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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange
Autoren: Sophie Oliver
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rund gewaschenen Kiesel am felsigen Strand weiß leuchten ließ.
    „ Wir sind da“, sagte er und wies auf eine verfallene Fischerhütte, die etwas erhöht auf einem Felsvorsprung stand, im Rücken geschützt durch die erste Reihe der Waldbäume.
    Ilaria war ärgerlich, „Du willst wirklich hier bleiben? In dieser gottverlassenen Gegend? Bei diesem Wetter? In dieser Bruchbude? Es sieht aus, als wäre seit Jahrzehnten niemand mehr hier gewesen!“
    „ Eben.“ Er sah hinaus aufs Meer. Am Horizont konnte man die Silhouette des Dorfes sehen. Haus an Haus reihte sich vom Land bis hinaus in die Bucht und schließlich in die Höhe, bis alles in der Kirche gipfelte, die über allem thronte, weithin sichtbar.
    Dort oben hatte er letzte Nacht gestanden und versucht, die einsame Küste ausfindig zu machen, an der sie sich jetzt befanden. Vom Land aus war der Ort nur schwer zu erreichen.
    Früher war er gelegentlich mit Vater hierhergekommen, im Boot. Sie hatten Fische am Strand gegrillt und sich Geschichten erzählt. Er hatte die Augen zusammengekniffen und versucht, ihr Haus in der Ferne zu erkennen, aber natürlich war es zu weit entfernt gewesen.
    „ Niemand wird uns hier suchen. Hier gibt es nichts außer Möwen, Pinienzapfen und Steinen. Weit und breit keine Menschen. Eine Seltenheit in dieser Zeit.“
    Ilaria dachte über seine Worte nach. „So gesehen, ist es vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn ich es mir Recht überlege, scheint es wirklich ein gutes Versteck zu sein. Für eine Weile jedenfalls, bis ich mich anfange zu langweilen…“ Unschlüssig sah sie sich um. „Ich sehe mir mal die Hütte an. Besser gesagt das, was davon übrig ist.“
    Er hörte ihr nicht zu.
    Dumme Ilaria. Dachte sie wirklich, sie würden mit dem davonkommen, was sie getan hatten?
    In den letzten Tagen war der gelbe Flammenkranz in Victors Augen abgekühlt. Als er auf die See hinaus blickte, wurden die Funken schließlich wieder weiß, sie hörten auf zu flackern und brannten gleichmäßig.
    Er war vollkommen ruhig.
    Wahrscheinlich würde es nicht lange dauern, bis die anderen sie hier finden würden. Schließlich hatte er sich nicht bemüht, seine Spuren zu verwischen.
    Beinahe war er erleichtert darüber, dass alles bald zu Ende sein würde, denn er konnte und wollte so nicht weiterleben.
    `Lasst mich nicht zu lange warten`, dachte er und hoffte, sie würden ihm einen schnellen Tod gewähren.

74.

    Nur wenige Jäger traten im hellen Licht des Vollmonds aus dem Dickicht der Bäume an den Strand.
    Sisto, natürlich, Nathaniel, Emmaline, Adam – und Tristan, endlich. Aber Victor konnte sehen, dass sich unter den Pinien unzählige Kinder Kains eingefunden hatten. Reihe um Reihe schloss sich und bildete einen undurchdringlichen Halbkreis um die Bucht, aus dem es kein Entkommen geben würde.
    Nicht dass er vorgehabt hätte zu fliehen.
    Jedoch erfüllte es ihn mit einem gewissen Stolz, dass sie ihn für gefährlich hielten.
    Er hatte die vorherige Nacht und den ganzen Tag auf einem Felsen sitzend zugebracht, ungeachtet des kalten Windes. Die Sonne war früh untergegangen, aber Mond hatte alles in ein kühles, stilles Licht getaucht, so dass er einfach sitzen geblieben war. Seine Augen hatten sich an der Landschaft erfreut und er war beinahe glücklich gewesen.
    Ilaria trat aus der Hütte, als sie die Anwesenheit der Jäger spürte und lief auf Victor zu.
    „ Sie haben uns gefunden!“, rief sie atemlos. „Wie konnte das geschehen?“
    Ohne den Blick von Sisto zu wenden, antwortete er, „Weil ich hier geboren wurde. In dem Dorf jenseits der Bucht. Wusstest du das nicht? Sonst bist du doch auch perfekt über alles informiert. Ich kenne Sisto seit vielen hundert Jahren und er kennt mich ebenso gut. Es war nicht schwer für ihn sich auszurechnen, dass ich irgendwann hierher kommen würde.“
    „ Du Narr! Du hast uns direkt in die Falle gelockt!“
    Nun sah er sie an, „Natürlich. Es muss doch irgendwann ein Ende haben.“
    Ohne auf ihre Reaktion zu warten, ging er auf Sisto zu. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

    „ Salve, Sixtus Valerianus“, sagte er.
    „ Salve, Victor.“
    Ein Muskel in Ilarias Wange zuckte, als sie sah, dass Michele neben Lilian stand.
    Victors Blick fiel auf Tristan. „Was habt ihr beschlossen?“
    Es war nicht Tristan, sondern Sisto, der ihm antwortete.
    „ Ein Gottesurteil. Ihr werdet gegeneinander kämpfen. Auf Leben und Tod. Demjenigen, der nicht stirbt, wird vergeben.“
    Victor hob
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