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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff
Autoren: Alexander Kent
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genossen oder das Glücksspiel in den Salons gegenüber. Dies war London, wie Bolitho es mittlerweile haßte, ein arrogantes, gedankenloses London ohne Mitgefühl.
    »Warte irgendwo in der Nähe, Matthew.« Er bemerkte Alldays großen Schatten. »Du bleibst an meiner Seite, alter Freund.«
    Die Tür schwang nach innen auf, noch ehe das Echo der Glocke ganz verhallt war. Ein Lakai wartete wie ein Schattenriß vor dem Licht. »Sir?«
    »Sir Richard Bolitho, du Dussel!« knurrte Allday.
    Mit einer Verbeugung trat der Lakai rückwärts in die Halle. Sie war neu dekoriert und hatte jetzt rote Vorhänge. Die er bei seinem letzten Besuch gesehen hatte, waren andere gewesen, aber damals auch neu.
    Bolitho hörte murmelnde Stimmen und Gelächter aus dem Eßzimmer im ersten Stock: ganz und gar nicht das, was er erwartet hatte.
    »Wenn Sie hier bitte warten würden, Sir Richard?« Der Lakai hatte sein Selbstbewußtsein wiedererlangt. »Ich werde Ihre Ankunft melden.«
    Er öffnete eine Tür, und auch an dieses Zimmer erinnerte sich Bolitho, obwohl ebenfalls viel verändert worden war – auf teure Weise. Hier hatte er Belinda zur Rede gestellt über ihr Komplott mit Viscount Somervell, Catherines verstorbenem Mann. Sie hatten Catherine unter falschen Vorwürfen in den Schuldturm bringen lassen und schließlich deportieren wollen, um sie für immer loszuwerden. Nie würde er ihren Anblick in jenem dreckstarrenden Gefängnis vergessen, das voller Geisteskranker und Schuldner gewesen war. Catherine hätte niemand deportieren können, sie wäre eher gestorben. Nein, das würde er Belinda nie vergessen.
    »Oh, Sir Richard!«
    In der offenen Tür sah Bolitho eine Dame stehen und erkannte sie sofort: Lady Lucinda Manners gehörte zu Belindas engsten Freundinnen: blondes Haar, hochaufgetürmt, und ein so tiefer Ausschnitt, daß er fast den ganzen Busen enthüllte. Sie beobachtete ihn mit einem Lächeln.
    »Lady Manners?« Bolitho verbeugte sich kurz. »Ich habe Belindas Nachricht bei meiner Ankunft in London erhalten. Vielleicht …«
    »Vielleicht, Sir Richard, darf ich Sie unterhalten, bis Lady Bolitho ihre Gäste alleinlassen kann?«
    Da entdeckte sie Allday hinter der Tür. »Ich dachte, Sie sind allein gekommen …«
    Bolitho blieb unbewegt. »Das ist Mr. Allday, mein Begleiter. Ein Freund.«
    In der großen Halle stand ein Sessel mit hoher Rückenlehne. Vorsichtig ließ Allday sich darin nieder. »Ich bleibe in der Nähe, Sir Richard. Wenn Sie mich brauchen …«
    Das Licht einer Kerze spiegelte sich kurz im Messingknauf der Pistole, die Allday unter seiner Jacke trug.
    Auch Lady Manners hatte das Blitzen bemerkt und sagte etwas zu heiter: »Sie haben in diesem Haus nichts zu befürchten, Sir Richard.«
    Er antwortete ruhig: »Gut zu wissen, Madam. Wenn Sie jetzt bitte das Gespräch arrangieren würden?«
    Lady Manners ging, und oben verstummte alles Reden, als lausche das Haus selber; Bolitho hörte Belindas Rock am Geländer entlangstreifen, als sie die schöne Treppe herabstieg. Auf der zweiten Stufe blieb sie stehen und schaute ihn so prüfend an, als suche sie nach etwas Verlorenem.
    »Endlich kommst du, Richard!« Sie streckte ihre Hand aus, aber er blieb stehen.
    »Laß uns nicht Theater spielen. Ich kam wegen des Kindes. Das ist schließlich meine …«
    »Pflicht, meinst du? Das wolltest du doch sagen. Sicherlich kamst du nicht aus Sorge.«
    Bolitho schaute sich kritisch in dem reichdekorierten Raum um. »Meine Fürsorge für euch ist offenbar mehr als ausreichend und sicherlich erheblich größer als verdient.«
    »Ich möchte das nicht vor der Dienerschaft diskutieren«, sagte sie hart. »Weder vor deiner noch vor meiner.«
    »Darunter verstehen wir Verschiedenes.« Bolitho stellte fest, daß er sie ohne Haß anschauen konnte, sogar ohne jedes Gefühl. Er hatte sie nur aus einem einzigen Grund geheiratet: weil sie ihn so sehr an seine erste Frau erinnert hatte, an Cheney. Das hatte Belinda ihm oft genug vorgeworfen.
    »Allday hat alle Gefahren dieses verdammten Krieges mit mir geteilt. Er ist einer von den Männern, die jeden Tag ihr Leben riskieren, damit ihr hier herrlich und in Freuden leben könnt.« Plötzlich ungeduldig, fragte er: »Also, wie geht es Elizabeth?«
    Einen Augenblick schien es, als wolle sie kontern, doch dann gab sie auf. »Komm mit!«
    Allday beugte sich so weit vor, daß er erkennen konnte, wo sie oben auf der Treppe verschwanden. Hier mußte man sich nicht allzu viele Sorgen machen, entschied
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