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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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lag. Es war ein Mann in einer blauen, zerfetzten Uniform.
Sein Gesicht und sein Haar waren voller Blut, und obwohl seine
Augen offenstanden, schien er sie nicht wahrzunehmen, denn er
reagierte nicht, als Juan ihm etwas zurief. Mike wartete, bis das
Boot nahe genug war, dann sprang er mit einem Satz vom Deck
der NAUTILUS hinunter und neben den Verletzten. Das kleine
Boot ächzte unter seinem Aufprall, und ein Knirschen erscholl,
das Mike zusammenzucken ließ. Er bemerkte erst jetzt, daß das
Boot kaum mehr als ein Wrack war, das eigentlich gar nicht
mehr hätte schwimmen dürfen: Die Planken waren von
Flammen geschwärzt. Überall im Rumpf gähnten große,
ausgefranste Löcher, und er stand fast knöcheltief im Wasser.
Hastig kniete er neben dem Mann nieder, aber nun, da er ihn
von nahem sah, wagte er es fast nicht, ihn zu berühren. Der
Mann war schwer verletzt. Nicht nur sein Gesicht, sondern
seine ganze Uniformjacke war dunkel von seinem eigenen Blut.
Der Mann war offensichtlich angeschossen worden. Jemand
hatte auf
dieses Boot gefeuert. Und nicht nur einmal. »Was ist
mit ihm?« rief Ben. »Lebt er noch?« Blöde Frage, maulte
Astaroth. Ich hätte ihn kaum entdecken können, wenn er tot
wäre, oder? »Ja«, antwortete Mike. »Aber er ist schwer verletzt.
Helft mir, ihn auf die NAUTILUS zu schaffen. Und beeilt euch.
Ich glaube, der Kahn säuft gleich ab. « Tatsächlich war das
Wasser im Bootsrumpf in den wenigen Augenblicken, seit er an
Bord gekommen war, bereits deutlich angestiegen.
Wahrscheinlich war sein Gewicht zusätzlich zu viel für das
winzige Schiffchen. Ben machte Anstalten, zu ihm
herunterzuklettern, aber in diesem Moment tauchte Singh
wieder auf und hielt ihn mit einer wortlosen Geste zurück. Ben
trat gehorsam beiseite, und der Inder kletterte mit der ihm eigenen Leichtigkeit zu Mike und dem Verletzten ins Boot. Es sank
spürbar tiefer ins Wasser, und Mike richtete sich nervös auf.
Das Boot sank nun tatsächlich und sehr rasch. Sie mußten sich
beeilen. Wie alle an Bord war Mike mittlerweile ein
ausgezeichneter Schwimmer geworden, aber das Wasser war
eiskalt, und er verspürte wenig Lust auf ein mitternächtliches
Bad. Singh untersuchte den Mann flüchtig, dann hob er ihn
ohne sichtliche Anstrengung auf die Arme und kletterte wieder
auf das Deck der NAUTILUS hinauf. Mike folgte ihm, wenn
auch viel langsamer, so daß Juan schließlich die Hand
ausstreckte und ihm half – keine Sekunde zu früh, wie sich
zeigte. Kaum hatte Mike die NAUTILUS wieder betreten, da
legte sich das Boot auf die Seite und ging binnen Sekunden
unter. Ben blickte mit finsterem Gesicht die Stelle an, an der es
gesunken war. »Mist!« sagte er. »Jetzt erfahren wir vielleicht
nicht, wo er hergekommen ist!«
»Das Boot war leer«, antwortete Mike. »Es hätte uns sowieso
nicht weitergeholfen. «
»Hast du seine Uniform erkannt?« fragte Ben. Mike schüttelte
den Kopf, und Ben machte ein triumphierendes Gesicht. »Aber
ich. Der Mann ist Engländer. « »Die Vermutung liegt nahe«,
sagte Juan spitz, »wenn man vor der englischen Küste kreuzt. «
»Das war eine Militäruniform«, sagte Ben betont. »Der Mann
gehört zur Kriegsmarine. « Juan sah auf die wieder still
daliegende Wasseroberfläche hinab. »Also, ich habe mir eure
Kriegsschiffe immer größer vorgestellt«, witzelte er. »Kein
Wunder, daß die Deutschen den Krieg gewinnen werden. « Ben
setzte zu einer geharnischten Antwort an, aber Mike brachte die
beiden mit einem bösen Blick zum Verstummen. Rasch folgten
sie Singh, der mittlerweile bereits den Turm erreicht hatte und
den Verletzten nach unten trug. Als Mike als letzter wieder ins
Innere des Schiffes trat, drang Trautmans Stimme aus der Tiefe
zu ihnen herauf.
»Schließt die Luke!« rief Trautman. »Es ist möglich, daß
jemand die Scheinwerfer gesehen hat. Wir tauchen besser
wieder. «
Wie sich zeigte, waren Trautmans Befürchtungen keineswegs
übertrieben gewesen. Offenbar beobachtete man von der Küste
aus tatsächlich sehr aufmerksam den Ozean. Es verging keine
Stunde, da tauchten gleich zwei Zerstörer der britischen
Kriegsmarine über ihnen auf, die das Meer in weitem Umkreis
mit Scheinwerfern und Leuchtraketen absuchten. Mike und die
anderen verfolgten die Aktion vom Salon der NAUTILUS aus.
Durch das riesige, runde Aussichtsfenster konnten sie die
Schatten der beiden Kriegsschiffe über sich deutlich erkennen.
Die NAUTILUS war dreißig Meter gesunken und dann zur
Ruhe gekommen. Trautman
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