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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes
Autoren: John Maddox Roberts
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Anhänger der Hekate. Es war ein merkwürdig zusammengewürfeltes Trüppchen kleiner Händler und wohlhabender Bauern. Sie waren außer sich über die Verunreinigung ihres heiligen Flusses und fürchteten, dass der Mord dem Ansehen ihres Orakels schaden könnte.
    „Meine Freunde“, eröffnete ich ihnen, „ich bin kein Pontifex, deshalb steht es mir nicht an, zu religiösen Angelegenheiten Stellung zu nehmen. Und selbst wenn ich einer wäre - unsere Pontifices sind nur für die Staatsreligion Roms zuständig. Euer Problem betrifft einen lokalen Kult, und ich habe weder das entsprechende Wissen noch die Befugnis mich da einzumischen. Ich bin römischer Magistrat und werde herausfinden, wer diesen Mord begangen hat. Probleme wie die rituelle Verunreinigung eurer Heiligtümer müsst ihr unter euch regeln.“ Sie gingen ebenso unzufrieden wie die vorherige Delegation.
    Als Nächstes erschien eine Abordnung ortsansässiger Händler, diesmal waren es die eher wohlhabenden Vertreter dieses Berufsstands. Einige waren Vorsteher der örtlichen Berufsvereinigungen wie mein Freund Plotius. Ihr Sprecher war ein gewisser Petillius, der in Cumae, Pompeji und anderen Städten der Umgebung ausgedehnte Ländereien besaß.
    „Verehrter Praetor“, begann er, „wir sind in großer Sorge, dass dieser Skandal dem Wohlstand unserer Region schadet. Menschen aus ganz Italia und sogar aus dem Ausland reisen hierher, um das Orakel zu befragen. Wir fürchten, dass diese leidige Angelegenheit die Pilger abschreckt, die normalerweise jedes Jahr zu uns kommen.“
    „Gehe ich recht in der Annahme, dass du ein paar Gasthäuser besitzt, in denen die Reisenden unterzukommen pflegen?“
    „Äh, ja, viele von uns betreiben derartige Geschäfte.“ „Also Tavernen, Esslokale und andere Geschäfte, die sich um das Wohlergehen der Durchreisenden kümmern?“, hakte ich nach.
    „Ja, Praetor. Dieser Zwischenfall könnte uns sehr schaden.“
    „Da dürftest du Recht haben. Aber soll ich dir etwas sagen, mein Freund: Ich habe so ein Gefühl, dass du dich an diesen kleinen Vorfall um einen ermordeten Priester schon in naher Zukunft allenfalls noch als nette Zerstreuung in den guten Zeiten erinnern wirst.“
    „Ach, Praetor“, entgegnete Petillius und schüttelte reumütig den Kopf, „was können Männer wie wir schon ausrichten, wenn die Großen und Mächtigen sich in den Haaren liegen? Nichts. Wir können nur hoffen, dass unsere Häuser während der bevorstehenden Auseinandersetzungen halbwegs verschont bleiben. Das ist meine Meinung zum Thema Zukunft. Diese Sache jedoch betrifft uns jetzt und unmittelbar. Es muss etwas geschehen.“ Natürlich war er ein praktischer Mann, so waren sie alle. Die drohende Katastrophe, die in meinen Augen so unmittelbar bevorzustehen schien und die für mich und meine Familie durchaus die Gefahr eines tödlichen Endes barg, lag für diese Männer in weiter Ferne und war für sie so wenig kontrollierbar wie Stürme, Erdbeben und andere Naturgewalten, etwa dieser in bedrohlicher Nähe qualmende Vulkan.
    „Es wird auch etwas geschehen“, versicherte ich ihm, wie ich es schon einigen Leuten vor ihm versprochen hatte. „Die Ermittlungen laufen bereits. Meine Männer durchkämmen die Gegend und sammeln Informationen. Der oder die Mörder werden bald gefasst sein. Und von dir erwarte ich ebenfalls, dass du uns hilfst. Wenn jemand in der Lage ist, die flüchtigen Priester ausfindig zu machen, dann am ehesten ihr, die Einheimischen. Ich möchte umgehend informiert werden, wenn die Priester irgendwo auftauchen, und werde jeden, der sie versteckt oder Beweismaterial zurückhält, aufs Schärfste bestrafen.“
    „Du kannst dich auf unsere absolute Unterstützung verlassen, Praetor! Niemand wünscht sich mehr als wir, dass die Mörder gefasst werden.“
    „Dann tragt dazu bei, dass wir sie entlarven.“ Und so zog eine weitere Gruppe von dannen, ohne wirklich glücklich zu sein. An diesem Tag schien ich es niemandem recht machen zu können.
    Gerade in Zeiten wie diesen, wenn ein schockierendes Ereignis die Menschen aus ihrer gewohnten Ruhe schreckt, kommt die wahre Beschaffenheit ihrer Beziehungen ans Tageslicht. Der brüchige Friede zwischen rivalisierenden Gruppen beginnt zu bröckeln wie schlechter Putz, der auf einmal das darunter liegende verrottete Holz offenbart. Alter Groll, der längst für vergessen geglaubt wurde, kommt plötzlich wieder hoch. Unbedeutende oder sogar eingebildete Beleidigungen werden aufgebauscht
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