werden. Zweitens: Einflußreiche Lobbyisten der Ölimporteure sitzen in den zuständigen Ministerien. Drittens: Es gibt vor Ort nicht genug Grundwasser, um den Kraftwerksbetrieb in unmittelbarer Nähe des Vorkommens zu erlauben, doch nur so ist Wirtschaftlichkeit erreichbar.“
    Bassetts Blick fixierte die im Dunkeln verborgene linke Flanke des zu einem raumfüllenden U zusammengestellten Tischensembles. Kein Hüsteln mehr. ‚Na also – es geht doch!‘ Er stellte es mit Genugtuung fest und wechselte auf die andere Seite der Projektion. Als seine Gestalt den Lichtkegel kreuzte, verzerrte die scharfrandige Schroffheit der Schatten sein Gesicht zu einer diabolischen Fratze. Trotz der stickigen Schwüle des Raumes schien sich spontan Kälte auszubreiten. Bassett
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