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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Autoren: Catherine Robertson
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teuer?«
    Gulliver zuckte die Achseln. » Ich glaub, sie mögen sich nicht. Als der da war…«, wieder zeigte er auf den jungen Anselo, » haben sie sich ständig gestritten.«
    » Kenn’ ich«, murmelte Benedict. Er stellte das Foto aufs Regal zurück und nahm ein anderes. » Meine Güte, wer ist das denn?«
    » Frank.«
    » Und Frank ist, abgesehen von mindestens dreihundert Pfund Lebensfreude, wer?«
    » War. Moms Mann. Er ist gestorben.«
    Benedict hatte einige Übung darin, seine Gefühle zu verbergen, aber diese kleine Enthüllung war zu viel für ihn. Er glotzte Gulliver unverhohlen an.
    » Wie bitte? Er war… sie und er waren… verheiratet ?«
    » Genau.«
    » Und er ist gestorben?«
    » Genau. Willst du ’ne Sprite?«
    » Hast du nichts Stärkeres?«, murmelte Benedict. Er hielt das Foto erst näher und dann wieder weiter weg vors Gesicht, als versuchte er, sich die kleine, zierliche Aishe Herne und den wirklich ziemlich großen, dicken Farbigen als Paar vorzustellen.
    » Ich weiß, was du denkst.« Gulliver trat wieder zu ihm und bot ihm eine Dose Sprite an.
    » Ich hoffe doch nicht…«
    » Du fragst dich, wie er und Mom es getrieben haben.«
    » Nein! Autsch!« Hastig stellte Benedict das Foto aufs Regal zurück und wischte sich seine Finger am T-Shirt ab. » Das ist… Gott, nein! Ganz falsch.« Er entriss Gulliver die Dose und trank einen langen, verzweifelten Schluck. » Böser, böser Junge.«
    » Du hast daran gedacht«, sagte Gulliver und zuckte leicht die Achseln.
    Benedict sah ihn durchdringend an. » Dir ist doch klar, wenn du mich irgendwie verarschst, dann erzähle ich allen, dass du ein Poster von Miley Cyrus über deinem Bett hast.«
    » Und wenn’s stimmt?«, grinste Gulliver.
    » Dann eben von Katy Perry.«
    Gulliver warf einen Blick auf das Foto. » Als er starb, war ich zwar erst drei, aber irgendwie erinnere ich mich noch an ihn. Er war cool. Mum hatte ihn echt gern. Sehr sogar.«
    » Woher weißt du das, wenn du noch so klein warst?«
    » An ihrem Hochzeitstag holt sie immer einen alten Film raus– Show Boat. Sie sieht ihn sich an, trinkt dabei Tequila und weint.«
    » Meine Güte! Wieso ausgerechnet Show Boat ?«
    » Frank hat immer Old Man River gesungen. Er hatte eine kräftige, tiefe Stimme, genau wie der Typ im Film. Paul Sowieso.«
    » Paul Robeson«, murmelte Benedict. » Dann ist es also die Version von 1936 und nicht die von 1951.«
    » Ja, wie auch immer.«
    » Wie lang waren sie verheiratet?«
    » Keine Ahnung. Zwei Jahre? Er ist an einer Erdnuss erstickt.«
    » Einer Erdnuss ?« , fragte Benedict und hob die Augenbrauen. » Dabei sieht der Mann aus, als könnte er ein ganzes Gnu verschlingen!«
    » Und wenn schon. Er war ein guter Typ…« Gulliver setzte die Dose an die Lippen, leerte und zerquetschte sie.
    » Tja, dann«, sagte Benedict nach einem Moment. » Wie meinte Jack Nicholson in Eine Frage der Ehre: ›Jetzt stehe ich wohl als dummer Arsch da.‹«
    Gulliver grinste. » Es heißt Arschloch, nicht Arsch, du englischer Mongo.«
    » Mongo?«
    » Ja, weil du nicht mal ›Mongoloider‹ aussprechen kannst.«
    » Verstehe…« Benedict musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. » Sehr schön, junger Mann. Dann mach dich bereit für ein paar zusätzliche Berechnungen und das Aufsagen des kompletten Periodensystems. Und auf Halo reiß ich dir das Arschloch auf.«
    Aishe zog die Handbremse ihres zweitürigen VW s von 1976. In England hätte man ihn Golf genannt, hier war er als Rabbit bekannt. Aishe fand die Vorstellung amüsant, ein Kaninchen vor dem Tierheim zu parken. Eines Tages, dachte sie, würde der Wagen den Geist aufgeben, dann würde sie ihn einfach hier stehen lassen. Das Abschleppunternehmen, das sich darum kümmern musste, konnte einem leidtun.
    Rasch warf sie einen prüfenden Blick in den Rückspiegel. Dabei ertappte sie sich in letzter Zeit allzu oft, und es ärgerte sie, nicht zu wissen, wieso. Aishe war schon früh bewusst gewesen, dass sie schön war. Wahrscheinlich sogar zu früh. Bis sie zehn war, hatte sie ziemlich ähnlich ausgesehen wie Anselo: klein, schmal und dunkel. Die Freunde ihrer beiden älteren Brüder hatten sie nur bemerkt, wenn sie im Flur ihres großen, heruntergekommenen Elternhauses im Norden von London in sie hineingerannt war. Sie hatten sie angebrüllt, langsamer zu rennen, worauf sie ihnen den Stinkefinger gezeigt hatte. Dann war sie weitergerannt, normalerweise zur Haustür hinaus, die Straße hoch zum Park, wo sie bis zum
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