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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schiffes, daß sie
das längst nicht mehr bemerkten. »Ich frage mich, was wir hier
wollen«, murmelte er. »Warten«, antwortete Juan. »Darauf, daß
er das nächste Mal zuschlägt. « Sein Gesicht verdüsterte sich,
als er Mikes Blick begegnete. »Ich finde es genauso furchtbar
wie du, aber ich fürchte, wir haben keine andere Wahl. «
Mike sagte nichts. Und was auch? Der Gedanke war so
schrecklich wie einfach: Sie hatten keine Ahnung, wo die
LEOPOLD das nächste Mal zuschlagen würde. Alles, was sie
tun konnten, war, abzuwarten, bis sie wieder ein Schiff
versenkte oder einen Hafen in Brand schoß, um dann mit voller
Kraft hinterherzufahren und zu versuchen, Winterfeld
einzuholen. Serena saß unten am Funkgerät und lauschte
aufmerksam in den Äther hinaus, so daß sie schon auf den
leisesten SOS-Ruf reagieren konnten. Mike war sogar sicher,
daß sie Winterfeld auf diese Weise finden würden. Aber die
Vorstellung, daß sie tatenlos abwarten mußten, bis er wieder zuschlug – und das bedeutete nichts anderes, als daß dann wieder
Menschen sterben würden –, machte ihn krank. »Ich verstehe
das einfach nicht«, murmelte er. »Er muß vollkommen den
Verstand verloren haben. So wie es aussieht, greift er wahllos
Schiffe und Häfen an, ganz gleich welcher Nationalität. «
»Und sogar welche, deren Länder gar nicht in den Krieg
verwickelt sind«, fügte Juan hinzu. »Trotzdem
– ich glaube
nicht, daß er einfach verrückt geworden ist. Er folgt einem Plan.
Und wir werden schon herausfinden, welchem. Ich bin
bestimmt der letzte, der Winterfeld verteidigen würde, aber er
ist weder verrückt noch ein gewissenloser Mörder. Er hat irgend
etwas vor. Und es muß etwas Großes sein, sonst würde er nicht
ein solches Risiko eingehen. «
Mike schwieg. Es hätte eine Menge gegeben, was er hätte
antworten können, aber im Grunde gab er Juan sogar recht.
Winterfeld hatte sie gejagt, sie entführt und
gefangengenommen, er hatte sich der Meuterei und des
Hochverrates schuldig gemacht, nur um in den Besitz der
NAUTILUS zu gelangen, und trotzdem hatte er das Schiff
schließlich wieder aufgegeben, um das Leben seiner Besatzung
zu retten. Und mit einem Male betätigte sich dieser Mann als
gemeiner Pirat und Seeräuber? Das paßte einfach nicht
zusammen. Er schüttelte den Gedanken ab und drehte sich
herum, so daß sein Blick in Richtung Küste ging, die in der
Nacht allerdings nicht einmal zu erahnen war. Aber auch Juan
sah eine ganze Weile versonnen in dieselbe Richtung, und Mike
glaubte zu erraten, was hinter seiner Stirn vorging.
»Wir sind gar nicht weit von deiner Heimat entfernt«, sagte
er, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander
dagestanden hatten. »Hast du eigentlich niemals daran gedacht,
wieder nach Hause zu gehen?« Juan zuckte mit den Schultern.
Er sah ihn nicht an, aber auf seinem Gesicht erschien ein
trauriges Lächeln. »Nach Hause?« Er schüttelte den Kopf. »Was
soll ich dort, Mike? Das hier ist mein Zuhause. « »Immerhin
leben deine Eltern noch«, antwortete Mike. »Meine Eltern sind
tot, und die der anderen auch. Aber dein Vater –«
»– hat vermutlich noch nicht einmal gemerkt, daß ich weg
bin«, fiel ihm Juan ins Wort. Seine Stimme klang bitter, und in
seinen Augen war ein harter Glanz erschienen, der Mike
erschreckte. Er hatte Juan niemals danach gefragt, was zwischen
ihm und seinen Eltern wirklich vorgefallen war, ehe er nach
England und ins Internat kam, und er fragte ihn auch jetzt nicht.
Wenn Juan es ihm erzählen wollte, würde er es irgendwann
schon von sich aus tun.
»Wir können nicht ewig auf der NAUTILUS bleiben«, sagte
er statt dessen. »Alles, was wir bis jetzt erlebt haben, war ein
großes Abenteuer, aber es wird nicht ewig so weitergehen.
Trautman hat recht, weißt du? Die Welt ist noch nicht reif für
die NAUTILUS. Irgendwann werden wir sie aufgeben müssen.
« »Laß das nicht Serena hören«, sagte Juan mit einem angedeuteten Lächeln. Er wurde sofort wieder ernst. »Du hast
recht. Aber ich will nicht darüber nachdenken. Noch nicht. Wir
werden eine Lösung finden, aber im Moment... «Er führte den
Satz nicht zu Ende, sondern seufzte nur tief und fuhr dann in
verändertem Tonfall fort: »Außerdem haben wir jetzt wirklich
Wichtigeres zu tun. Wir müssen diesen Verrückten aufhalten,
bevor er noch mehr Schaden anrichtet. « »Ja«, bestätigte Mike,
und hinter ihnen sagte eine wohlbekannte Stimme: »Warum
eigentlich?«
Sie drehten sich beide zugleich herum und
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