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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff
Autoren: Alexander Kent
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Crowfoot zu suchen, Val. Sie ist heute unsere einzige Hoffnung.«
    Keen sah zu den Rudergängern hinüber, wo Julyan sich mit zwei Gehilfen unterhielt. »Ich weiß, Sir.«
    Bolitho trank einen Schluck Wasser, den ihm ein Junge anbot. Was machte Herrick jetzt? Hatte er seine kleinen Patrouillenschiffe zusammengezogen und war zur Verstärkung hierher unterwegs? Aber wahrscheinlich würde er sich auf dem Vierundsiebziger
Matchless
einschiffen, den sein neuer Erzfeind Kapitän Lord Rathcullen kommandierte. Die Reparatur mußte längst beendet sein, und die Ankunft eines weiteren Linienschiffs würde jedenfalls eine Invasionsflotte beeindrucken, die dem Kampf eigentlich ausweichen wollte.
    Der ständige Vergleich dieser Ereignisse mit denen, die zu Herricks Kriegsgerichtsverhandlung geführt hatten, zerrte an Bolithos Nerven. In ihrem Brief hatte Catherine kurz den plötzlichen Tod Hector Gossages erwähnt, damals Herricks Flaggkapitän in jener verhängnisvollen Geleitzugschlacht. Nachdem er einen Arm verloren hatte, war Gossage nie wieder richtig gesund geworden. Auch die unerwartete Beförderung zum Konteradmiral hatte ihn vor dem Wundbrand nicht schützen können. Wie hätte seine Aussage wohl gelautet, wenn er sein nahes Ende geahnt hätte? Bolitho dachte sich seinen Teil, aber ohne Beweise konnte er natürlich nicht darüber reden. Wie auch immer – Gossage hatte Herricks Karriere und wahrscheinlich sogar sein Leben gerettet.
    »Sie bilden jetzt zwei Schlachtlinien, Sir!« meldete Keen. Bolitho hob sein Glas und war sich dabei bewußt, daß Midshipman De Courcy ihn genau beobachtete. Ein Admiral von morgen. Wie anders seine Marine wohl aussehen würde, dachte er und konzentrierte sich auf die beiden Führungsschiffe. Ihre Segel killten, die Fregatte kreuzte zwischen ihnen wie ein Terrier zwischen mächtigen Bullen.
    Die Masten und Rahen der Franzosen waren mit Signalflaggen bestückt, ebenso mit Trikoloren. Auch die kurze englische Linie hatte Extraflaggen gesetzt, aus Trotz, zur Ermutigung, oder um die Aussichtslosigkeit des Ganzen zu kaschieren?
    Major Bourchier rief: »Seesoldaten, Achtung! Klar zur Musterung!« Er winkte Leutnant Courtenay heran, der trotz seiner Jugend ein Veteran mancher Schlacht war. Nur Seesoldaten kamen auf den Gedanken, im Anblick des Feindes und mit dem Tod vor Augen eine Musterung zu veranstalten.
    Bolitho berührte sein Auge. Es schmerzte, und sobald er gegen die Sonne schaute, stand es voll Tränen.
    »Welche Entfernung schätzen Sie, Val?«
    »Zwei Meilen, Sir, nicht mehr.« Keen dachte an Bolithos verzweifeltes Bemühen in der Jolle, seine Blindheit vor denen zu verbergen, die sich auf ihn verließen.
    Allday lockerte sein Entermesser, Jenour starrte auf die Signalflaggen und instruierte den arroganten Midshipman Houston. Der Sechste Offizier, Leutnant James Cross, sah aus wie ein Junge in zu großer Uniform. Er befehligte die Wache auf dem Achterdeck und war für den Besanmast mit seinem unkomplizierten Rigg und einfacheren Segeln verantwortlich. Noch kümmerte er sich nicht um die langsam näherkommenden Franzosen. Und dann Leutnant Whyham, der Vierte Offizier. Erst vor sechs Jahren war er auf der
Argonaute
als lebhafter Midshipman gefahren. Nun blickte er entschlossen um sich, musterte noch einmal seine Kanonen und die Männer, die für den Großmast eingeteilt waren, das Rückgrat eines Linienschiffs. In den dunklen Batteriedecks warteten die Männer und dachten an Zuhause zurück, machten sich gefaßt auf Kommandos – doch nichts kam.
    Der Leutnant der Seesoldaten pfiff seinen Sergeanten an: »So eine Schlamperei habe ich noch nie erlebt! Sobald das hier vorbei ist, bestrafen Sie diese Männer. Ist das klar?«
    Die Seesoldaten grinsten. Sie waren nicht neu an Bord und kannten einander gut – bis auf die paar jungen Rekruten. Sie hielten zäh zusammen und schafften es trotz der Enge, sich abzusondern. Sie nannten ihre Messe auch Kaserne.
    Es krachte dumpf. Augenblicke später stieg eine dünne Wassersäule aus der See und fiel schnell in sich zusammen.
    Der Erste Offizier bemühte sich um ein Grinsen. »Die müssen erst noch besser zielen lernen!« Aber seine Augen lachten nicht mit.
    Keen meinte: »Ich verstehe nicht, warum sie ihre Kräfte teilen.«
    »Ich ahne, was sie vorhaben, Val. Drei werden sich unsere Begleitschiffe vornehmen, die anderen werden sich uns vorknöpfen.« Auf einmal war ihm der Plan des Feindes so klar, daß er das Schlachtbild schon vor sich
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