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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Puder, gab ihm eine Spritze oder legte eine neue Drainage.
    »Ich sag' dir, Ron: ausgezeichnet! Da kann man ja zusehen, wie das zuwächst. Wirklich prima!« – Und dann verschwand er wieder …
    Nur einmal hatte er sich bei Hendrik aufgelehnt: »Was soll ich als Dauerkrüppel? Zu was bin ich mit einem Arm noch zu gebrauchen?«
    »Zu allem« , hatte Hendrik gesagt. »Der rechte Arm ist dir schließlich geblieben. – Und außerdem: Du hast noch deinen Kopf.«
    In den Nächten schlüpfte Tama ins Bett. Sie erzählte ihre Geschichten. Wie sie den Dorfplatz freiräumten. Daß Hendrik meinte, man könne das Radio vielleicht wieder in Ordnung bringen, und daß die jungen Männer bereits oben am Wald seien, um für den Hausbau neue Bäume zu fällen, daß selbst einige der Auslegerkanus wie durch ein Wunder heil geblieben seien …
    Die ›Paradies‹ erwähnte sie nie. Sie berichtete, daß sie unter den Trümmern, im Schlamm begraben, eine zerschlagene Schublade gefunden habe. – Und darin noch neun der Perlen.
    Aber von Perlen wollte er nichts hören …
    Viel wichtiger war, daß außer ihm auf der Insel niemand verletzt oder gar getötet worden war. Sie hatten sich alle noch rechtzeitig in ihre Höhlen geflüchtet.
    Nur eines blieb, wiederholte sich ohne Ende: Die Erinnerung an Wa'tau und an die Sekunden, als sich der Käfig aus dem Wasser hob …
    Wieder ein Morgen. Der wievielte nach dem Weltuntergang? Der Stumpf näßte und juckte. – Das gehöre dazu, hatte Hendrik gesagt. Und es gehe vorbei. Stimmen wurden vor der Höhle laut. Jemand rief: »Ovaku!«
    Ron sah hoch. Tápana stand vor ihm. Sein tiefschwingender Baß füllte den Raum: »Tama, mach Licht. – Wie geht es Ovaku?«
    Ja. Da war auch sie. Aber der warme, unruhige Schein der Öllampe schälte nur das breite, zerklüftete Gesicht Tápanas aus der Dunkelheit. Es ließ die schwarzen Augen glänzen und warf den Schatten des Häuptlings groß und verzerrt an die Steinwand. Die breiten Lippen waren zu einem Lächeln geöffnet.
    »Dreimal war ich schon hier, Ovaku … Du hast immer geschlafen. Und wecken wollte ich dich nicht. Was macht die Wunde? Bald wirst du aufstehen können. Wir brauchen dich, mein Sohn.« – ›Mein Sohn‹, das Wort traf Ron wie ein Stich …
    »Ich bin gekommen, weil ich dir sagen will, daß du dich nicht mit nutzlosen Gedanken quälen sollst. Solche Gedanken sind der Feind der Gesundheit. Auch Hendrik, der Heiler, sagt es.«
    »Ja, Tápana … Ich weiß, aber …«
    »Nichts aber, Ovaku. – Was geschehen muß, geschieht. Was geschieht, ist gut – immer …«
    Hör ihn dir an … Ron dachte es ohne Ironie. Wie hatte Gilbert gesagt: Tápana ist ein großer Philosoph …
    »Was geschieht, geschieht«, wiederholte Tápana. »Wir haben es erlebt. Der Sturm ist gekommen, und als er sich vollgefressen hatte, ist er wieder fortgegangen. Auch Stürme brauchen Nahrung, Ovaku. Und wenn man sie ihnen nicht gibt, dann holen sie sie sich. Auch G'erenge muß zufrieden sein. Denn auch er ist fortgegangen. – Für immer.«
    Es hört nie auf, dachte Ron verzweifelt. Gleich würde noch ein Name fallen. – Nomuka'ta.
    »Meine Schuld«, hörte er sich sagen. »Es war alles meine Schuld.«
    Schwer und warm legte sich Tápanas Hand auf sein Haar, und unter dieser Berührung sah er sich in einen früheren Tag versetzt, sah sich wieder am Strand knien, zum erstenmal und halb ertrunken, zerschlagen, wie sein Boot. – Und da war dieser Mann und legte ihm, wie jetzt, die Hand auf den Kopf …
    »Nein! Willst du etwas nehmen, das mir gehört, Ovaku? – Meine Schuld ist es. Ich war es, der sagte, daß du bei uns bleibst. Und ich war es, Ovaku, der dir meine Tochter gab und der auch das Tabu aufgehoben hat. – Sprech' ich die Wahrheit?«
    Ron konnte ihn nur ansehen.
    »Und dann der Morgen, Ovaku … Erinnerst du dich, als ich zu dir ins Haus kam und wir Bier tranken? Und wir über Perlen und Geld sprachen? – Ich habe gesagt, daß sich Nomuka'ta in der Nacht zuvor verleugnet hat … Aber es war nicht die Wahrheit. Ich habe gelogen. Sein Geist sprach zu mir. Er hat mich gewarnt. Ich habe es nicht gehört, habe es nicht hören wollen … Ich wollte, daß der Heiler sein Werkzeug bekommt … Und so ist dann alles gekommen. Nicht durch dich, durch mich.«
    Auch dieses Mal gab Ron keine Antwort. Er spürte, daß ihm Tränen in die Augen stiegen und wußte, daß er sich nicht dagegen wehren konnte.
    »Das nur wollte ich dir sagen, Ovaku«, sagte Tápana. – Und
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