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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Autoren: Tibor Rode
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Begabung herausgekehrt hatte, einige dringende Reparaturarbeiten am Dach, an den Ställen und dem Brunnen des Ritterguts vornehmen sollte. Zudem hatte man sich darauf geeinigt, dass Orffyreus die große Scheune auf dem Gutsgelände nutzen durfte, um dort wissenschaftliche Experimente gegen Entgelt vorzuführen. Von den zu erwartenden Einnahmen sollten die Besitzer des Anwesens jeweils den fünften Teil erhalten.
    Orffyreus und seine Begleiter hatten nach ihrer Ankunft nur sehr schleppend mit den vereinbarten Instandsetzungsarbeiten an den Gebäuden begonnen. Obwohl Orffyreus mit seinem Gefolge nun bereits seit zwei Jahren dort wohnte, waren sie kaum vorangekommen. Lediglich das Dach des großen Wohnhauses war gleich in den ersten Tagen notdürftig mit Platten vernagelt worden, um die Bewohner vor dem Regen zu schützen.
    An den Ställen hatten sie damit begonnen, Holzlatten auszutauschen. Hierfür hatte Orffyreus den Ankauf großer Mengen Holz gefordert, doch der Freiherr und seine Frau benötigten allein ein Jahr, um das Geld dafür aufzubringen. Unter anderem mussten sie Vieh und wertvollen Familienschmuck aus besseren Zeiten veräußern. Orffyreus bot hierbei bereitwillig seine Hilfe an, und so nahm er eines Tages die Tiere und das Goldgeschmeide mit in die Stadt, um alles im Auftrag seiner Gastgeber treuhänderisch zu verkaufen. Jedoch, so berichtete er den enttäuschten Herrschaften nach seiner Rückkehr aus der Stadt, war es ihm wegen des dürftigen Zustands der Tiere und des Alters des Schmucks nicht gelungen, einen guten Preis zu erzielen. Nach Abzug einer kleinen Provision für sich selbst vermochte er kaum zwei Taler an die Verkäufer zu übergeben. Dennoch war zu guter Letzt eine Holzlieferung eingetroffen.
    Obwohl dieser Holzstapel, der hinter den Stallungen lagerte, über die Monate stetig abnahm, war an den Ställen fast kein Fortschritt zu erkennen. Es war nur der nachlassenden Sehkraft und dem schlechten Gehör der gealterten Gutsbesitzer zu verdanken, dass diese nicht bemerkten, wie Orffyreus und seine Knechte mit dem Anbruch der Dunkelheit große Mengen der angekauften Bretter in die nahe Scheune schleppten und dort während der Nachtstunden unter lautem Sägen und Hämmern verarbeiteten.
    Tagsüber verschwand Orffyreus oft für Stunden mit seiner großen Ledertasche in der Stadt und den umliegenden Dörfern.
    Es hatte sich nach seiner Ankunft herumgesprochen, dass er von sich behauptete, nicht nur ein Baumeister, sondern vor allem auch ein erfahrener Mediziner zu sein. Er sei, so erzählte man sich, als Arzt durch Europa gereist und habe selbst Könige schon erfolgreich zur Ader gelassen. Und daher kam es immer wieder vor, dass eine Kutsche den Weg hinaus zum Rittergut fand oder spätabends noch ein Reiter auf einem erschöpften Pferd in den Hof preschte, um mit Orffyreus zur Behandlung eines erkrankten Familienmitglieds oder Herrn davonzueilen.
    Diese Tätigkeit brachte Orffyreus einen beträchtlichen Nebenverdienst ein, sodass er und seine Familie in den Unterkünften für die ehemaligen Bediensteten bald fürstlicher lebten als die verarmten Gastgeber im Haupthaus.
    An einem der ersten schönen Sommertage im Juli geschah es, dass Orffyreus beim Freiherr und seiner Gattin vorsprach, um das zu fordern, was bei ihnen am wenigsten vorhanden war.
    Die beiden hatten Orffyreus im Salon empfangen und eine Tasse Kaffee servieren lassen. Man konnte nur raten, wie es ihnen gelungen war, an die kostbaren Kaffeebohnen zu gelangen. Ihr Genuss war wegen ihrer schadhaften Wirkung für Körper und Geist verboten worden, und seitdem stiegen die Preise in astronomische Höhen.
    »Ich bin hocherfreut, Euch eine wichtige Mitteilung machen zu können«, eröffnete der stets fein gekleidete Orffyreus das Gespräch. »Meine Experimente sind nun so weit fortgeschritten, dass wir sie der Öffentlichkeit präsentieren können. Und wie Ihr wisst, haben wir die Abmachung, dass von den Erlösen dieser Vorführungen ein ganzes Fünftel Euch zustehen soll.«
    Die Dame des Hauses stimmte dem angedeuteten Vorhaben entzückt zu; und ein großer Teil ihrer Freude bestand darin, dass sich ihr Gast noch an diese bei seiner Ankunft getroffene Abrede erinnerte. Es waren schlimme Zeiten, in denen jeder seinen Gewinn suchte.
    »Es ist beruhigend, dass es noch Ehrenmänner wie Euch gibt, welche die Bedeutung des Wortes achten«, merkte sie an. »Offenbar haben wir es hier mit einem solchen zu tun!« Sie lehnte sich zurück und legte ihre
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