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Das Phantom von Manhattan - Roman

Titel: Das Phantom von Manhattan - Roman
Autoren: Frederick Forsyth Wulf Bergner
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sie kaum wiederzuerkennen war, und die Filme hatten wenig Erfolg. Universal Pictures drehten 1943 ein Remake ihres zwanzig Jahre alten Stoffs mit Claude Rains in der Rolle des Phantoms, und 1962 versuchten Hammer Films in London, eine auf Horrorfilme spezialisierte Filmgesellschaft, sich mit Herbert Lom in der Hauptrolle erneut an diesem Stoff. 1983 folgte ein Fernsehfilm mit Maximilian Schell in einer »Rock«-Version, die Brian de Palma 1974 gedreht hatte. Und 1984 brachte ein junger britischer Regisseur in einem kleinen Theater in East London eine spritzige, ziemlich ausgeflippte Version der Geschichte heraus - diesmal als Musical. Zu den Leuten, die damals die Rezensionen lasen und sich das Stück ansahen, gehörte Andrew Lloyd Webber. Das sollte ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung von Leroux’ alter Geschichte werden.

    Tatsächlich arbeitete Lloyd Webber damals an einem anderen Projekt - Aspects of Love . Aber die Story des Phantoms blieb ihm im Gedächtnis, und ein Dreivierteljahr später fiel ihm in einem New Yorker Antiquariat zufällig eine englische Übersetzung des Lerouxschen Originals in die Hände.
    Wie so viele geniale Entdeckungen, erwies sich auch die von Lloyd Webber im nachhinein als ausgesprochen simpel. Er erkannte, daß die Geschichte im Grunde genommen weder eine Horrorstory noch eine auf Haß und Grausamkeit basierende, sondern eine wahrhaft tragische Erzählung von glühender, aber unerwiderter Liebe zwischen einem entstellten, von der Gesellschaft ausgeschlossenen Menschen und einer schönen jungen Opernsängerin ist, die es schließlich vorzieht, ihre Liebe einem attraktiven aristokratischen Verehrer zu schenken.
    Also nahm Andrew Lloyd Webber sich das Original vor, strich logische Brüche und überflüssige Grausamkeiten und arbeitete den wahren Kern der Tragödie heraus. Auf dieser Grundlage schuf er, was sich in den zwölf Jahren seit seiner Premiere als das beliebteste und erfolgreichste Musical aller Zeiten erwiesen hat. Bis heute haben über zehn Millionen Menschen Das Phantom der Oper auf der Bühne gesehen, und falls es eine allgemeingültige Vorstellung von dieser Geschichte gibt, basiert sie fast ausschließlich auf Lloyd Webbers Version.
    Um den Kern dessen zu verstehen, was wirklich (oder angeblich) geschehen ist, sollten wir die ursprünglichen drei Hauptelemente, aus denen die Geschichte
entstanden ist, genauer betrachten. Eines davon ist die Pariser Oper - ein auch heute noch erstaunliches Gebäude -, ohne die das Phantom nicht vorstellbar wäre. Das zweite Element ist Leroux selbst und das dritte jener schmale kleine Romanband, den er im Jahr 1911 veröffentlichte.
    Wie so viele andere große Unternehmungen verdankt die Pariser Oper ihre Entstehung einem Zufall. Am 14. Januar 1858 fuhr Napoleon III., Kaiser der Franzosen, abends mit seiner Gemahlin in die Pariser Oper, die sich damals noch in einem alten Gebäude in der engen Rue de Peletier befand. Auch zehn Jahre nach einer Welle von Revolutionen in Europa waren die Zeiten noch immer unruhig, und ein italienischer Anarchist namens Orsini nutzte die Gelegenheit, um drei Bomben gegen die kaiserliche Kutsche zu schleudern. Alle drei detonierten; es gab über hundertfünfzig Tote und Verletzte. Kaiser und Kaiserin, denen ihre massive Kutsche Schutz geboten hatte, stiegen erschrocken, aber unverletzt aus und bestanden darauf, die Vorstellung zu besuchen. Aber Napoleon III. war verärgert und beschloß, Paris solle eine neue Oper bekommen, die auch einen Eingang für hochgestellte Persönlichkeiten erhalten würde, der sich bewachen ließ und vor Bombenwerfern weitgehend sicher war.
    Der damalige Präfekt von Paris, der geniale Stadtplaner Baron Haussmann, dem die Stadt einen großen Teil ihrer heutigen Gestalt verdankt, schrieb einen offenen Wettbewerb aus, an dem die prominentesten Architekten Frankreichs teilnahmen. Insgesamt hundertsiebzig
reichten Pläne ein, aber den Auftrag erhielt der phantasievolle Charles Garnier, ein neuer Stern in der Architektenavantgarde. Sein Bau sollte wahrhaft gigantisch werden und Riesensummen verschlingen.
    Der Bauplatz wurde ausgewählt (wo l’Opéra Garnier heute steht), und die Arbeiten begannen im Jahr 1861. Schon nach wenigen Wochen trat ein großes Problem auf. Bei den ersten Aushubarbeiten zeigte sich, daß eine unterirdische Wasserader genau durch den Bauplatz verlief. So schnell die Baugrube ausgehoben wurde, so schnell füllte sie sich mit Wasser. In einem
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