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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder
Autoren: Christa Canetta
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Verständnis habe. Schauen Sie sich Ihre Karte mal genauer an, dann sehen Sie, dass sich dieses Waldgebiet kilometerweit erstreckt, wie kann man denn da nach einem Dorf suchen.“
    Lena zuckte mit den Schultern. „Ich bin zum ersten Mal in dieser Gegend unterwegs, und viel Übung im Landkartenlesen habe ich auch nicht. Ich bin, wenn Sie so wollen, ein Großstadtmensch und kenne mich nur mit Busfahrplänen aus.“ Sie ging um den Wagen herum und stieg schnell ein, bevor dieser Grobian ohne sie abfuhr. Mühsam kletterte sie mit dem engen Kostümrock auf den Sitz. Unhöflich ist er auch noch, dachte sie und zog die Tür ins Schloss.
    „Und warum haben Sie Ihren Schuh in der Hand?“
    „Die Verschlusslasche ist abgerissen, ich habe ihn dauernd verloren.“
    Patrick beruhigte die Hunde, die wieder leise knurrten. Dann startete er den Motor und fuhr am Waldrand entlang bis zu einer kaum sichtbaren Spur, die vom Wald in das Moor führte.
    „Was machen Sie eigentlich hier? Touristenattraktionen gibt es nicht.“
    „Ich muss Land und Leute kennenlernen“, erwiderte Lena ebenso kurz angebunden. „Ich übernehme die Arbeit meines Vaters in Broadfield und wollte einen Patienten besuchen.“
    Verblüfft sah Patrick die junge Frau an. „Dann sind Sie die Person, die ihre Alpakas unversorgt auf der Weide stehen lässt.“
    „Ich arbeitete in einer Glasgower Klinik und hatte keine Ahnung von dem Unfalltod meiner Eltern. Aber, wenn es Sie beruhigt, die Alpakas haben ihren unversorgten Zustand, wie Sie das nennen, gut überstanden.“
    Wenig später hatten sie Lenas Wagen erreicht.
    „Wie kann man denn mit so einem Stadtwägelchen in die Berge fahren?“ Patrick war verblüfft, als er den Mini Cooper sah, der nur noch mit dem Verdeck aus dem trockenen Moor ragte.
    „Ich bin durch halb Europa damit gefahren, aber so ein Gelände ist er nicht gewohnt.“
    „Man sieht’s. Steigen Sie ein, und lösen Sie alle Bremsen.“
    „Ich kann die Türen nicht öffnen, sie stecken im Morast fest.“
    „Und wie sind Sie rausgekommen?“
    „Durch das Verdeck.“
    „Na bitte.“
    Lena war frustriert. Wollte er etwa zuschauen, wie sie sich durch das kleine Verdeck quälte? Vorhin hatte sie den Rock ausgezogen um sich besser bewegen zu können. Sie konnte doch nicht im Beisein dieses fremden Mannes hier im Höschen herumklettern.
    Unschlüssig sah sie auf das kleine Verdeck.
    „Na, was ist? In einer halben Stunde wird es dunkel.“
    „Drehen Sie sich bitte um, ich muss meinen Rock ausziehen.“
    „Ich weiß, wie die Beine einer Frau aussehen“, erwiderte Patrick brummig, drehte sich aber um.
    Lena zog den Rock aus und schob ihn mit dem Schuh zusammen durch das Verdeck. Dann kletterte sie hinterher, löste die Handbremse und kontrollierte, dass kein Gang eingelegt war. „Alles bereit“, rief sie ihm zu.
    Der Wildhüter hatte ein Abschleppseil aus seinem Wagen geholt, befestigte es hinten an der Abschlepphalterung des Mini Coopers, prüfte den Boden und ging ein Stück am Moorrand entlang.
    „Hier vorn wird das Gelände flacher, ich ziehe Sie bis hierher und dann aus dem Sumpf. Halten Sie das Lenkrad gerade, bis ich seitwärts blinke, dann lenken Sie den Wagen nach links. Verstanden?“
    „Ich bin nicht schwerhörig.“
    „Aber ein Großstadtmensch, wie Sie vorhin sagten.“
    Lena sparte sich die Antwort und konzentrierte sich auf den Wagen. Der Rover fuhr langsam an, bis das Seil spannte. Dann zog er, und ihr Mini kratzte durch das Moor. Wurzeln, Steine und Sand schrammten an den Seiten entlang. Du meine Güte, dachte Lena entsetzt. Der Wagen ist Schrott, wenn ich hier jemals herauskomme. Ich kann ihn nicht einmal mehr in Zahlung geben, wenn ich einen anderen Wagen kaufe. Dann wurde der Boden flacher, der Rover blinkte links, Lena steuerte in die gleiche Richtung, und dann war sie draußen.
    Befreit atmete sie auf. „Danke“, rief sie dem Ranger zu.
    „Fahren Sie hinter mir her, ich bringe Sie zur Brücke von Connel, und dann haben Sie freie Fahrt in Ihre Großstadt.“
    „Könnte ich mir erst noch meinen Rock anziehen? Außerdem: Ich fahre nicht nach Connel. Ich muss zurück und mich um meine Alpakas in Broadfield kümmern. Danke, dass Sie mich vorhin an die Herde erinnert haben.“
    „Wurde ja höchste Zeit, dass sich jemand darum kümmert.“
    „Ich weiß, ich habe nur im gleichen Augenblick erfahren, dass meine Eltern tot sind, das war dann erst einmal wichtiger als die Versorgung von hundertzwanzig lebenslustigen
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