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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut
Autoren: Ellis Peters
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blieb zu hoffen, daß die Honorare der Anwälte das Landgut nicht an den Rand des Ruins bringen würden, bevor sich die Besitzverhältnisse klären ließen.
    Hinter der letzten Biegung der Wyle-Straße sah er den Fluß schimmern. Hier, im offenen Land, schien das erlöschende Tageslicht heller als in den engen Straßen der Stadt. Er ritt durch das Tor und über die Zugbrücke. Hier hatte Edwin das Geschenk für seinen Stiefvater weggeworfen, dort führte die Straße zu dem Haus, wo Richildis immer noch wohnen mußte.
    Der Mühlenteich war eine mattglänzende Silberfläche im Dämmerschein. Dann tauchte die Westmauer der Abtei vor ihm auf, das Gemeindetor der großen Kirche, und zu seiner Rechten lag das Pförtnerhaus.
    Erstaunt blickte er auf die Versammlung im Hof. Der Pförtner stand in seiner Tür, mit rotem Gesicht, ordentlich gekämmt und mit wichtiger Miene, als würde er den Besuch eines Bischofs erwarten. Brüder, Laienbrüder und Beamte rannten geschäftig umher und hatten sich zu kleinen, aufgeregten Gruppen zusammengefunden, um durcheinanderzureden und sich eifrig zu allen Leuten umzudrehen, die durch das Tor hereinkamen.
    Auch Cadfaels Ankunft erweckte gespannte Aufmerksamkeit, die aber sofort und auf unschmeichelhafte Weise wieder nachließ, als er erkannt wurde. Sogar die Schuljungen trieben sich tuschelnd an der Mauer des Pförtnerhauses herum. In der Tür zur Gästehalle drängten sich Reisende, Bruder Jerome hatte sich neben dem Aufsteigeblock postiert, erteilte Befehle nach allen Seiten und schaute zwischendurch immer wieder zur Pforte. Anscheinend war er während der Abwesenheit Cadfaels noch selbstbewußter und offiziöser geworden.
    Cadfael stieg ab und überlegte, ob er sein Reittier in den Stall führen sollte oder ob die Maultiere immer noch im Stall am Pferdemarkt untergebracht waren. Plötzlich klang ein Freudenschrei in der erregten Menge auf, und Bruder Mark rannte auf ihn zu.
    »O Cadfael, wie schön, daß du wieder da bist! Hier ist ja soviel los! Und ich dachte schon, du würdest alles versäumen.
    Dabei warst du immer mitten im Geschehen. Wir haben gehört, was sich im Gerichtshof von Llansilin abgespielt hat! O Cadfael - du bist hochwillkommen!«
    »Das sehe ich«, erwiderte Cadfael, »falls dieser ehrenvolle Empfang für mich bestimmt ist ...«
    »Ich heiße dich jedenfalls herzlich willkommen«, versicherte Mark. »Aber dieser Tumult ... Natürlich, du hast es noch nicht gehört. Wir warten auf Abt Heribert. Vor einer Weile war ein Fuhrmann draußen in St. Giles, und da sah er sie alle. Sie besuchten gerade das Hospital. Er kam zurück und verständigte uns. Bruder Jerome hat im Hof Stellung bezogen, um sofort zum Prior zu laufen, wenn sie durch die Pforte reiten.
    Sie müssen jeden Augenblick eintreffen.«
    »Und was gibt's für Neuigkeiten? Ist Heribert immer noch unser Abt?«
    »Das wissen wir noch nicht ... Alle haben Angst, Bruder Petrus murmelt schreckliche Verwünschungen in seine Töpfe und schwört, daß er aus dem Kloster austreten wird. Und Jerome ist einfach unerträglich!«
    Er wandte sich ab, um einen bösen Blick auf den Schreiber zu werfen - sofern sein sanftes Gesicht überhaupt böse dreinblicken konnte, aber Bruder Jerome hatte den Aufsteigeblock verlassen und eilte zur Wohnung des Abtes.
    »Oh, sie kommen! Schau - der Prior!«
    Robert rauschte majestätisch in seiner makellosen Kutte herbei und überragte alle hochgereckten Köpfe. Mit gütiger, frommer Miene stellte er sich in Positur, um seinen alten Vorgesetzten in heuchlerischer Ehrerbietung zu empfangen und sein früheres Amt voller Demut wieder anzutreten. Das alles würde er zweifellos in vollendeter Form und edler Würde absolvieren.
    Und da erschien Heribert in der Pforte, ein kleiner, rundlicher, sanfter, unscheinbarer Greis, der wie ein Sack auf seinem weißen Maultier klebte, müde und schmutzig von der Reise. Sein resigniertes Gesicht schien auszudrücken, daß man ihn des Amtes enthoben hatte. Trotzdem sah er zufrieden aus, wie ein Mann, der eine schwere Bürde abgelegt hatte und sich nun aufrichtete, um Atem zu holen. Von Natur aus bescheiden, war Heribert unzerstörbar. Sein Schreiber und die Reitknechte folgten ihm in respektvollem Abstand, aber an seiner Seite ritt ein großer, hagerer, sehniger Benediktiner mit verwitterten Gesichtszügen und intelligenten blauen Augen, der sein Pferd dem langsamen Trab des weißen Maultiers anpaßte und Heribert - wie Cadfael zu erkennen glaubte - mit
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