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Das philosophische Denken im Mittelalter

Das philosophische Denken im Mittelalter

Titel: Das philosophische Denken im Mittelalter
Autoren: Kurt Flasch
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habe es oft überlegt, aber dann doch nicht getan; es hätte zu viel Raum gekostet und hätte die Struktur des Buches zerstört. Ich glaube, auch Weglassen ist eine Kunst. Es ist mir besonders schwergefallen, wenn es sich um Philosophen handelte, mit denen ich mich jahrelang befasst hatte. Ich habe mich entschieden, sie lieber an anderer Stelle getrennt, textnahe und mit narrativer Ruhe zu behandeln. Dies geschah mit Julian von Eclanum, dem Kontrahenten Augustins, in meinem Buch Kampfplätze der Philosophie. Große Kontroversen von Augustin bis Voltaire , Frankfurt a. M. 2008, S. 11–41, mit Averroes und Albert dem Großen in Meister Eckhart. Die Geburt der ›Deutschen Mystik‹ aus dem Geist der arabischen Philosophie , München 2007, mit Thomas von Aquino, Heinrich von Gent, Gottfried von Fontaines und Aegidius Romanus in dem umfassenden Panorama über Dietrich von Freiberg. Philosophie , Theologie und Naturforschung um 1300 , Frankfurt a. M. 2007, mit dem soeben erstmals vollständig kritisch edierten Gesamtwerk Meister Eckharts in dem Buch Meister Eckhart – Philosoph des Christentums , München 2010, und insbesondere mit Dante in der Einladung, Dante zu lesen , Frankfurt a. M. 2011, mit Cusanus und seinen Quellen in Nikolaus von Kues. Geschichte einer Entwicklung , Frankfurt a. M. 1998.
    Einen kleinen, neu edierten Text behandelt mein Buch Was ist Gott? Das Buch der 24 Philosophen , München 2010.
    Der Ertrag dieser Studien ließ sich nur andeutungsweise ins vorliegende Buch integrieren. Die Bibliographie habe ich auf den neuesten Stand gebracht. So hoffe ich denn, dass dieses Werk auch in Zukunft als Lese- und Arbeitsbuch dienlich bleibt.
    4. Es bleibt die angenehme Aufgabe, Freunden für Unterstützung zu danken. Besonders verbunden bin ich Frau Fiorella Retucci und Herrn Olaf Pluta für die sachkundige und präzise Kooperation. Fiorella Retucci hat wertvolle Beiträge zur Erneuerung der Bibliographie geleistet. Wie immer stand mir Ruedi Imbach (Paris) zur Seite. Er hat mir zahlreiche gute Ratschläge gegeben und insbesondere das Kapitel über Petrarca gefördert. Ihnen allen sei herzlich gedankt.
    Mainz, den 12. März 2012
    Kurt Flasch

Einleitung
    1. Die Philosophie des Mittelalters war der Versuch Einzelner und ganzer Gruppen, sich in ihrem Leben denkend zu orientieren. Sie wollten wissen, ob die Bilderverehrung vernünftig ist oder wie die Pest entsteht. Dabei verwickelten sie sich in allgemeinere Fragen, denn sie mussten z. B. entscheiden, ob es ein zulässiges Argument war, wenn ein Erzbischof die Bilderverehrung damit begründen wollte, sein Archidiakon sei in einem Traum dazu aufgefordert worden. Oft hatten sie einfache Ausgangsfragen: War die Monarchie besser als die Volksherrschaft? Sollten möglichst alle wie die Mönche leben? War jeder Handel und jeder Kriegsdienst Sünde? Aber diese Fragen verwandelten sich in komplexe Theorien, denn die mittelalterliche Zivilisation begann unter primitiven Bedingungen und war auf antike Muster angewiesen, auch in ihren Wissensformen. Gewiss besaßen die Experten die Bibel. Sie lasen sie in jeder Einzelheit unterschiedslos als Wort Gottes, auch das Alte Testament. Dabei stießen sie auf Differenzen und Widersprüche, die wir heute historisch, aus der jahrhundertelangen Entstehung dieser Bücher, erklären. Sie sahen darin zeitlose Wahrheit und erklärten die Unebenheiten »logisch«, das heißt: nach den Regeln der spätantiken Dialektik. Da sie voraussetzten, die Heilige Schrift enthalte alle Wahrheit, legten sie hinein, was sie brauchten, und bedienten sich dabei wiederum spätantiker Auslegungskünste. Dadurch wurde der einfache Ausgangspunkt vielfach überlagert. Die Auslegungen und die Dispute wurden kompliziert und wirken auf den heutigen Leser abstrakt – eine verständliche Begleiterscheinung einer sekundären Zivilisation.
    Auch die Erörterung scheinbar rein theoretischer Fragen stand in praktisch-politischen Zusammenhängen. Versuchte ein Autor des lateinischen Westens, die Wahrheit des Christentums mit philosophischen Argumenten zu beweisen, dann versicherte er damit den lateinischen Christen, sie seien im Besitz einer überlegenen Wahrheit und daher eines legitimen Anspruchs auf Macht und Expansion. Dies wiederum hatte Folgen für die Stellung des Klerus in der Gesellschaft. Disputierten sie z. B. darüber, ob alle menschliche Erkenntnis mit den Sinnen beginne, so verknüpfte sich diese Diskussion mit der ethisch-politischen Frage, ob
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