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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Autoren: Tibor Rode
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würde es für angebracht halten, wenn wir angesichts der Bedeutung des Perpetuum mobile während der Vorführungen ein Kreuz in der Scheune aufhängen.«
    »Ein Kreuz?«, rief die Dame erstaunt.
    »Ich denke, Ihr führt ein gottesfürchtiges Haus. Und Ihr wisst, dass sich nirgends die Kraft des Schöpfers so rein, so unvermittelt zeigt wie in einem funktionierenden Perpetuum mobile, das ewige Bewegung verspricht.«
    Für einen kurzen Augenblick schienen seine Gesprächspartner verstört zu sein. Diesmal fand der Freiherr zuerst die Contenance wieder.
    » Naturellement sind wir ein gottesfürchtiges Haus. Und naturellement ist es von größter Notwendigkeit, neben Eurem Pertu Nobile ein Kreuz aufzustellen. Ich könnte mir, offen gestanden, keine Präsentation ohne ein solches vorstellen.«
    »Es freut mich, dass wir auch hier einig sind«, stellte Orffyreus zufrieden fest. »Da es Eure Scheune ist und das Kreuz mit Sicherheit dauerhaft hier auf Eurem Gut verbleiben wird, wäre ich dankbar, wenn Ihr diese kleine Anschaffung noch übernehmen könntet.«
    »Nachdem Ihr uns in den anderen Dingen so entgegengekommen seid, wie könnten wir da ablehnen?«, sagte der Mann und wandte sich zu seiner Frau um. Ehe diese zu einer Reaktion in der Lage war, griff er nach ihrem Anhänger und riss ihn mit einem Ruck, der die Kette zum Reißen brachte, von ihrem Hals. Sie schrie auf und fasste sich an das Dekolleté, doch es war zu spät. Augenblicklich füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Nehmt dieses und erwerbt von dem Verkaufserlös ein Kreuz, welches Ihr für angemessen erachtet, mein Herr!« Der Freiherr hielt Orffyreus den Anhänger hin, von dem die zerrissene Kette herabhing.
    Ohne zu zögern, griff er mit einer schnellen Bewegung zu. Er machte einen großen Schritt nach vorn und gab der nun von einem Weinkrampf geschüttelten Dame des Hauses einen sanften Kuss auf die Stirn.
    »Es ist für Gott, meine Dame«, tröstete er sie mit warmherziger Stimme. »Ich werde für Eure Mutter beten. Ich durfte sie nicht kennenlernen, bin aber sicher, sie hätte es so gewollt.«
    Die Freifrau jammerte bei diesen Worten noch lauter auf, um sich anschließend einem verzweifelten Schluchzen hinzugeben.
    Orffyreus marschierte zur Tür, öffnete sie und drehte sich noch einmal um. Mit einer galanten Bewegung vollführte er eine angedeutete Verbeugung und verabschiedete sich dann beim Hinausgehen mit den Worten: »Ich empfehle mich!«
    »Vielen Dank, Ihr seid sehr großzügig!«, rief der Hausherr ihm hinterher, bevor die Tür ins Schloss fiel. Dann überließ er seine weinende Frau sich selbst und eilte zu seinem bescheidenen Weinlager, um rasch eine Flasche vom Roten zu entkorken.

5
    Der Kassierer an der Tankstelle in Göttingen hatte mir erklärt, wo ich die Maschinenbaufirma Söhnke & Söhne finden würde. Sie lag versteckt in einer kleinen Seitenstraße hinter einer Gärtnerei. Ich bog nun in die schmale Hofeinfahrt ein und hielt kurz meinen Wagen an.
    Es war Samstagmittag, und der Betrieb lag verlassen vor mir. Das Unternehmen schien seine besten Jahre schon seit längerer Zeit hinter sich zu haben. Das Fabrikgebäude bestand aus rotem Backstein, der von der Witterung stark angegriffen war, und wirkte in seiner Bauweise wie ein Relikt aus einer anderen Epoche. Davor lagerten Holzpaletten, die mit wenig Sorgfalt hochkant nebeneinandergestellt worden waren; einige von ihnen waren bereits wieder umgestürzt. Überall auf dem Hof lagen zerschnittene Nylon-Banderolen. Mit ihnen war offenbar die angelieferte Ware gesichert gewesen, und nach dem Entfernen hatte man sie einfach achtlos auf den Boden geworfen.
    Im Schritttempo fuhr ich weiter. Nach einigen Metern gab das Fabrikgebäude den Blick auf einen Bungalow frei. Er war in keinem besseren Zustand als das Fabrikgebäude und strahlte auf den ersten Blick eine gewisse Traurigkeit aus. Vielleicht lag es an den halb heruntergelassenen Rollos, die etwas von halb geschlossenen Augen hatten. Vor dem Bungalow befand sich ein schmales Blumenbeet, das schon lange nicht mehr gepflegt worden war. Direkt daneben parkte ich und stieg aus.
    Für einen Moment machte ich mir Gedanken darüber, ob überhaupt jemand da war, weil ich mein Kommen erst für den Nachmittag angekündigt hatte: Ich war schneller hergekommen, als ich vermutet hatte, denn die von mir erwarteten Staus waren ausgeblieben, und die Fahrt von Hamburg nach Göttingen hatte nur etwa drei Stunden gedauert. Doch kaum hatte ich meine
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