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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff
Autoren: Alexander Kent
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Stadt London, an die sie sich bis weit in ihre Kindheit zurück erinnerte. Und manche von diesen Erinnerungen hatte sie Bolitho gezeigt.
    Auf der holprigen Landstraße war die Reise in der Kutsche anstrengend gewesen. Blattlose Bäume säumten im kalten Mondlicht die Straße, und immer wieder schütteten Wolken Regen über sie aus. Gelegentlich hatten sie angehalten, um sich zu stärken, doch ehe sie selbst ein Gasthaus betrat, hatte Yovell, Bolithos pummeliger Sekretär aus Devon, es stets inspiziert. Mehrmals war er in die Kutsche zurückgeklettert und hatte mit bösem Kopfschütteln dem jungen Kutscher Matthew weiterzufahren befohlen: kein Gasthaus für eine Lady.
    Die vier Männer hatten sie fabelhaft umsorgt, hatten die kupferne Wärmepfanne für ihre Füße bei jedem Halt mit heißem Wasser gefüllt und sie selbst gut in wärmende Decken und ihren langen Samtmantel gehüllt. Obwohl sie eine sehr selbständige Frau war, hatte sie diese Fürsorge genossen.
    Trotzdem, nach Falmouth wirkte dieses Haus jetzt seltsam kühl und fremd. Catherine war dankbar, daß in den meisten Räumen ein Kaminfeuer brannte. Wehmütig dachte sie an Bolithos Haus unterhalb von Pendennis Castle und war überrascht, wie sehr sie sich dorthin zurücksehnte. Sie hörte Allday in der Küche lachen; jemand anderer, wahrscheinlich Ozzard, der treue, stille, schmächtige Steward, legte polternd Holzscheite auf ein Feuer.
    Während der langen Reise hatte sie, als Yovell schlief und Ozzard draußen neben, dem Kutscher saß, lange mit Allday gesprochen, hatte ihm zugehört, als er von den frühen Jahren des Mannes erzählte, den sie liebte. Er hatte von den Schiffen gesprochen, auch von den Schlachten, obwohl er da sehr allgemein blieb und nicht versuchte, sie zu beeindrucken oder ihr Angst zu machen. Er sprach zu ihr fast wie ein alter Freund.
    Als sie mehr über Herrick wissen wollte, war Allday ausgewichen.
    »Ich habe ihn kennengelernt als einen der Leutnants unter Kapitän Bolitho auf der
Phalarope –
1782 war das wohl.« Allday grinste. »Ich war nicht freiwillig an Bord, müssen Sie wissen.« Das schien ihn zu amüsieren. »Als der Kommandant damals von Bord ging, nahm er uns beide mit, Bryan Ferguson und mich. Später wurde ich sein Bootssteurer.« Er schüttelte den Kopf. »Viel ist passiert seit damals!«
    Als sie weiterfragte, sah er ihr in die Augen. »Konteradmiral Herrick ist ein sturer Hund, wenn Sie das Wort verzeihen, Mylady. Ein ehrenwerter Gentleman, was ja selten ist heutzutage, aber …«
    Catherine spürte seine Unsicherheit. »Sir Richard macht sich um Herrick große Sorgen. Er ist sein ältester Freund, stimmt’s?«
    »Ja, nach mir, Mylady. Aber die Leute ändern sich nicht, egal was kommt. Auch Sir Richard hat sich nie geändert. Jetzt mag er Admiral sein und für die meisten sogar ein Held. Aber ich erkenne in ihm immer noch den jungen Kapitän, der beim Tod eines Freundes weinte.«
    »Erzähl’ mir davon, Allday. Es gibt so viele Lücken, die ich füllen muß.«
    Die Kutsche war in eine tiefe Spur gerutscht, und murrend war Yovell davon erwacht. »Wo sind wir?« fragte er benommen, und als man es ihm gesagt hatte, nickte er wieder ein.
    Allday sah seine Herrin an wie seinerzeit in English Harbour, als ihr Mann noch lebte. Damals war Bolitho wieder ihr Geliebter geworden – nach einer dummen Trennung. »Ich rate Ihnen, Mylady, zerbrechen Sie sich nicht den Kopf. Auf der Reise zum Kap werden Sie ihn so kennenlernen, wie wir ihn kennen: nicht den Mann, der von See heimkehrt, sondern den Offizier des Königs.«
    Und jetzt stand sie allein in dem Raum, in dem sie einander so fordernd geliebt hatten, als ob sie die vielen Jahre der Trennung nachholen wollten.
    Sie dachte an Valentine Keen, an sein besorgtes Gesicht, als er sich mit ihr über seine Ehe mit Zenoria unterhalten hatte. Wieder ein Geheimnis: Sie waren eine Gruppe enger Freunde – Oliver Brownes kleine Schar Auserwählter –, und doch herrschte zwischen Herrick und Keen eine seltsame Kühle. Wegen Zenoria?
    Sie hatte Richard nie verraten, was sie in Adam Bolithos, seines Neffen, Gesicht gesehen hatte, als Keen und Zenoria in der Kirche getraut wurden. Vielleicht hatte sie sich ja geirrt? Aber sie wußte, daß das nicht der Fall war. Sie besaß genug Lebenserfahrung, um damals zu erkennen, daß Richards Neffe, den er wie einen Sohn liebte, Kapitän Keens Frau Zenoria begehrte.
    Adam war jetzt selbst Kommandant, noch ein sehr junger, und seine erste Fregatte,
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