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Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)

Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)

Titel: Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Autoren: Tom Egeland
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Forscher von der Sorbonne das Mirabilis liber vornehmen – eine prophetische Schrift, herausgegeben 1522, die Heiligenvisionen und Prophezeiungen enthält und als die wichtigste Quelle von Nostradamus angesehen wird. Des Weiteren wollte ein griechischer Professor den Nachweis erbringen, dass Jamblichos der Urheber des De Mysteriis Aegyptiorum sei. Keine weltbewegenden Dinge, die es in die Schlagzeilen schaffen, aber für uns Anwesende von ganz speziellem Interesse.
    II
    » Signore e signori! Meine Damen und Herren! Grazie! «
    Professor Morettis Stimme hatte ein tiefes, angenehmes Timbre. Einige Männer haben einfach alles. Männliches Aussehen, Haare auf der Brust, Charme und eine tiefe Stimme. Alles bekommen sie! Während für uns Restliche nichts mehr übrig bleibt. Mag sein, dass ich ungerecht bin. Aber ich empfinde ein gewisses Recht dazu, Männer mit goldbrauner Haut, braunen Augen und einer Ausstrahlung, die die Herzen von Frauen jeden Alters schmelzen lässt, zu beneiden.
    Der Blick des Professors liebkoste das Publikum.
    »Da mir die Ehre zukommt, das diesjährige Symposium zu eröffnen, heiße ich Sie im Namen des Kulturzentrums der Universität Florenz herzlich hier in der alten Medici-Burg Castello Catullus willkommen.«
    Es folgte eine längere Kunstpause, während der sich ein leises Raunen im Saal erhob.
    »Codes!«, fuhr Moretti fort.
    Das Raunen verstummte.
    »Oder genauer gesagt: Chiffren. Denn das ist nicht das Gleiche. In einem Code wird ein ganzes Wort oder ein Satz durch andere Worte, Zahlen oder Symbole ersetzt. In Chiffren werden die einzelnen Zeichen nach bestimmten mathematischen Algorithmen umsortiert. Da ich in meinem Vortrag trotzdem das gebräuchlichere Wort Code verwende, möchte ich schon jetzt die Chiffrenpuristen unter Ihnen um Verzeihung bitten.«
    Professor Moretti schlug ein Buch auf und legte es unter eine Dokumentenkamera auf dem Rednerpult. Ein Projektor übertrug das Bild auf die große Leinwand im Hintergrund der Bühne: eine kreisrunde Scheibe.
    »Der Diskos von Phaistos! Eines der großen Mysterien der Archäologie! Die Scheibe aus gebranntem Lehm wurde von einem italienischen Archäologen 1908 im Minospalast auf Kreta gefunden. 3500 Jahre alt. 241 hieroglyphische Zeichen sind in Spiralform auf beide Seiten der Scheibe geprägt worden. Bis heute weiß niemand, was die Zeichen bedeuten.«
    Während ich mir Stichworte notierte, löste Professor Moretti das Mikrofon aus der Halterung.
    »Könige und Königinnen, Generäle und Spione, Geschäftsleute und heimliche Liebhaber. Alle haben Codes benutzt, um ihre geheimen Botschaften zu verschlüsseln. Die Weltgeschichte ist voll davon. Kleine und unwesentliche. Große und wichtige. Einige davon noch immer ungelöst. Cäsar entwickelte eine Chiffre, bei der ein Zeichen ein anderes ein paar Stellen weiter repräsentierte. In einer Botschaft an Cicero tauschte er lateinische Buchstaben mit griechischen aus. Es gibt zahllose Beispiele. Linear B. Die chiffrierten Briefe von Maria Stuart. Vigenère-Verschlüsselung. Enigma. Wir kennen das Verfahren der Frequenzanalyse, die darauf basiert, dass bestimmte Zeichen – wie das A oder das E – häufiger sind als andere. Aber heute und morgen Vormittag werden wir uns ein paar ganz besondere Kleinode vornehmen« – wie ein guter Schauspieler ließ er seine Worte kurz wirken –, »nämlich versteckte Botschaften in den Texten von Nostradamus.«
    Nostradamus hat mich immer schon fasziniert. Der Prophet und Weissager. Nicht, weil ich an seine Visionen glauben würde, sondern weil die Menschen noch heute, fünfhundert Jahre später, die Geschehnisse der Weltgeschichte in seine mysteriösen Verse hineinlesen. Bereitwillig glauben sie an ihn, wie sie an Propheten, Pferdeflüsterer, Handaufleger und Geisterbeschwörer glauben.
    Ursprünglich war Nostradamus ein gebildeter Pestarzt und Apotheker. Aber reich und berühmt wurde er erst, als er seine Weissagungen herauszugeben begann. Er stand in den Diensten von Königen und Generälen, Händlern und Schuhmachern. Seine Almanache und Prophezeiungen verkauften sich in ungeheuren Stückzahlen. Im 16. Jahrhundert glaubten die Menschen an Magie und Okkultismus, Alchemie und Astrologie, die Kunst der Weissagung und der Zauberei. Und Nostradamus lieferte ihnen Material. Zu gepfefferten Preisen.
    Ein paar Bänke vor mir, in Reihe 8, saß eine Frau, die immer wieder meinen Blick anzog. Eine ganze Weile sah ich sie nur von hinten. Glatte, blonde Haare,
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