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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Küche, und kauf ihr einen Lieferwagen, den wird sie sehr gut brauchen können.«
    »Partyservice, Party, Party - wer macht so viel Party? Die Deutschen bestimmt nicht«, brummte mein Vater. »Nein, meine kleine Santinella, um Aufträge betteln, für fremde Leute den Nachtisch ranschleppen, alleine mit dem Auto Dio -weiß-wohin unterwegs, so was tut ein Mädchen nicht. Und eine Bellone schon mal gar nicht!«
    Ich war nach oben in mein Zimmer gelaufen und hatte mich auf mein Bett geworfen, zwischen die zitronengelben Handzettel, die Leonardo und ich entworfen hatten. »LA DOLCE VITA! Versüßen Sie Ihr Leben mit unseren original italienischen Desserts, frisch und jederzeit lieferbar!« Die Zettel waren nie verteilt worden.
     
    Ich schüttelte den Kopf und seufzte tief. Draußen vor dem Fenster des Fliegers leuchtete das Blau des Himmels, Susas Lieblingsfarbe. Sie wollte mich in letzter Zeit ständig dazu überreden, den Lieferservice doch noch aufzuziehen. Immerzu fantasierte sie von uns beiden in gestärkten Kochuniformen und einem himmelblauen Lieferwagen.
    »Und mit Timmi klappt das auch, du siehst ja, sogar ein Kind kann man haben bei dem Job, gut sogar.«
    Nein, das Dolce Vita erinnerte mich an eine traurige Zeit, das konnte Susa vergessen.

    »Ich will sehen, wo dieses kleine, patzige Wesen aufgewachsen ist.«
    »Aha?«, sagte ich abwesend. Phil hatte die ganze Zeit weiter von seiner Freundin geschwärmt und nicht gemerkt, dass ich nicht richtig zuhörte.
    »Schon als Kind muss sie absolut selbstständig gewesen sein, immer unabhängig von ihren Eltern.«
    In diesem Moment wäre ich gerne ein ehrgeiziges, kleines Mädchen gewesen mit Träumen von einem Leben als Tänzerin, Prinzessin oder Schauspielerin, nur um Phil jetzt hier oben davon erzählen zu können.
    Eine halbe Stunde später verließen wir unsere Flughöhe. In meinen Ohren knackte es.
    Er macht dich unruhig!
    Nein!, widersprach ich meinem Zwillingsbruder in Gedanken heftig.
    Er gefällt dir!
    Nein!!
    Er ist der erste Mann seit Langem, mit dem du schlafen möchtest, das ist doch mal was.
    Ich spürte, dass ich schon wieder rot wurde.
    Jetzt rechne bitte nicht aus, wie lange mein letztes Mal schon her ist, fuhr ich Leonardo an.
    Doch, erwiderte er, bin gerade dabei. Lange. Zu lange. Du musst wieder mit diesen Sachen beginnen. Macht doch Spaß, schon vergessen? Und er ist gut für dich, dieser Fotograf, das spüre ich.
    Ach, und dann kann ich ihn ja auch gleich heiraten und viele Kinder mit ihm kriegen, bravo! Übrigens, da wäre noch etwas, nur eine Kleinigkeit, er ist gerade auf dem Weg, um die Eltern seiner zukünftigen Frau zu treffen.
    Wir setzten zum Landeanflug an.

Kapitel 2
    PHIL
    Es ist eine Marotte von mir, Menschen, die ich treffe, mit erfundenen Namen zu belegen. Es sind meistens keine sympathischen Namen, doch der für meine Sitznachbarin aus dem Flugzeug war so anziehend wie sie selbst. Sie war die ›Lady Madonna‹ für mich, aber nicht nur weil sie schwarz gekleidet war. Als ich sie zum ersten Mal anschaute, hatte ich sofort an die Zeile aus dem Beatles-Lied denken müssen. Auch jetzt, während sie das Band und die Gepäckstücke beobachtete, sah sie aus, als ob sie einer Musik in ihrem Kopf lauschte. Wie die Madonna im Lied. Ich genoss es, meine Blicke unbemerkt auf ihrem hellrosa Mund und ihren tiefbraunen Augen mit den Kinderwimpern ruhen zu lassen. Brigida verließ das Haus nie ohne ihren sorgfältig gemalten Kleopatra-Blick, doch dies hier neben mir waren ungeschminkte Augen, ohne Wimperntusche. Ihre Kleidung war unauffällig, aber elegant: schwarze Bluse, dünne Strickjacke, schwarze Stoffhose.
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, ich müsse den zierlichen Körper neben mir berühren, wenigstens meinen Fuß ganz dicht neben den ihren stellen. Zum Glück kam gerade unser Gepäck. In wortlosem Einverständnis hoben wir unsere
Koffer vom Band, liefen nebeneinander her, machten gemeinsam einen Bogen um den geduckten Drogenhund am Ausgang und teilten die Menge der Körper, die uns hinter der automatischen Glastür erwartete.
    »Palermo!? Palermo!?«, riefen die Taxifahrer und zerrten an unseren Taschen und Koffern. Sie wollten schon alles in einen Wagen bugsieren, doch meine Lady Madonna schüttelte den Kopf. Sie sagte ein paar leise Worte und zeigte auf mich. Bedauernd sah ich zu, wie mein Gepäck im Kofferraum des zweiten Taxis verschwand. Jetzt war sie gleich fort. Warum hatte ich sie nicht gefragt, wo sie während ihres Aufenthalts
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