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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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ein zukunftsweisendes Bild.
    Niemand sonst achtete darauf, und für sie war es auch ziemlich uninteressant. Sie wandte den Blick ab.
     
    Eine grün-rote Flamme schoss in gekrümmte Kanäle aus Stahl und Beton. Das Licht breitete sich pulsierend über die Steppe aus und erfasste Vitali. Der gleißend helle Schein überblendete die trüben Flutlichter, die noch immer die Stufenrakete anstrahlten, und sogar die leuchtende Sonne über der Steppe. Und bevor das Schiff sich noch vom Boden gelöst hatte, erreichte ihn der Schall. Es war ein Donner, der ihn förmlich durchrüttelte.
    Vitali ignorierte den stechenden Schmerz im Arm und in der Schulter und das taube Gefühl in Händen und Füßen. Er stand auf, öffnete den Mund mit den rissigen Lippen und schrie gegen dieses göttliche Inferno an. In solchen Momenten wurde er wie immer zu einem sentimentalen alten Narren.
    Um ihn herum tobte das Chaos. Die Leute, die halb verhungerten, schlecht ausgebildeten Techniker und die feisten, korrupten Manager hatten schlagartig das Interesse am Start verloren. Sie drängten sich vor Funkgeräten und Palmtop-Fernsehgeräten, juwelenartigen SoftScreens, die erstaunliche Bilder aus Amerika zeigten. Vitali kannte die Einzelheiten nicht und wollte sie auch gar nicht wissen; er wusste auch so, dass Hiram Patterson sein Versprechen beziehungsweise seine Drohung wahrgemacht hatte.
    Noch in dem Moment, wo sein schöner Vogel, die letzte Molnija, sich vom Boden erhob, erkannte er, dass er keine Zukunft mehr hatte.
    Vitali straffte sich. Er war entschlossen, die Rakete so lang zu verfolgen, bis dieser Lichtpunkt an der Spitze der großen Rauchsäule mit dem All verschmolz…
    Der Schmerz im Arm und in der Brust wurde schier unerträglich, als ob eine knochige Hand zupackte. Er rang nach Luft und versuchte noch immer, sich auf den Beinen zu halten. Plötzlich wurde er in ein anderes Licht getaucht, das noch heller war als das Raketenlicht, das die Steppe von Kasachstan überflutete; dann wurde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen.

 
2

DAS GEISTIGE AUGE
     
     
    Während Kate über Land chauffiert wurde, ließ sie die für Seattle typische Landschaft auf sich wirken: Grüne Hügel, die zum Meer hin abfielen und vom grauen Herbsthimmel überwölbt wurden.
    Hirams Anwesen – eine riesige geodätische Kuppel – mutete wie ein Ufo an, das auf einem Hügel gelandet war. Es war eins der hässlichsten und bizarrsten Gebäude, die Kate je gesehen hatte.
    Bei der Ankunft übergab sie ihren Mantel einer Drohne. Ihre Identität wurde überprüft – wobei nicht nur die Implantate gelesen wurden, sondern wahrscheinlich auch ein Musterabgleich zur Identifikation des Gesichts erfolgte und sogar eine noninvasive DNA-Sequenzierung. Das alles war eine Sache von Sekunden. Dann wurde sie von Hirams Robot-Dienern ins Haus geführt.
    Hiram war bei der Arbeit. Das wunderte sie nicht. Das halbe Jahr seit der Einführung seiner wurmlochgestützten DataPipe- Technologie war für ihn das arbeitsreichste und für OurWorld laut Aussage der Analysten das bisher erfolgreichste gewesen. Zum Abendessen sei er wieder zurück, sagte die Drohne. Also wurde sie zu Bobby gebracht.
     
    Im großen Raum herrschte Zimmertemperatur. Die Wände waren so kahl wie in einer Gefängniszelle. Das Licht war trübe, der Schall nachhallfrei und gedämpft. Das Mobiliar bestand aus ein paar Liegen aus schwarzem Leder. Neben jeder Liege stand ein Beistelltisch mit einem Wasserhahn und einem Tropf.
    Und da lag Bobby Patterson, wohl einer der reichsten und mächtigsten jungen Männer des Planeten, im Dunkeln allein auf einer Couch. Die Augen waren offen, aber blicklos, und die Gliedmaßen waren schlaff. Ein Metallband spannte sich um die Schläfen.
    Sie setzte sich auf eine Liege neben Bobby, musterte ihn und sah, dass er schwach atmete. Der Schlauch, den er in einen Stunt im Arm geschoben hatte, versorgte den degenerierten Körper.
    Er war mit einem weiten schwarzen Hemd und einer kurzen Hose bekleidet. Wo die Kleidung auf dem Körper auflag, zeichneten sich Muskelstränge ab, was aber kein Indiz für einen gesunden Lebensstil war. Heute war es möglich, einen solchen Körper durch Hormonbehandlungen und elektrische Stimulation zu formen. Diese Art des ›Bodybuilding‹ vermochte man auch im Liegen auszuüben, gleich einem Patienten, der auf der Intensivstation im Koma lag.
    Er hatte den Mund geöffnet, und Speichel sickerte aus dem Mundwinkel. Sie wischte ihn mit dem Zeigefinger ab
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