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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium
Autoren: Christoph Öhm
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prunkvolle und mit kunstvoll bemaltem Stuck und Marmor verzierte Gebäude. Wir blickten auf in die hohe, achteckige Kuppel, die den Anschein erweckte, von unzähligen Fenstern durchbrochen zu sein. Diese angeblichen Fenster waren jedoch aufgemalt und eröffneten den Blick auf biblische Szenen.
    Vom Raum unter der Kuppel erstreckte sich streng symmetrisch ein Querschiff nach den beiden Seiten, wo die zahlreichen, aufwendig in Stein gehauenen Grabmäler standen. Von diesem Platz aus sahen wir auch das bunte Zentralgemälde des Hochaltars am anderen Ende der Kirche. Ich erblickte die lateinische Inschrift über dem Altargemälde:
    »›Notas mihi fecisti vias vitae‹ – das heißt: Du hast mir gewiesen die Wege des Lebens. Es bezieht sich auf die Auferstehungsszene des Altarbildes. Aber wer ist der eigentliche Erbauer des Domes, wenn es nicht St. Rupert oder St. Virgil sind?«
    »Das hoffe ich in den Inschriften der Grabsteine zu finden. Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit hier ruhen, da es im Rätsel heißt« – Mozart las aus dem Brief Mizlers vor, den er zuvor aus seiner Jackentasche geholt hatte: »›Auch ging ein letztes Mal den Weg / Den Du zu schreiten hast / Der, durch den – Kein Heil’ger war er / Der erste Stein zu Deinem Weg / Geleget ward‹.«
    Wir traten in das Querschiff, in dem die Grabmäler standen. Das Licht wurde immer schwächer und Mozart nahm sich eine der großen Kerzen aus einem der Lüster, um die Inschriften zu studieren.
    Wir erkannten, dass einige der steinernen Denkmäler besonders reich verziert, andere jedoch ganz schlicht gehalten waren. Als Erstes fiel uns das Grabmal von Erzbischof Lodron ins Auge, auf dessen Platte der Name groß und erhaben sichtbar war, obgleich der Zierrat gering ausfiel. Neben diesem fanden wir das frische Grabmal Erzbischof Dietrichsteins, das über und über mit fein gearbeiteten Figuren verziert war. Wir hielten Ausschau nach den lateinischen Begriffen ›fecit‹, ›fundit‹ oder ›aedificit‹, die eventuell auf den Gründer des Bauwerkes schließen ließen. Als ich mich mit Mozart auf den Boden kniete, um eine Inschrift näher zu betrachten, hörte ich eilige Schritte durch die Kirche hallen.
    Es war eindeutig eine lebhaftere Schrittfolge, als jene des alten Küsters. Die Dunkelheit war jedoch nur von kleinen Lichtinseln durchbrochen, sodass ich niemanden ausmachen konnte. Ich sprach Mozart an: »Was war das?«
    »Wie?« Mozart hatte die Schritte nicht gehört: »Hier sind nur wir.«
    Es war wieder ruhig, wahrscheinlich hatten meine überreizten Sinne mir einen Streich gespielt und alles war nur Einbildung gewesen. Auf einem Grabmal, das in die Wand eingelassen war, stand erneut ein Satz auf Latein geschrieben, ich las ihn vor: »Hier: ›Petram primam haec templi dei donavi anno domine MDCXIV, Marcus Sitticus‹.«
    »Aha! ›Im Jahre des Herrn 1614 habe ich, Markus Sitticus, den ersten Stein für diesen Tempel des Herrn gestiftet‹. »
    Wir begannen also, das Grabmal nach weiteren Hinweisen auf den versteckten Gegenstand des ersten Rätsels abzusuchen. Da ein Notenband oder Buch gesucht wurde, musste hier ein Hinweis auf die Bibliothek gegeben werden, in der dieses Werk zu finden war. Mit den Fingern zog ich den lateinischen Schriftzug nach und versuchte, mangels Licht, weitere Buchstaben aufzuspüren, die uns vielleicht entgangen waren. Mozart versuchte, mit der Kerze möglichst viel zu erhellen.
    Der Stein war schlicht verziert, aber doch mit einigen kleinen Figuren, meist Putten, versehen. Ganz im Stile der Zeit standen den positiven Darstellungen als Ausdruck der geistigen Haltung des Memento mori auch Bildnisse des Todes gegenüber, die als Skelette aus dem Stein hervorzukriechen schienen. Ich bemerkte ein besonders Großes, dessen Schädel den Betrachter aus leeren Augenhöhlen anblickte. Diese Darstellung hob sich von den anderen ab, da die Totenfigur ein Musikinstrument hielt – ein langes trichterförmiges Blasinstrument, das nach meinen bescheidenen Kenntnissen der Kunst sonst Engeln vorbehalten war. Das Instrument hatte eine Beschriftung, die ich allerdings nicht entziffern konnte und daher mit den Fingern befühlte. Zu meinem Entsetzen schien sich das in Stein gearbeitete Instrument vom Grabmal zu lösen, wohl durch den leichten Druck, welchen ich ausgeübt hatte. Es fiel jedoch nicht ab, sondern wurde von einer Achse gehalten und kippte seitlich weg. Ich stieß einen leisen Schrei aus – in der Wand dahinter hörte ich ein
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