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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium
Autoren: Christoph Öhm
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Rasseln!
    Mozart blickte mich entsetzt an. Urplötzlich ertönte lautes Knirschen in der Wand und der Grabstein zog sich, von einem unsichtbaren Mechanismus angetrieben, langsam in die Wand zurück, dabei seitlich nach hinten links drehend.
    Es öffnete sich vor uns ein dunkler, staubiger Gang, aus dem ein süßlicher Geruch wehte. Mozart und ich sahen uns fragend an. Dann trat er als Erster vor und setzte seinen Fuß über die Schwelle, hinein in die Wandöffnung. Er leuchtete mit seiner Kerze voraus und wir gingen beide in diesen Gang, der nach rechts verlief und in eine Treppe überging, die in die Tiefe führte. Zitternd vor Furcht und Aufregung folgte ich Mozart und stieg die Treppe hinab. Es waren sicherlich mehr als 40 Stufen, also eine lange Wegstrecke, bis wir den Grund erreicht hatten. Der Gang knickte nun erneut nach rechts ab und endete an einer hölzernen Tür.
    Mozart hielt inne und wartete, bis ich neben ihm stand. Dann drückte er langsam die Klinke herab. Zu unserer Überraschung öffnete sich die schwere Pforte ohne Widerstand, als ob sie gut geschmiert und von solidester Qualität wäre. Eine dichte Spinnwebschicht bedeckte Tür und Rahmen. Mozart ging voran und leuchtete in den Raum.
    Wir trauten unseren Augen nicht! Vor uns erkannten wir mehrere lange Tische, auf denen eine schier unbegreifliche Zahl an goldenen und glitzernden Gegenständen aufgehäuft war! Langsam traten wir ein, mit vorsichtigen Schritten, um nicht in eine Falle zu geraten, die Schatzräuber abhalten sollte. Ich wischte sanft den Staub von einem dieser wertvollen Gegenstände und erkannte ehrfurchtsvoll, dass es sich um ein Reliquiengefäß handelte, eine Glaskugel auf goldenem Fuß, der über und über mit Edelsteinen besetzt war. In der Glaskugel ließ sich ein zusammengeschrumpelter, brauner Brocken erkennen, von undefinierbarer Form. Ringsum sahen wir ähnliche sakrale Gefäße, Glaskörper mit Reliquien, mehrere Monstranzen, auch Leuchter und große Becher. Alles fein aus Gold gearbeitet und meist edelsteinbesetzt, von einer dünnen Staubschicht bedeckt.
    Eine Ahnung ungewisser Gefahr überkam mich. Direkt hinter mir sprach eine hohle Stimme: »Halt!«
    Ich fuhr blitzartig herum und sah in der Türöffnung den alten Küster stehen, mit einem schweren Kerzenleuchter in der Hand. Flackernd erhellten die Flammen sein faltiges, uraltes Gesicht. Er sprach langsam und drohend: »Dies … ist … der … Domschatz.«
    Erstaunt und sprachlos starrten wir ihn an. Er setzte seine Rede fort: »Ich … bin der Wächter. Man hat Euch angekündigt.«
    Er verstummte, weiterhin wie angewurzelt auf der Stelle verharrend. Wir wandten uns langsam wieder den Gegenständen zu, als würden wir von einem wilden Tier beobachtet. Nun waren wir im sicheren Wissen, auf der richtigen Spur zu sein.
    Ich öffnete einen goldenen Kasten und stieß einen Schrei aus: Die Schatulle offenbarte in ihrem Innern ein großes, in braunes Leder gebundenes Buch, das in Seide gebettet war! Mozart trat neben mich, überreichte mir die Kerze und nahm vorsichtig das Buch heraus.
    Als er den Deckel umbog, rutschte ein Blatt heraus, das Mozart mit einer geschickten Bewegung auffing. Das Blatt war in wunderschöner Schrift von Hand beschrieben, ganz wie der Brief Mizlers. Es musste das nächste Rätsel sein, denn dies war sicherlich die Mitgliedsgabe, die Mozart zu finden auferlegt worden war. Er nahm das Blatt, rollte es zusammen, und steckte es in die Innentasche seiner Jacke. Wir lasen den Innentitel des Buches: ›Anfangsgründe der Musik nach mathematischer Lehre, samt einer hierzu erfundenen Maschine. Von Lorenz Mizler, Lipsiae MDCCXXXIX. Überreicht als Gründungsgabe der Correspondierenden Societät der Musicalischen Wissenschaften.‹
    Auf die Rückseite des Buchdeckels, der innen mit Papier bezogen war, hatte Mizler das erste Gesetz der unsterblichen Melodie notiert:
    ›Eine ideale Melodie steiget zu Beginn herauf und fallet zu Ende herab (oder das Gegenteil), sodass die Abstände zum Grundton erst größer und dann kleiner werden‹.
     
    Mozart nahm einen Silberstift aus der Jacke und schrieb den Satz buchstabengetreu auf ein Papier. Er würde alle Gesetze, die in den versteckten Mitgliedsgaben notiert waren, zu Hause sammeln und mit denjenigen Regeln vergleichen, die er selbst bestimmte. Zuletzt würde er ein neues, noch fehlendes Gesetz formulieren können, wie Mizler es verlangte.
    Wir blätterten langsam durch das edel gebundene und schön gestaltete
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