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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beschworen Unheil oder Glück, und damit dies für ewig so bleibe, kamen die Menschen, brachten ihre Gaben und Opfertiere, lauschten die Priester den Stimmen des Himmels und sprachen ihre Gebete.
    Der letzte dieser Priester war Nomuka'ta gewesen …
    Aber weder die Menschen von Tonu'Ata noch Nomuka'ta hatten bemerkt, daß die Wölbung des Steins, die wohl die Schulter der Götter andeuten sollte, einen Sprung aufwies. Und wäre dieser Riß gesehen worden, wer weiß, vielleicht hätten viele darin ein gutes Zeichen gesehen. Mußte Onaha, die Schützerin allen Lebens und die Patronin von Tonu'Ata, sich nicht längst vom Gott der Zerstörung lösen? War es nicht in den Gesetzen des Himmels geschrieben, daß dieser Gegensatz eines Tages sichtbar wird …
    Nun war er es geworden. Das Wasser, das die Erde zittern ließ, das Geröll und Steinsplitter in die Tiefe warf, hinab zur Bucht, hatte den Riß zu einem großen Spalt geöffnet.
    Noch immer blickte Onaha wie zuvor hinaus auf die sturmgepeitschte See. G'erenge aber hatte den Kopf geneigt. Und nicht nur geneigt – der Kopf schien sich vom Rumpf lösen zu wollen.
    Wer wußte schon davon? Niemand. Nur wenige Minuten hatte der alles zerstörende Wirbel des Hurrikans dem Leben auf der Insel eine Ruhepause gegönnt.
    Dann schlug der Orkan erneut zu.
    Längst hatten die sintflutartigen Regengüsse die Senke gefüllt, die sich oberhalb des Paßes entlangzog, doch eine feste Masse aus Holz, Lehm und Geröll hatte den Abfluß verschlossen. Als nun der Regen wieder vom Himmel brach und neue Sturmböen mit der gleichen unverminderten Gewalt den Berg hochrasten, neigte einer der hohen Tungbäume, die dort oben wuchsen, die Krone nach vorne. Das Wasser hatte ihm die Wurzeln ausgewaschen, der Halt brach weg, nun splitterte er, stürzte, den Wurzelstock voran, in die Senke, zerschlug den Pfropfen aus Dreck und Trümmern und donnerte von der Flut getragen gleich einem gewaltigen Geschoß den Berg hinab. Hinter ihm aber tanzte in grotesken, immer höher werdenden Sprüngen ein einziger runder Stein.
    G'erenge!
    Onaha blickte starr in den Aufruhr. Ihr Bruder hatte sich für immer von ihr getrennt …
    ***
    Der Blitz teilte die jäh einfallende Dunkelheit und überzog riesige Wolkengebirge mit Feueradern. Schon folgte der Donner.
    Sie hatten die Hälfte des Weges hinauf zum Paß und zur Höhle zurückgelegt, Ihre Glieder waren wie Blei. Der Lufthunger drohte die Lungen zu sprengen, und sie spürten, wie auch der letzte Funken Kraft aus ihnen wich. Die Pausen waren immer kürzer geworden. Die improvisierte Tragbahre, diese gottverfluchte Tür über die Steine zu schleppen, es ging nicht mehr. Sie zogen, schoben, stützten, wie es irgendwie ging, rissen sie an Stricken hinter sich her und vermieden dabei, einen Blick auf das Gesicht des Verletzten zu werfen.
    Tama hatte Ron ein Stück Stoff, das sie unterwegs gefunden hatte, unter den Kopf geschoben. Sie hatte ihn geküßt, gestreichelt. Was half das alles? Morphium half. Oder sollte zumindest helfen … Morphium und das bißchen Hoffnung, das ihnen geblieben war …
    Sie kauerten sich um den festgebundenen Körper. Und der Regen prasselte schon wieder auf ihre Haut, der Sturm prügelte ihre Rücken.
    Hendrik versuchte sich zu orientieren. Der Plan, Ron unter diesen Umständen und auf diese Weise hoch bis zur Höhle zu schleppen, erschien ihm nun aussichtslos. Was aber sollten sie sonst tun?
    Wenn wenigstens der Regen nachlassen würde! Der Arzt stand auf, um besser sehen zu können, doch eine Böe schleuderte ihn zu Boden, warf ihn neben Tama und Afa, die schweigend an der Kopfseite der Trage kauerten.
    »Er wird sterben … Wir alle werden sterben, Hendrik.« Mit Tamas Selbstbeherrschung schien es vorbei. Kein Wunder! Lange genug hatte sie durchgehalten, jetzt rannen Tränen aus ihren Augen, ihr Körper zitterte. »Wir werden sterben …«
    »Den Teufel werden wir!«
    Stumm hob Afa den Arm. Milchigtrübe Regengüsse versperrten den Blick. Doch halt – dort drüben schob sich eine Felsschräge quer über den Weg! Vielleicht half sie nicht gegen das Wasser, doch zumindest vor dem Sturm bot sie Schutz.
    Antau kam herangekrochen.
    »Dort drüben!« schrie Hendrik. »Los! Das ist nicht weit … Packen wir alle an. Das ist zu schaffen!« Taumelnd, unter Aufbietung ihrer letzten Energie erreichten sie den natürlichen Schutz der Wand. »Antau, Afa! – Wir schichten Steine hoch. Da legen wir Ron drauf. So kann er nicht so naß …«
    Er redete
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