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Das Letzte Protokoll

Das Letzte Protokoll

Titel: Das Letzte Protokoll
Autoren: Chuck Palahniuk
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lebende Frau. Damit das Haus eine Seele habe.
    Misty sieht dauernd sein Weinglas an. Statt in sein Gesicht, spricht sie zu dem Glas, folgt ihm mit den Augen in der Hof f nung, dass er etwas merkt und ihr auch was zu trinken anbi e tet.
    Angel Delaporte hält sein gedunsenes Gesicht, seine g e zupften Augenbrauen an das Loch und sagt:»... die Bewohner von W a ytansea Island werden dich töten, wie sie noch jeden getötet h a ben . ..« Er hält sich die kleine T a schenlampe dicht an den Kopf, sodass sie in das Dunkel leuchtet. Der Bund mit Messing-und Silberschlüsseln hängt ihm auf die Schulter, glitzernd wie Mod e schmuck. Er sagt: »Sie sollten sich mal ansehen, was da geschri e ben steht.«
    Angel Delaporte starrt ins Dunkel, und schwerfällig, wie ein Kind, das Lesen lernt, sagt er: »... jetzt sehe ich meine Frau im H o tel Waytansea arbeiten, sie putzt Zimmer und wird zu einer fetten alten Schlampe in rosa Plastikarbeit s kleidung...«
    Mr. Delaporte sagt: »... Wenn sie nach Hause kommt, ri e chen ihre Hände wie die Gummihandschuhe, die sie tr a gen muss, um eure gebrauchten Kondome aufzusa m meln . .. ihre blonden Haare sind grau geworden, und wenn sie zu mir ins Bett kommt, sti n ken sie wie der Scheiß, mit dem sie eure Toiletten schrubbt...«
    »Hmm«, sagt er und trinkt seinen Wein bis zum Ringfinger runter. »Das Wort ist hier nicht angebracht.«
    Er liest: »... ihre Titten hängen an ihr runter wie zwei tote Kar p fen. Sex haben wir seit drei Jahren nicht mehr...«
    Es wird so still, dass Misty es mit einem leisen Lachen versucht.
    Angel Delaporte hält ihr die Taschenlampe hin. Er trinkt den hell orangefarbenen Wein bis zu seinem kleinen Fi n ger runter, zeigt mit dem Kinn nach dem Loch in der Wand und sagt: »L e sen Sie selbst.«
    Der Schlüsselring ist so schwer, dass Misty die Muskeln a n spannen muss, um die kleine Taschenlampe hochzuh e ben, und als sie ihr Auge an das kleine dunkle Loch hält, steht da an die Wand gegenüber geschrieben: »... ihr werdet sterben, und ihr werdet wünschen, ihr hä t tet nie einen Fuß in . ..«
    Der verschwundene Wäscheschrank in Seaview, das ve r schwundene Badezimmer in Long Beach, das Wohnzi m mer in Oysterville: Wenn die Leute da erst mal herumst o chern, finden sie immer g e nau dies. Peters Wutergüsse.
    Immer dieselben Wutergüsse.
    »... ihr werdet sterben, und die Welt kann endlich aufa t men . ..«
    In all diesen Häusern auf dem Festland, an denen Peter gearbe i tet hat, in diesen Investitionsobjekten, überall steht da i r gendwo versteckt derselbe Unflat geschrieben.
    »... unter schreklichen Qualen sterben . ..«
    Und hinter ihr sagt Angel Delaporte: »Sagen Sie Mr. Wilmot , dass er schrecklich falsch geschrieben hat.«
    Diese Sommerleute, die arme Misty erklärt ihnen, Mr. Wilmot sei im vergangenen Jahr nicht ganz bei sich gew e sen. Er habe einen Hirntumor, von dem er lange - wie la n ge, wissen wir nicht - nichts gewusst habe. Ihr Gesicht immer noch an das Loch in der Tapete gedrückt, erzählt sie diesem Angel Delapo r te, Mr. Wilmot habe im alten Hotel Waytansea etwas zu tun gehabt, und jetzt gehen die Zimmernummern von 312 gleich zu 314 über. Wo vo r her ein Zimmer war, ist jetzt nur noch ein nahtlos tapeziertes Stück Flur, Bodenleiste, neue Steckdosen alle zwei Meter, echte Qualitätsarbeit. Alles nach Vorschrift, bis auf das Zimmer dahi n ter.
    Und dieser Mann in Ocean Park schwenkt den Wein in se i nem Glas und sagt: »Hoffentlich war Zimmer 313 zu der Zeit nicht b e legt.«
    Draußen in ihrem Auto hat sie ein Brecheisen. Sie können di e se Tür in fünf Minuten wieder aufstemmen. Das sind schlie ß lich nur Gipsplatten, sagt sie zu dem Mann. Das war nur der durc h gedre h te Mr. Wilmot.
    Als sie ihre Nase in das Loch steckt und schnüffelt, riecht die Tapete wie eine Million Zigaretten, die sich hier zum Sterben ve r sammelt haben. In dem Loch riecht man Zimt und Staub und Farbe. Irgendwo in dem Dunkel hört man einen Kühlschrank bru m men. Eine Uhr tickt.
    An die Wände ist rundherum immer dieses selbe zeternde G e schwafel geschrieben. In allen diesen Ferienhäusern. G e schrieben in einer großen Spirale, die dicht unter der Decke anfängt und an den Wänden entlang ganz langsam bis zum Boden runtergeht, sodass man, wenn man das lesen will, in der Mitte des Zimmers stehen und sich i m mer wieder im Kreis drehen muss, bis einem schwindlig ist. Bis einem schlecht ist. Im Lichtstrahl, der vom Schlü s selring ausgeht, steht da:
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