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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne
Autoren: Charles Bukowski
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runter. Holst du mich am Flughafen ab?«
    »Klar. Aber wie soll ich dich erkennen?«
    »Ich werde mir eine weiße Rose anstecken.«
    »Fabelhaft.«
    »Hör mal, bist du dir auch sicher, daß ich kommen soll?«
    »Natürlich.«
    »Also gut, dann komme ich.«
    Als ich den Hörer auflegte, mußte ich an Sara denken. Aber Sara und ich waren schließlich nicht verheiratet. Und ich war Schriftsteller. Ich war ein Dirty Old Man. Und Zweierbeziehungen funktionierten sowieso nicht. Nach den ersten beiden Wochen verloren beide Teile das Interesse, die Masken fielen, und Nörgler kamen zum Vorschein, Schwachsinnige, Irre, Rachsüchtige, Sadisten, Killer. Die moderne Gesellschaft hatte sich die Produkte geschaffen, die zu ihr paßten. Man fraß aneinander herum, man duellierte sich auf Leben und Tod in einer Jauchegrube. Zweieinhalb Jahre waren das Äußerste, was man von einer Beziehung erwarten konnte. König Mongut von Siam hatte 9000 Ehefrauen und Konkubinen. König Salomon hatte 700. August der Starke von Sachsen hatte 365. Eine für jeden Tag des Jahres. Nun ja, die konnten sich’s leisten, auf Nummer Sicher zu gehen …
    Ich wählte die Nummer von Saras Restaurant. Sie meldete sich.
    »Hi«, sagte ich.
    »Ich bin froh, daß du anrufst«, sagte sie. »Ich hab gerade an dich gedacht.«
    »Was macht die vegetarische Kundschaft?«
    »Heute war’s gar nicht so schlecht.«
    »Du solltest deine Preise raufsetzen. Du schenkst das Zeug praktisch her.«
    »Wenn ich gerade so über die Runden komme, brauche ich keine Steuern zu zahlen.«
    »Paß auf, mich hat vorhin jemand angerufen.«
    »Wer?«
    »Tanya.«
    »Tanya?«
    »Ja. Wir haben uns ab und zu geschrieben. Meine Gedichte gefallen ihr.«
    »Ich hab diesen Brief von ihr gesehen. Du hast ihn offen rumliegen lassen. Hat sie dir nicht auch dieses Foto geschickt, auf dem sie ihre Muschi herzeigt?«
    »Ja.«
    »Und die kommt dich jetzt besuchen?«
    »Ja.«
    »Hank, du machst mich krank. Noch mehr als krank. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.«
    »Sie kommt her. Ich hab gesagt, ich hol sie am Flughafen ab.«
    »Was willst du eigentlich? Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Vielleicht, daß ich als Mann nicht viel tauge. Es gibt eben solche und solche, verstehst du.«
    »Das ist keine Antwort. Was ist mit dir und mit mir? Mit uns? Ich will dir hier keine Schnulze vorsingen, aber es geht bei mir auch um Gefühle …«
    »Sie kommt jedenfalls her. Heißt das für dich, daß es mit uns beiden aus ist?«
    »Hank, ich weiß nicht. Ich glaub schon. Ich kann so nicht mehr.«
    »Du hast wirklich schon viel Geduld mit mir gehabt. Ich fürchte, ich weiß nicht immer, was ich tue.«
    »Wie lange wird sie bleiben?«
    »Zwei oder drei Tage, nehme ich an.«
    »Ist dir nicht klar, wie mir dabei zumute ist?«
    »Doch, ich glaub schon …«
    »Okay. Ruf mich an, wenn sie wieder weg ist. Dann sehn wir weiter.«
    »Is gut.«
    Ich ging ins Badezimmer und sah mir im Spiegel mein Gesicht an. Es sah fürchterlich aus. Ich zupfte mir ein paar weiße Haare aus dem Bart, dann griff ich zur Schere und stutzte die Büschel, die mir aus den Ohren wuchsen. Hallo. Sensenmann. Jetzt habe ich bald sechs Jahrzehnte auf dem Buckel, und in der Zeit hab ich dir so oft die Chance gegeben, mir eine zu verplätten, daß ich schon längst unter der Erde sein müßte. Wenn’s soweit ist, möchte ich neben der Rennbahn eingescharrt werden. Am besten neben der Zielgeraden …
    Am nächsten Abend war ich am Flughafen. Es war noch Zeit, also ging ich in die Bar. Als ich meine Bestellung aufgegeben hatte, hörte ich jemand schluchzen. Eine Frau. Ich sah mich um. Sie saß ganz hinten in einer Nische. Eine junge Negerin, sehr hellhäutig, wahrscheinlich eine Mulattin. Sie steckte in einem engen blauen Kleid und war ziemlich angetrunken. Sie hatte die Beine auf der Rückenlehne eines Stuhls, ihr Kleid war hochgerutscht und man sah diese glatten aufreizenden Beine in ihrer ganzen Länge. Ich konnte mich nicht davon losreißen. Sämtlichen Männern in der Bar muß der Hosenlatz gespannt haben. Sie war heiß wie nur was. Ich stellte sie mir auf meiner Couch vor, wie sie mir diese Beine herzeigte. Ich trank aus, ließ mir noch einen Drink geben und ging damit zu ihr nach hinten. Ich blieb vor ihr stehen und knickte ein bißchen nach vorn ein, damit die Wölbung in meiner Hose nicht so stark auffiel.
    »Fehlt Ihnen was?« fragte ich. »Kann ich was für Sie tun?«
    »Yeah. Bring mir ’n Stinger.«
    Ich holte ihr einen Stinger.
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