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Das Letzte Protokoll

Das Letzte Protokoll

Titel: Das Letzte Protokoll
Autoren: Chuck Palahniuk
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Kinder Gottes töten, wenn sie damit die eigenen re t ten können . ..«
    Da, wo seine Küche sein sollte, stehe geschrieben: »... ihr alle abgeschlachtet...«
    Der Mann in Ocean Park sagt: »Sie sollten sich das mal ansehen kommen.« Seine Stimme auf dem Anrufbean t worter sagt: »Die Handschrift allein ist die Reise wert.«

28. Juni
    Der Speiseraum im Hotel Waytansea wird »Goldener Salon« genannt, weil er mit Walnuss getäfelt und mit Goldbrokatsit z möbeln ausgestattet ist. Der Kamin hat eine U m rahmung aus geschnitztem Walnussholz und einen Feue r rost aus poliertem Messing. Man muss das Feuer brennen lassen, auch wenn der Wind vom Fes t land her weht; dann staut sich der Rauch und wird ins Zimmer gedrückt. Ruß und Rauch dringen ins Haus, bis du aus sämtlichen Rauchmeldern die Batterien entfernen musst. Inzwischen riecht es im ganzen Hotel, als stünde es in Flammen.
    Immer, wenn jemand um Tisch neun oder zehn am Kamin bi t tet und sich dann über den Rauch und die zu große Hitze b e schwert und einen anderen Tisch verlangt, brauchst du einen Drink. Nur einen Schluck, egal, was. Der zum Kochen bestim m te Sherry reicht für deine arme dicke Frau.
    Ein Tag im Leben von Misty Marie der Sklavenkönigin.
    Ein weiterer längster Tag des Jahres.
    Das Spiel kann jeder spielen. Es ist bloß Mistys persönliches Koma.
    Ein paar Drinks. Ein paar Aspirin. Und wieder von vorn.
    Die Fenster im Goldenen Salon, gegenüber dem Kamin, blicken auf die Küste. Der Kitt ist hart und krümelig g e worden, sodass der kalte Wind hineinpfeifen kann. Die Fenster schwitzen. Die Feuc h tigkeit im Raum schlägt sich auf dem Glas nieder und rinnt zu einer Pfütze zusammen, bis der Fußboden durc h geweicht ist und der Teppich wie ein Wal stinkt, der seit zwei Juliwochen tot am Strand angespült liegt. Die Aussicht, der Horizont ist mit R e klametafeln verstellt: Markennamen von Fast-Food-Ketten, So n ne n brillen und Tennisschuhen, die auch auf dem Unrat zu lesen sind, der die Flutlinie markiert.
    Auf jeder Welle siehst du Zigarettenstummel treiben.
    Jedes Mal, wenn jemand um einen der Fenstertische vierzehn, fünfzehn oder sechzehn bittet und sich dann über den kalten Luftzug und den Gestank des patschna s sen Teppichs beschwert und zeternd einen anderen Tisch verlangt, brauchst du einen Drink.
    Der heilige Gral dieser Sommerleute ist der perfekte Tisch. Der ultimative Sitz. Die beste Platzierung. Der Platz, an dem sie si t zen, ist nie so gut wie der, an dem sie nicht sitzen. Der Speis e raum ist so überfüllt, dass du, wenn du ihn durchquerst, von Ellbogen und Hüftknochen gerammt wirst. Von Handtaschen geschlagen.
    Bevor wir weitermachen, möchtest du vielleicht ein paar z u sätzliche Sachen anziehen. Ein paar zusätzliche Vit a min-B-Tabletten nachlegen. Ein paar zusätzliche Hirnze l len. Wenn du das hier in der Öffentlichkeit lesen willst, zieh dir erst einmal deine allerbeste Unterwäsche an.
    Und noch davor solltest du dich als Bewerber für eine Spende r leber eintragen lassen.
    Du siehst schon, worauf das hinausläuft.
    Misty Marie Kleinmans ganzes Leben ist darauf hinausgela u fen.
    Du hast zahllose Möglichkeiten, Selbstmord zu begehen, ohne wirklich zu sterben.
    Wenn eine Frau vom Festland mit ihren Freundinnen herei n kommt, allesamt schlank und gebräunt, allesamt begeistert au f seufzend über die Holzvertäfelung und die weißen Tischtücher, die Kristallvasen mit Rosen und Farn und die alten versilberten Gegenstände, und dann eine von ihnen sagt: »Also, Sie sollten Tofu statt Kalbfleisch servieren!«, nimm einen Drink.
    Diese schlanken Frauen, an Wochenenden haben sie manc h mal auch ihren Mann dabei, der klein und stämmig ist und so stark schwitzt, dass das schwarze Flockenzeug, das er sich auf die Glatze gesprüht hat, ihm in den Nacken läuft. Dicke Rinnsale, die seinen Hemdkragen dunkel fä r ben.
    Wenn eine der örtlichen Schildkröten hereinkommt, eine Hand um die Perlenkette an ihrem verwelkten Hals g e krallt, die alte Mrs. Burton oder Mrs. Seymour oder Mrs. Perry, und eine dieser dünnen gebräunten Sommerfrauen an ihrem seit 1865 persönl i chen Lieblingstisch sitzen sieht und sagt: »Misty, wie konntest du nur? Du weißt doch, dass ich dienstag-und donnerstagmittags regelmäßig zum Essen komme. Also wir k lich, Misty...«, brauchst du gleich zwei Drinks.
    Wenn die Sommerleute ihren Kaffee mit geschäumter Milch oder gelatiertem Silber oder Johannisbrotstreuseln oder irgen d was auf Sojabasis
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