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Der Träumer

Der Träumer

Titel: Der Träumer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wirklich, es ist etwas Besonderes, ein Mädchen zu lieben, das wie ein Sonnenstrahl durchs Leben tanzt und zudem auch noch Paulchen heißt. Wenn ich des Abends am Fenster meines Landhäuschens sitze und in den brennenden Spätsommerhimmel blicke, komme ich mir wie ein Krösus vor, denn ich träume, daß das Gold des Himmels Teil meines Reichtums ist.
    Schade, daß Sie Paulchen nicht sehen können. Sie würden es nämlich sofort verstehen, daß der sonst so nüchterne Geist eines modernen Menschen ein klein wenig romantisch wird und einmal für Stunden alle Atomenergie und politischen Schlagzeilen vergißt, um sich tief in sein Inneres zurückzuziehen und ein prächtiges Wunschschloß mit den Bausteinen der Seele zu errichten. Sehen Sie, hier beeinträchtigt mich keine Behörde, keine Baugenehmigungskommission, brauche ich keinen Dringlichkeitsnachweis – hier kann ich unumschränkt glücklich sein und herrschen im weiten Land einer verliebten Phantasie. Und dieser Spielraum ist es, der mich in einen immer neuen Taumel des Glücks versetzt. Wer auf der Welt neigt mehr dazu, selig zu sein, als ein Liebender?
    Eigentlich ist Paulchen alles andere als ein lyrisch und romantisch veranlagter Mensch, vielmehr meistert sie das Leben als eine junge, tüchtige Geschäftsfrau. Ihr Sinn für die Realitäten des Lebens holt auch mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn mir meine Gedanken – die Gedanken eines Dichters – davonzufliegen drohen. Paulchen ist auch dann noch immer eine kleine, entzückend energische, sachliche, besonnene Frau, wenn mir z.B. wieder einmal sämtliche Kragen geplatzt sind und ich mit der Feder gegen die Schlechtigkeit der Menschen zu Felde ziehe und die ganze Welt, die im argen liegt, innerhalb von vierundzwanzig Stunden grundlegend verbessern will. Dann sitzt sie neben mir und schüttelt mit einem klugen Lächeln die blonden Locken, zaubert allerliebste Grübchen in die Wangen und sagt: »Dummer Liebling, sei vorsichtig, sonst zerreißt's dich. Die Menschheit braucht dich noch länger. Vor allem brauche ich dich noch länger. Du sollst ja nicht aufhören, die Welt verbessern zu wollen, aber vergiß nicht, dabei auf dein Knie zu achten.«
    »Wieso auf mein Knie?« frage ich dann.
    »Weil du es dir sonst verletzt.«
    »Warum? Das verstehe ich nicht.«
    »Wer zu vieles zu rasch übers Knie brechen will, läuft Gefahr, daß er an sich Körperverletzung begeht.«
    Paulchen ist, wie gesagt, klug, witzig, amüsant – und oft von einer umwerfenden, echt weiblichen Unlogik. Gerade das macht sie so unterhaltsam. Alles in allem ist sie ein ruhender Pol in meinem manchmal recht stürmischen Leben.
    Wie groß ist doch die Liebe der Frauen! Sie tragen eine Welt der Gefühle auf ihren schmalen Schultern. Der Mann glüht in den Feuern dieser Erde, in Kriegen, aber auch im sogenannten friedlichen Beruf, im Konkurrenzkampf, zum härtesten Stahl. Tausendmal läßt er sich von kalter Überlegung leiten, ehe er einmal das Gefühl zu Wort kommen läßt. Wie anders sind doch die Frauen, auch wenn sie – siehe Paulchen! – durchaus mit dem Leben fertigzuwerden wissen. Sie sind – mit einem Wort – wärmer.
    Ach Paulchen, wenn ich an all das denke, wächst du vor mir in die Flammen des abendlichen Himmels hinein, und ich möchte mein heißes Gesicht in den Falten deines Kleides verstecken und von der Güte deines fraulichen Herzens jene Kraft empfangen, die meinem Leben fehlt.
    Im Gedanken an Paulchen muß ich milde werden gegenüber den Abscheulichkeiten unserer Welt und nachsichtig gegenüber dem Geifer aus der Tiefe, denn was bedeutet er vor dem spürbaren Teil Gottes in meiner Liebe und vor dem Willen, die Achtung vor mir selbst als Schild vor mich zu halten, um für Paulchen achtungswürdig zu sein und zu bleiben. Paulchen wägt die Welt gegen die Menschen und die Menschen gegen ihre Taten und ihre Taten gegen ihr Können ab, und ihre Achtung vor dem Menschen verblaßt, wenn sie eine Minderung des Willens sieht.
    Ich will in ihrer Seele meine Heimat finden. Die besten Jahre meines Lebens war ich heimatlos. Unter den Trümmern meines Hauses suchte ich die Leiche meines Vaters und schleppte meine letzte Habe durch die Straßen. Meine Tränen waren Tropfen nur in einem Ozean von Tränen. Mein Fluch ging unter in einem Gedröhn von Flüchen. Und doch zog vor uns allen eine Sehnsucht her, die Hoffnung und der Glaube an die Heimat, die wiederauferstehen wird.
    Wenn ich an Paulchen denke, bricht die
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