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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne
Autoren: Charles Bukowski
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zwischen Dinky und einer Frau. Es war eigentlich gar nicht so schlecht. Als zahlender Konzertbesucher hätte man es wahrscheinlich ganz gut gefunden. Doch im eigenen Wohnzimmer, wo der Mann vor einem auf dem Teppich saß, hatte man es schwerer, sich ein Urteil zu bilden. Es war viel zu persönlich, und man fühlte sich unbehaglich dabei. Trotzdem, ich hatte den Eindruck, daß er wirklich nicht schlecht war. Sein Problem war nur, daß er allmählich alt wurde. Die goldblonden Locken waren nicht mehr ganz so golden, und die großen unschuldigen Augen hatten etwas von ihrem Glanz und ihrer Unschuld verloren. Er würde es bald schwer haben.
    Wir applaudierten.
    »Is ja stark, Mann«, sagte ich.
    »Wirklich? Es gefällt dir, Hank?«
    Ich wedelte mit der Hand durch die Luft.
    »Weißt du«, sagte er, »ich hab mich für deine Sachen schon immer begeistert.«
    »Vielen Dank.«
    Er stürzte sich in seinen nächsten Song. Diesmal ging es um seine Verflossene, die einmal eine ganze Nacht weggeblieben war. Einiges klang ganz humorig, wenn ich mir auch nicht sicher war, ob es so wirken sollte. Jedenfalls, Dinky brachte den Song zu Ende, wir applaudierten, und er begann mit dem nächsten. Er war jetzt inspiriert, und seine Stimme bekam noch mehr Volumen. Seine Zehen krümmten sich in seinen Tennisschuhen. Er deckte uns voll damit ein. Doch etwas stimmte nicht mit ihm. Sein Sound und die Art, wie er sich gab – es paßte nicht recht zusammen. Dabei war das Ergebnis viel besser als das, was man sonst so zu hören bekam. Es bedrückte mich ein wenig, daß es mir nicht gelang, ihm einfach ein Kompliment zu machen, ohne Einschränkung. Aber hätte ich ihm vorlügen sollen, er sei ein großes Talent, nur weil er bei mir auf dem Teppich saß? Das wäre unverzeihlich gewesen. Es hätte ihn nur dazu ermuntert, sein Leben mit etwas zu verplempern, wozu es bei ihm nicht ganz reichte. Das Lobhudeln besorgten schon andere. Freunde und Verwandte vor allem.
    Dinky war bereits an seinem nächsten Song. Er war entschlossen, uns alle zehn vorzutragen. Wir hörten es uns an und klatschten. Mein Applaus hielt sich sehr in Grenzen.
    »Diese dritte Zeile, Dinky. Die hat mir nicht gefallen.«
    »Aber die muß sein, verstehst du, weil …«
    »Ich weiß.«
    Dinky machte weiter. Er sang sie uns alle vor. Er verschnaufte zwischendurch, und es dauerte recht lange, bis er durch war. Als das neue Jahr schließlich anbrach, saßen Dinky und Janis und Sara und Hank immer noch beisammen. Doch die Gitarre war jetzt wieder in ihrem Kasten.
    Gegen ein Uhr verabschiedeten sich Dinky und Janis. Sara und ich gingen zu Bett. Wir umarmten und küßten uns, und ich konnte mich kaum noch beherrschen. Ich war, wie gesagt, ein Kuß-Freak. Eine Frau, die sich auf Küssen verstand, war eine Seltenheit. Im Fernsehen und im Kino bekam man es nie anständig geboten. Wir lagen da im Bett, rieben uns aneinander, die Küsse wurden immer leidenschaftlicher, und Sara ließ sich richtig gehen. Ich fragte mich, ob es auch diesmal so sein würde wie immer: über uns der unsichtbare Drayer Baba mit dem wachsamen Blick, und Sara mit meinem Schwanz in der Hand, den sie an ihren Mösenhaaren wundscheuerte …
    In diesem Stadium waren wir jetzt angelangt. Doch plötzlich stellte Sara das Rubbeln ein, packte energischer zu und steckte ihn bei sich rein.
    Das traf mich unvorbereitet. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Rauf und runter, nicht? Oder vielmehr, rein und raus. Es war wie beim Fahrradfahren – wenn man es einmal beherrschte, verlernte man es nicht mehr. Sie war wirklich eine prachtvolle Frau. Ich konnte es nicht länger zurückhalten. Ich packte ihr rotblondes Haar, drückte meine Lippen auf ihren Mund, und es kam mir.
    Sie stand auf und ging ins Badezimmer, und ich sah hinauf an meine blaue Zimmerdecke und sagte: Drayer Baba, vergib ihr. Doch da er nie etwas sagte und auch kein Geld nahm, konnte ich ihn weder bezahlen noch eine Antwort von ihm erwarten.
    Sara kam zurück. Sie war schlank und braungebrannt, wirkte fast schmächtig, aber sie strahlte etwas aus, das mich vollkommen in Trance versetzte. Sie legte sich wieder ins Bett, und wir gaben uns einen zärtlichen, verliebten Kuß.
    »Happy New Year«, sagte sie.
    Und dann schliefen wir eng umschlungen ein.

101
    In der Zwischenzeit hatte ich mit Tanya weitere Briefe gewechselt, und am Abend des 5. Januar rief sie mich an. Sie hatte eine hohe aufgeregte Stimme, die an Betty Boop erinnerte. »Ich fliege morgen abend zu dir
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