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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition)
Autoren: Cyrus Darbandi
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wenn es an der Zeit ist.«
    Der Satz gefiel ihr. Er brachte sie zum Lächeln.
    Mevissens Vater fand, dass sie ein beeindruckendes Lächeln besaß und dass es sich lohnte, hinter diesem Lächeln so viel mehr zu entdecken.
    »Darf ich bleiben?«, fragte sie, »nur für eine Weile.«
    »Solange du willst.«

EPILOG
    Sein Vater fiel an einem der ersten sonnigen Nachmittage seit langem ins Koma. Die JVK-Leitung erreichte ihn nicht in seinem Büro, weil er immer noch vom Dienst suspendiert war. Es war Kleber, der ihn bei Erin anrief und es ihm mitteilte. In letzter Zeit hielt sich Abraham wieder viel öfter in Erins Nähe auf. Es hatte auch damit zu tun, dass Judith aus Paris und Tyler aus Baltimore auf irgendeine magische Weise Zeitfenster in ihrem Leben eingerichtet hatten, um zu ihnen zu gelangen, so als spürten sie mit dem Instinkt liebender Kinder, dass sie beide sie jetzt bei sich brauchten.
    »Was willst du tun?«, fragte ihn Erin. Sie saßen alle zusammen in der Küche, so wie früher.
    »Ich werde zu ihm gehen«, sagte Abraham. »Aber ich werde weder seine Hand halten noch um ihn weinen.«
    Und er tat tatsächlich nichts von beidem.
    Jüdische Trauer und Beerdigungsrituale schreiben vor, dass ein Begräbnis so schnell wie möglich durchzuführen ist. Strenggläubige bitten darum, dass vom Moment ihres Todes bis zum Begräbnis nicht mehr als eine Stunde vergeht.
    Abraham hielt sich daran.
    Er blieb alleine auf dem Friedhof zurück, als die anderen schon gegangen waren. Levy hatte ihn zu sich und Sarah eingeladen und diesmal würde er sie nicht enttäuschen. Er brauchte jetzt einen Freund.
    Die Kälte der letzten Monate war weitergezogen und hatte die Stadt aus ihrer Umklammerung entlassen. Es versprach, ein schöner, warmer Frühling zu werden.
    Abraham rauchte eine Zigarette und überlegte, ob ihm mit Lydia Beenhakker eine mögliche Zukunft offenstand. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Dann ertappte er sich dabei, wie er auch an Erin dachte. Er schüttelte den Kopf. Eigentlich bist du nicht der Typ, der zwischen zwei Frauen pendelt, dachte er. Vielleicht brauchst du einfach ein wenig Zeit, um darüber nachzudenken.
    Seine Hand glitt in seine Manteltasche und strich über das Flugticket nach Israel. Nur eine Möglichkeit, dachte er. Ich kann es einlösen oder stornieren.
    Kleber brachte ihm den Brief nach Feierabend vorbei.
    »Du wirst dringlich vermisst«, sagte er.
    »Ach ja, sag bloß.«
    »Von mir, von Carla, auch vom ollen Kossack und …«
    »Ja?«
    »Das war’s auch schon.« Sie lachten.
    Kleber hatte den Brief, an »Herrn Kriminalhauptkommissar Frank Abraham« adressiert, eigentlich entsorgen wollen, »du hast in letzter Zeit schon zu viel um die Ohren gehabt«, aber sich dann dagegen entschieden. »Denn andererseits: Du hättest mir ansonsten doch die Hölle heißgemacht, Boss.«
    Der Brief war von Beck.
    Abraham dachte sofort an Krawczyk. In letzter Zeit verspürten seine Killer ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Kommunikation. Er würde den Brief lesen, aber nicht auf ihn antworten.
    Das tat er nie.
    Beck war querschnittsgelähmt, unwiderruflich, ein Krüppel. Seine Arme und Hände funktionierten hingegen noch. Sein Kopf auch. Eine eigene Terrorzelle.
    Sehr geehrter Herr,
    ich nenne Sie nicht beim Namen, denn was bedeuten Namen: nichts. Sie haben mich geschnappt, na und? Wenn nicht Sie, dannein anderer. Trotzdem, im Nachhinein bin ich froh, dass ausgerechnet Sie es waren. Ich habe, als ich im Krankenhaus lag, von Bullengesichtern bewacht wie der tollwütige Köter, der ich nun einmal bin, lange über Sie nachdenken können. Ich habe nämlich zuvor auch einiges rausgekriegt bzw. mein Anwalt, dieser alte Lutscher springt, wenn ich kläffe, und wenn ich die Zähne fletsche, dann guckt er immer so seltsam. Als sei ich geistesgestört. Er will auch darauf plädieren. Mir ist’s egal, die Gitterstäbe sind ohnehin die gleichen, und wir beide wissen, dass ich nicht verrückter bin als Ihr Vater.
    Ja, ich weiß Bescheid. Herzliches Beileid übrigens. Ich hoffe, er hatte einen langsamen Tod. Sie auch? Ganz bestimmt. Waren Sie auf seiner Beerdigung, oder wurde er einfach so verscharrt? Natürlich kann er sich nicht mit mir messen, er hatte einfach nicht genug Zeit, um auf meine Quote zu kommen, aber LUST hatte er ganz bestimmt … und das wäre jetzt meine Frage an Sie, Herr Polizist, Sohn eines Mörders, gleiches Blut, gleiche Gene, meine Frage ist: TRÄUMEN SIE JETZT, WO ER TOT IST, IMMER NOCH VON IHM ? Und
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