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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange
Autoren: Sophie Oliver
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zu Ende und du weißt es. Stirb mit Würde.“
    Bereits jetzt, als der Stahl noch in der Wunde steckte, fiel es ihr schwerer und schwerer zu atmen. Sobald er die Waffe herauszog, würde sie noch weniger Luft bekommen. Der Stich in der Lunge war nicht ihre einzige Verletzung, sie blutete bereits aus vielen Wunden, wie auch Victor, aber dieser erneute Blutverlust, zusammen mit ihrer Atemnot, machte sie müde und schwach.
    Es war also tatsächlich vorbei und sie würde sterben. Wieso nicht?
    Mit einer Hand wischte sie eine blutige Haarsträhne weg, die ihr ins Auge gefallen war und sah sich ein letztes Mal um. Die vom Mittelmeer rund gewaschenen Kieselsteine des schmalen, einsamen Strandes drückten in ihre Knie, der Vollmond ließ das still daliegende Wasser der Bucht glänzen wie einen silbernen Spiegel und in der Ferne sah sie die Lichter des kleinen Fischerdorfes, die sich aneinander schmiegten und wie aufgereihte Lampions bis weit in die See hinaus schwammen.
    Es war ein wunderschöner Ort.
    Victor hielt sie noch immer in tödlicher Umarmung, auf ihre Antwort wartend.
    Sie hatte gewusst, dass er ihr ebenbürtig war, geahnt, dass er ihr vielleicht sogar überlegen sein könnte und es war von Anfang an klar gewesen, dass nur einer von ihnen diesen Kampf überleben würde.
    Aber wieso sollte er es sein? Sie war nicht mehr zu retten, er würde sie niemals verschonen, aber wenn sie konnte, würde sie ihn mitnehmen.
    In die Hölle.
    Oder gab es eine andere Welt, in die sie gehen konnten, nachdem was sie getan hatten?
    Würde Gott ihnen ihre Sünden vergeben?
    Ilaria würde es bald wissen. Und Victor sollte es auch erfahren. Er war nicht besser als sie. Er hatte es genau so wenig wie sie verdient, auch nur einen einzigen Tag weiterzuleben.
    Langsam nickte sie in stummer Zustimmung und mit einem Ruck zog er das Messer aus ihrer Seite.
    Heißer Schmerz verbrannte sie, aus ihrem Mund sprudelte schaumiges Blut und sie schnappte rasselnd nach Luft. Mit der rechten Hand tastete sie nach oben, um zu fühlen wie schnell sie ausblutete. Sie nickte ein weiteres Mal, zu sich selbst, es würde nicht mehr lange dauern.
    Mit letzter Kraft richtete Ilaria sich auf den Knien auf und verbeugte sich, ihm die linke Handfläche mit einer eleganten Bewegung zuwendend, so dass im klaren Licht des Mondes das Zeichen auf der Innenseite ihres Handgelenks zu sehen war. Victor verbeugte sich auf die gleiche Art und Weise.
    Dann stand er auf, trat hinter sie und sie spürte, wie er die kalte Stahlklinge des Messers an der linken Seite ihres Halses ansetzte.
    Sie wusste, er würde nicht nur ihre Kehle durchschneiden, sondern ihren gesamten Kopf abtrennen.
    Als Ilaria zu Boden gegangen war, war ihr das Messer aus der Hand geglitten. Nun tastete sie unauffällig danach und bekam schließlich den klebrigen, blutverschmierten Griff zu fassen. Wie viele wertvolle Dienste hatte es ihr im Laufe der Jahrhunderte erwiesen. Sicherlich würde es ihr auch diesen letzten nicht versagen.
    Sie nahm einen tiefen Atemzug und kostete die salzige Meeresluft.
    Ihr letzter Gedanke galt seinem Tod.
    Und so drehte sie sich, während Victor mühelos die zarte Haut ihres Halses durchschnitt, ruckartig um und stieß ihm ihre Klinge mitten ins Herz.
    Für den Bruchteil einer Sekunde fühlte sie den Widerstand, den die Knochen ihrer Wirbelsäule seinem Messer boten. Sie sah das Meer an sich vorüber gleiten wie das Leuchten einer Sternschnuppe während ihr Kopf wegkippte, dann fiel sie nach vorne über und alles wurde dunkel.
    Ilarias Körper lag über Victor, den Schaft ihres Messers tief in seine Brust gerammt.
    Auch sein Herz hatte aufgehört zu schlagen.

    Die Stille, die folgte, schien endlos zu sein.
    „ Was geschieht nun?“, flüsterte Emmaline.
    Nathaniel nahm ihre Hand, „Sie sind beide tot. Für den Moment. Aber wenn wir die Waffe aus Victors Herz ziehen, wird es wieder anfangen zu schlagen.“
    „ Niemand wird das Messer berühren“, Sistos Stimme riss alle aus ihrer Starre. „Wir baten um ein Gottesurteil und es wurde uns gegeben. Sie sind beide tot. Es gibt keinen Sieger. Das ist Gottes Wille.“ Damit trat er vor, nahm Victor die Klinge aus der Hand, und trennte ihm damit mit einer einzigen raschen Bewegung den Kopf ab.
    Als er sich wieder aufrichtete, nickte er Tristan zu. „Es ist vorbei. Das Unrecht, das dir und deiner Familie angetan wurde, ist gerächt. Auge um Auge. Ich hoffe du kannst jetzt Frieden finden, Bruder.“
    Tristan senkte den Kopf
    „
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