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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Silvia Kaffke
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verbarg sich dann wieder.

    Linas Herz machte einen Sprung. Er war da, Robert war gekommen, um sie zu retten. Natürlich sagte da auch etwas, dass er hier war, um dem Orden ein Ende zu bereiten, aber er hatte sie entdeckt und angesehen. Zum ersten Mal hatte sie wieder Hoffnung, doch nicht auf dem Altar zu landen.
    Dort hatte die Priesterin begonnen, dem Kind fremdartige Ornamente mit einer rotbraunen Farbe aufzumalen. Blut , kam ihr in den Sinn.
    Wie damals im Juli bildete die Gemeinde eine Gasse, und angeführt von Bertha Hartung wurden fünf Kinder hereingebracht, sehr kleine Kinder, Lina schätzte sie auf vier bis sechs Jahre.
    Die Kinder gingen nur sehr zögerlich voran, man konnte ihnen ihre tiefe Angst ansehen. Bertha Hartung zerrte das erste nach vorn und befahl ihm, sich vor dem Altar aufzustellen. Das Kind, es war ein kleines Mädchen, begann bitterlich zu weinen, und die anderen fielen ein.
    «Ich dachte, sie wären vorbereitet!», sagte die Priesterin mit einem ärgerlichen Ton in der Stimme.
    «Angst gehört dazu, Ehrwürdige.» Die Hartung herrschte die Kinder an, die augenblicklich still wurden.
    «Lasst uns das Opfer darbringen. Seine Kraft, die Kraft der Unschuld, gehe über auf jeden Einzelnen, der daran teilnimmt. Es mehre unsere Macht und unseren Einfluss.» Nach diesem klaren Beginn wurden die Worte der Priesterin wieder fremd. Ein Singsang folgte, die Gemeinde fiel an einigen Stellen wieder ein.
    Tu etwas, Robert , betete Lina und schloss die Augen. Bitte, tu endlich etwas. Als sie die Augen wieder öffnete, hielt die Priesterin ein Messer in der Hand.
    In diesem Moment sah sie eine rasche Bewegung bei Borghoff, unmittelbar darauf knallte ein Schuss. Von hinten drängten seine Männer die kreischende Menge zusammen, und er selbst rannte zum Altarpodest, um Reppenhagen das Messer zu entreißen.
    Für ein paar Sekundenbruchteile stand die Priesterin regungslos da, worauf sie in einer blitzschnellen Bewegung vom Podest sprang, direkt zu Lina, und dann hatte Lina schon Reppenhagens Messer an der Kehle.
    «Ruf deine Leute zurück, oder sie stirbt», schrie Reppenhagen. Von der Priesterin war keine Spur mehr zu sehen. «Los! Lass die Leute gehen.»
    Borghoff stand auf dem Podest, hilflos. «Macht den Weg frei!», rief er.
    Widerwillig machten die Bürgerwehrleute Platz, und die ersten Gemeindemitglieder strömten hinaus.
    «Macht Platz!», rief Reppenhagen und stieß Lina vorwärts. «Lasst mich durch.» Und trotz ihrer Angst gehorchten die Leute und ließen ihn mit seiner Geisel durch.

    Reppenhagen schlug einen anderen Weg ein als die meisten anderen, die zu Wienholds Haus oder in Richtung des Hauptganges zu ihren Häusern wollten. Erbarmungslos schleifte er Lina mit sich, das Messer immer an ihrer Kehle. Er hatte ihr eine Laterne zu halten gegeben. Schließlich stieß er sie in einen kleinen Raum. Er wartete und lauschte. Von ganz weit her waren Schreie zu hören.
    «Sie werden nicht entkommen», sagte Lina trocken. «Jeder Eingang wird bewacht.»
    «Halt den Mund. Denkst du, mich interessiert, was mit den anderen geschieht?»
    «Dich vielleicht nicht. Aber sie.»
    Reppenhagen lachte laut. «Mariana? Glaubst du, du kannst sie damit rufen? Wünsche dir das besser nicht, sie ist nicht so sanft, wie sie immer tut. Wir brauchen die anderen nicht. Keinen von ihnen. Sie dienen lediglich dazu, das Ritual zu verstärken, um uns mächtiger zu machen.»
    Dann griff er sie sich wieder und zog sie zurück in den Gang. Lina hatte keine Ahnung, in welche Richtung es ging. Die Gänge schienen ihr endlos, und sie begegneten niemandem, weder einem Ordensanhänger noch einem Polizisten.
    Manchmal hielt Reppenhagen inne, um zu lauschen, aber es war nichts mehr zu hören.
    Schließlich wurde der Boden unter ihren Füßen weicher, und sie kamen schlechter voran, Lina mühte sich nach Leibeskräften, ihm den Weg schwerzumachen. Beim nächsten Raum, eigentlich nur eine Ausbuchtung, stieß er sie wieder weg.
    «Ich werde dich jetzt töten, du bist zu nichts mehr nütze.»
    Er machte einen Schritt auf sie zu, da schnellte ihm ihre Hand entgegen. Mit der Scherbe fuhr sie ihm quer über das Gesicht. Er schrie auf und fühlte mit der unbewaffneten Hand nach der Wunde. Als er sie herunternahm, war auch Lina erschrocken: ein klaffender, starkblutender Riss zog sich quer über seine Wange. Das Auge hatte sie knapp verfehlt.
    Es war zu spät, zu versuchen, an ihm vorbei zurück in den Gang zu kommen, und Lina wusste, sie wäre nie
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