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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium
Autoren: Christoph Öhm
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ausgetauscht. Dieser Text ist aber ein Auszug aus einem der berühmten Briefe Senecas an Serenus, die zusammen veröffentlicht und auch aus dem Lateinischen übersetzt und herausgegeben wurden, unter dem Titel ›Von der Gemütsruhe‹!« Mozart sah mich mit glühendem Blick an. »Das uralte Pergament, das seit Langem nicht mehr in Gebrauch ist, zusammen mit der alten Schrift erlaubt nur den einen Schluss: Dies ist ein sehr, sehr altes Schriftstück – wie es aussieht, ist es die älteste und bislang unbekannte Übersetzung des verschollenen Originals. Der originäre Briefwechsel von Seneca und Serenus – was ja übersetzt ›Der Glückliche‹ heißt (und der bekehrte Saulus wurde ja zum glücklichen Apostel Paulus) – war also eigentlich der legendenhafte Briefwechsel von Seneca und Paulus!«
    Ich war erstaunt und mir wurde der große Wert dieses Pergaments bewusst. »Aber Maestro, was bedeutet das für unser Rätsel? Seneca kann doch das Versteck nicht gekannt haben, das Mizler über tausend Jahre später auserkoren hat?«
    »Die Zahlenreihe unten auf dem Blatt muss der Schlüssel dazu sein. Schauen Sie auf Ihr Zahlenalphabet.«
    Während ich das Blatt mit dem von mir aufgezeichneten Zahlenalphabet, das uns für das erste Rätsel bereits gute Dienste geleistet hatte, aus Mozarts Schreibtisch nahm, paffte der Maestro weiter gedankenversunken an seiner Pfeife, bis der Raum voller Qualm war.
    »David, auch die inhaltliche Bedeutung des Textes ist für uns wichtig. Seneca war ein Stoiker; wie Sie sicher wissen, ist dies eine philosophische Strömung, die Mizlers geistiger Haltung in vielem entspricht. Paulus war ein Christ. Der direkte, freundschaftliche Dialog der beiden, wie die bereits seit Jahrhunderten bekannte Sammlung der Seneca-Briefe allerdings unter dem falschen Namen Serenus zeigen, beweist, dass es eine inhaltliche Übereinstimmung gab und – da Mizler uns den Brief als Rätsel präsentiert – dass Aufklärung und Glauben in Mizlers Augen keinerlei Widerspruch darstellen. Dies ist also eine philosophische Nachricht an mich und soll zeigen, welcher geistige Hintergrund mich in der Societät erwartet. Ein unglaublich kostbares Dokument!«
    Ich analysierte das Rätsel weiter. »Also: Ich ordne jedem Buchstaben unseres Alphabets eine Zahl zu und vergleiche damit jene in unserem Brief: 1/8, das wäre A/H, aber … Das kann nicht sein: Weiter unten erscheint eine 42 und das Alphabet hat nur 26 Buchstaben.«
    »Und wenn man von 27 an erneut alle Buchstaben nummeriert, sodass jeder Buchstabe zwei Zahlen erhält?«
    »Das könnte funktionieren …« Ich schrieb die zweite Zahlenreihe auf das Blatt und versuchte es erneut: »Es geht also weiter: Bisher hatten wir AH nun kommt 2/26, das ist B/Z, 2/31 ist B/E, 3/20 ist C/T, 5/6 ist E/F, 5/16 ist E/P, 6/8 ist F/H, 7/12 ist G/L, 9/7 ist I/G …«
    Ich notierte die restliche Buchstabenfolge, aber erkannte keinen Sinn darin. »Es muss eine weitere Verschlüsselung angewandt sein.«
    Mozart versuchte nun, die Buchstaben zu kombinieren, um Worte zu bilden. Erst alle Gruppen nebeneinander, dann übereinander und senkrecht gelesen. »Ich finde nichts. Für Namenskürzel, wie im ersten Rätsel, als P für Paulus stand und so weiter, kann es kaum funktionieren, bei so vielen Buchstaben.«
    Genau in diesem Moment klopfte es an der Tür und der Adlatus trat herein: »Sie haben Besuch, Fräulein von Malfatti gibt sich die Ehre.«
    Mozart ließ bitten.
    Ich war froh, Therese wiederzusehen und wir umarmten uns innig; die schwere Seide ihres Kleides raschelte.
    Dank mir kannten sich Mozart und Therese bereits seit einiger Zeit, sodass wir sogleich zu dritt die aktuellen Entwicklungen besprechen und   in medias res gehen konnten.
    Therese las das Pergamentblatt ebenfalls durch und wir präsentierten ihr unsere Buchstaben-Entschlüsselung. Sie lachte, ihre Stimme klang silbern: »Spielen Sie denn beide kein Schach?«
    Wir widersprachen lebhaft, denn Mozart hatte im hinteren Arbeitszimmer, wo wir uns befanden, sogar sein Schachbrett aufgebaut. Schlagartig wurde uns klar, was Therese meinte: Es waren immer Zahlenpaare, also Koordinaten für Höhe und Breite, den Koordinatenangaben eines Schachbrettes ähnlich. Aber wie war dies auf unser Rätsel anzuwenden? Therese hatte den entscheidenden Einfall: Obwohl Mozart wegen des hohen Wertes des Dokumentes einen leisen Laut des Entsetzens von sich gab, nahm Therese einen Silberstift und fing an, die Schriftzeilen des Pergaments von oben
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