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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder
Autoren: Christa Canetta
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ich neben Ihnen stehen, Miss Mackingtosh, Sie sind dann nicht allein.“
    „Danke, Sergeant Marloff.“ Sie reichte ihm erleichtert die Hand. „Ich heiße Lena.“
    „Und ich bin Robert, aber Sie können Bob zu mir sagen.“
    In einem Supermarkt kaufte Lena Lebensmittel und Hundefutter und wusste tief in ihrem Herzen, dass sie Paso Fernando nicht verlassen konnte.

Kapitel 3
    Die Beerdigung von Dr. Martin Mackingtosh und seiner Frau Emily verlief ganz anders, als Lena sie sich vorgestellt hatte. Der kleine Friedhof von Barcaldine konnte die Menschenmenge kaum fassen, die gekommen war, um Abschied von einem sehr beliebten Arzt zu nehmen und seiner Tochter in dieser schweren Stunde beizustehen.
    Wie versprochen stand Robert Marloff, der Sergeant, am Grab neben ihr. An ihrer anderen Seite stand Dr. Daniel Finerfield und hinter ihm alle Kollegen und Freunde mit ihren Partnern aus Glasgow. Sogar Professor Trabensting war gekommen, und wie Lena später erfuhr, hatte er für die anschließende Zusammenkunft aller Teilnehmer im Hotel Creach Bheinn gesorgt.
    Auf der anderen Seite hinter dem Sergeant hatten sich die Dorfbewohner von Broadfield und zahlreiche Patienten aus dem Umland vom Benderloch geschart, um ihrem geschätzten Arzt die letzte Ehre zu erweisen. Sogar Alpakazüchter aus Fasnacloich waren gekommen.
    Lena hatte keine Möglichkeit, sich mit Kollegen oder Freunden zu unterhalten. Es gab zu viele Hände zu schütteln, Beileidsbekundungen entgegenzunehmen und Fragen zu beantworten. Fragen, auf die sie selbst keine Antwort wusste. Erst ganz zum Schluss, als der Sonderbus aus Glasgow, der die Kollegen nach Barcaldine gebracht hatte, schon vorgefahren war, nahm Professor Trabensting sie kurz zur Seite. „Ich weiß, das ist heute nicht der richtige Augenblick um über Ihre Zukunft zu entscheiden, Dr. Mackingtosh, ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir nicht allzu viel Zeit haben. Bitte entscheiden Sie sich bald, ob Sie bei uns bleiben. Sie wissen, wir leiden unter einem großen Ärztemangel und können einen Posten wie den Ihren nicht lange unbesetzt lassen.“
    Lena, die wusste, dass diese Frage auf sie zukommen würde, hatte sich bereits entschieden, nicht zuletzt nach den kurzen Gesprächen mit Patienten ihres Vaters.
    „Professor Trabensting, ich danke Ihnen für Ihr Verständnis und vor allem für Ihr Engagement heute. Ohne Sie hätte ich das alles nicht geschafft und auch nicht finanzieren können. Deshalb will ich eine Entscheidung über meine Zukunft nicht lange hinauszögern. Ich bin gebeten worden, in Broadfield zu bleiben und die Praxis meines Vaters zu übernehmen. Außerdem muss ich mich um die Alpakazucht meiner Mutter kümmern, obwohl ich keine Ahnung habe, wie ich damit fertigwerden soll.“
    Der Professor legte ihr eine Hand auf die Schulter und sagte eher väterlich denn als Vorgesetzter: „Dr. Mackingtosh, Sie sind eine gute Ärztin, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Sie sind verantwortungsbewusst und zuverlässig, energisch und konsequent, ich bin sicher, Sie werden Ihren Weg gehen. Wie das allerdings mit den kleinen Kamelen läuft, das weiß ich auch nicht. Aber auch da werden Sie einen Weg finden.“
    Drei Tage später zog Lena ihren weißen Arztkittel an, nahm das Schild von der Tür und öffnete die Praxis. Sie hatte die Zeit genutzt und eine Speditionsfirma mit dem Umzug beauftragt, sich in Glasgow im Krankenhaus verabschiedet, bei Ämtern, Banken und Versicherungen ab- und in Barcaldine und in Broadfield angemeldet sowie die Ärztekammer von ihrem Wechsel in Kenntnis gesetzt.
    Jetzt stand sie vor der Tür und sah hinunter auf die grünen Hügel der Highlands, auf die Dächer des Dorfes, auf die Gärten und Felder, die trotz aller Arbeit immer nur eine geringe Ernte versprachen. Nein, dachte sie, reich wird hier kein Mensch. Es reicht immer nur für das Nötigste. Von meinen Träumen, eine bekannte Ärztin zu werden, einen berühmten Namen zu haben und ein gutes Gehalt zu bekommen, muss ich mich verabschieden. Ohne Mutters Alpakazucht hätten meine Eltern mir das Studium nicht finanzieren können, denn von den verschiedenen Naturalien oder den Weihnachtsputen, mit denen die Dörfler oft genug Vaters Rechnungen bezahlten, hätte ich nicht studieren können.
    Sie dachte einen Augenblick nach. Im Krankenhaus in Glasgow habe ich meine Träume einfach vergessen, wenn uns die Arbeit beschäftigte und man das erlösende Gefühl hatte, alles wird gut. Wir waren ein wunderbares,
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