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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle
Autoren: Deborah Hale
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Kräfte.”
    “Ich weiß, wie du dich fühlst”, sagte Maura. Als er sie mit einem zweifelnden Blick bedachte, beteuerte sie: “Wirklich! Als Langbard mir sagte, dass es mein Schicksal sei, den Wartenden König zu finden, konnte ich es nicht glauben – wollte es nicht glauben. Wie sollte ein einfaches Mädchen vom Land, das sich noch nie fünf Meilen von zu Hause entfernt hatte, das ganze Königreich kreuz und quer durchstreifen auf der Suche nach … einem Mythos?”
    Rath verzog das Gesicht, während er die schwarze, wattierte Lederweste anlegte. Vielleicht weil er versuchte, sich selbst als einen “Mythos” vorzustellen.
    “Trotzdem habe ich es getan.” Maura deutete auf die verzauberte, von schlanken Birken gesäumte Lichtung. “Und trotz einer Menge Hindernisse kam ich rechtzeitig zum Vollmond der Sommersonnwende hier an.”
    “Hindernisse?” Rath ließ ein kurzes Lachen hören, während er in seine Stiefel schlüpfte. “Ich würde Vang Spear of Heaven, die Lohwölfe des Ödlands, den Raynorsgraben und alles andere nicht nur als
Hindernisse
bezeichnen.”
    Nur die Erinnerung ließ Maura bereits erschaudern. Sie zog sich ihr Kleid über, doch all die Kleidungsstücke würden sie vor der eisigen Kälte der Angst nicht schützen können.
    “Wie immer du es auch nennen willst, wenn ich geahnt hätte, dass mich auf meiner Suche solche Gefahren erwarten, hätte ich mich unter meinem Bett versteckt und wäre nie wieder hervorgekommen. Doch ich habe gelernt, der Vorhersehung des Allgebers zu vertrauen. Und ich habe gelernt, an mein Schicksal zu glauben.”
    “Ich glaube nicht an Schicksal!” Rath sprang auf. “Jedenfalls nicht an dieses!”
    Maura zuckte zusammen. Es schien lange her zu sein, dass Rath ihr gegenüber einen derart feindlichen Ton angeschlagen hatte. Wobei es sie zuvor wenig gekümmert hatte, als sie ihn noch fast genauso fürchtete wie die Gefahren, denen sie sich stellen musste.
    Kaum hatte Rath die Worte ausgesprochen, bereute er sie auch schon und nahm Maura in die Arme. “Verzeih mir! Ich bin dir nicht böse, das schwöre ich! Letzte Nacht war ich der glücklichste Mann der Welt, weil ich herausfand, dass ich dich keinem anderen überlassen muss. Ich konnte an nichts anderes denken. Und heute Morgen …”
    “Ich weiß.” Zärtlich strich Maura ihm über die zerzauste hellbraune Haarmähne, gerade so, wie sie es bei einem verängstigten Kind getan hätte. Beim Erwachen hatte Rath feststellen müssen, welch immensen Brautpreis er zu zahlen hatte, um sie zu besitzen. Ob er wohl schon bereute, der lang unterdrückten Sehnsucht letzte Nacht nachgegeben zu haben? Wenn ja, dann konnte sie ihm deswegen kaum einen Vorwurf machen.
    “Armes Mädchen!” Rath hielt sie eng umschlungen, obwohl er sich immer noch nicht ganz sicher war, ob er das Recht hatte, sie zu umarmen. “Alles, was dir vertraut und lieb und teuer war, hast du hinter dir gelassen, um diesen langen Weg zu gehen. Um dich Gefahren zu stellen, vor denen der abgebrühteste Gesetzlose zurückgeschreckt wäre. Das alles, um den mächtigen Helden zu suchen, der dein Volk befreien soll. Und schau nur, was du stattdessen gefunden hast.”
    Ihn. Einen Mann, der sich noch vor wenigen Tagen verächtlich über die Legende vom Wartenden König geäußert hatte. Einen Mann, der gerade erst anfing, an den Allgeber zu glauben. Einen Mann, der erst spät damit begonnen hatte, sich für irgendetwas anderes als sein eigenes Überleben zu interessieren. Sie fragte sich wahrscheinlich, ob der Allgeber sich etwa einen bösen Scherz mit ihr erlaubte. Wenn er sich nur sicher sein könnte, dass sie sich ihm um seiner selbst willen mit Leib und Seele hingegeben hatte … und nicht wegen seiner Bestimmung.
    “Ja, schau, was ich gefunden habe!” Maura neigte den Kopf und sah ihn mit ihren leuchtend grünen Augen an. Vielleicht wollte sie ihn zu einem Kuss verführen. “Der Mann, den ich liebe und bewundere, ist dazu bestimmt, beim größten Abenteuer in der Geschichte Umbrias mein Gefährte zu sein.”
    Wenn Rath es zugelassen hätte, hätten ihr zärtlicher Ton und das hoffnungsfrohe Leuchten in ihren Augen ihn überzeugen können. Doch das Leben, das er bisher geführt hatte, ließ ihn allem Schönen und Wunderbaren gegenüber misstrauisch sein – wie zum Beispiel dem möglichen Glück mit Maura. Er zwang sich, die Zweifel beiseite zu schieben und Maura so zu küssen, wie er es sich während ihrer Reise oft gewünscht hatte.
    Kurz darauf
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