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Das Netz Der Grossen Fische

Das Netz Der Grossen Fische

Titel: Das Netz Der Grossen Fische
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hatte er bloß mit seinem Schlüssel diese Zimmertür aufsperren können? Er trat auf den Korridor hinaus und kontrollierte die Nummer des Zimmers.
    Sie stimmte mit der auf dem Schlüssel überein.
    Hatte man ihn etwa einfach in ein anderes Zimmer verlegt, ohne ihm Bescheid zu sagen?
    Wütend bestieg er wieder den Aufzug und fuhr zur Rezeption hinunter. Dieses Mal stand der Portier hinter dem Tresen. Als er Michele vor sich auftauchen sah, war er völlig überrascht und starrte ihn mit offenem Mund an.
    »Was machen Sie hier, Dottore?«
    »Was sollte ich hier wohl machen, Ihrer Meinung nach? Warum haben Sie mich in ein anderes Zimmer verlegt, ohne auch nur die Höflichkeit zu besitzen, mich darüber in Kenntnis zu setzen?«
    »An … anderes Zimmer?«, wiederholte der Portier und sah noch verblüffter aus.
    »Ganz sicher bin nicht ich derjenige, der da in meinem Bett schläft!«
    Der Portier wirkte, als wüsste er weder ein noch aus.
    »Ich rufe sofort den Herrn Direktor an«, sagte er.
    »Nein, hören Sie, ich bin müde und will nur noch ins Bett. Geben Sie mir einen Zimmerschlüssel, ich gebe Ihnen den hier zurück, und morgen früh reden wir noch einmal darüber.«
    »Tatsache ist aber …«, sagte der Portier, der sichtlich ins Schwitzen gekommen war.
    »Was ist Tatsache?«
    »Dass ich bei Dienstantritt verständigt worden bin, Sie würden nicht mehr bei uns wohnen. Und weil heute ein alterKunde von uns angekommen ist, habe ich ihm Ihr Zimmer gegeben, von dem ich annahm, dass es …«
    »Was soll denn das, bitte?«
    »Erlauben Sie mir, den Direktor anzurufen.«
    Während der Portier die Nummer eintippte und anfing zu sprechen, suchte Michele vergeblich nach einer logischen Erklärung für das, was hier vor sich ging.
    Doch dann fiel ihm plötzlich eine Erklärung ein. Allerdings hätte er es vorgezogen, sie wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Was nämlich, wenn es eine Warnung war? Lamantia haben wir verschwinden lassen. Pass auf, dir kann jederzeit das Gleiche passieren. Aber einstweilen belassen wir es bei diesem Streich.
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, sagte der Portier und legte den Hörer ab.
    Er ging in das hinter der Rezeption liegende Büro und kam gleich darauf mit einem Blatt Papier in der Hand wieder zurück.
    »Und jetzt?«
    »Heute Morgen um elf ist jemand mit einem Transporter gekommen, der Ihre Sachen mitgenommen hat. Er war in Begleitung einer Dame.«
    Michele war verblüfft.
    »Und ihr habt ihm meine Sachen mitgegeben, ohne auch nur …«
    »Nein, Signore. Er hatte eine Vollmacht.«
    »Von wem?«
    »Von Ihnen.«
    »Von mir?!«
    Wortlos reichte der Portier ihm das Papier, das er in der Hand hielt. Michele erkannte sofort seine Handschrift. Da stand: 
    »Bitte händigen Sie dem Überbringer dieses Briefes meinen gesamten persönlichen Besitz aus. Danke.«
    Und darunter war seine Unterschrift. Es handelte sich eindeutig um seine eigene. Und ein Stück weiter unten stand in anderer Handschrift:
    »Bei Nachfragen bitte die Nummer 091–6254194 anrufen.«
    Er kannte diese Nummer nicht. Er sah den Portier mit weit aufgerissenen Augen an. Und der fügte noch hinzu:
    »Der Direktor hat mir gesagt, er habe die angegebene Nummer angerufen, und alles war in Ordnung, daher hat er zugestimmt. Er hat mir auch aufgetragen, Ihnen zu sagen, dass Ihre Rechnung bereits beglichen wurde.«
    Schlagartig fiel ihm wieder ein, wann er diesen Zettel geschrieben hatte. Das war vor Jahren gewesen. Er hatte ihn geschrieben, als ihm klargeworden war, dass er nicht mehr nach Hause zurückkehren würde. Und jetzt war die Vollmacht erneut zum Einsatz gekommen. Aber wieso hatte Giulia diesen Zettel so lange aufbewahrt?
    Michele griff nach dem Telefon, das auf dem Tresen stand, zog es zu sich heran und versuchte die angegebene Nummer zu wählen, aber er schaffte es nicht, weil seine Hand zu sehr zitterte.
    »Soll ich es für Sie tun?«, fragte der Portier mitleidsvoll.
    Ohne die Antwort abzuwarten, nahm er Michele den Hörer aus der Hand, wählte die Nummer und reichte ihm den Hörer beim ersten Tuten wieder.
    »Hallo?«
    »Du, langsam werde ich müde«, sagte Giulia.
    Als er die Augen aufschlug und auf die Uhr sah, war es halb zehn am Morgen. Giulia schlief, und er blieb noch eine Weile still liegen, um sie zu betrachten. Während sie miteinander schliefen, hatte Giulia ihm nicht einen Moment das Gefühl gegeben, dass jahrelang ein anderer Mann seinen Platz eingenommen hatte. Das hatte er nämlich zunächst
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