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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Goldstein
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Haut, als Al-Mansur sich unruhig nach vorn bewegt. Ich spüre, wie das warme Blut über meine eiskalte Haut rinnt und in den Kragen tropft. Ich will schon unter die Jacke fassen, doch dann lasse ich es.
    Ich darf es nicht tun. Ich muss …
    Jibril drückt noch stärker zu. »Das Mandylion!«
    »Gegen mein Leben und meine Freiheit!«
    »Du bist nicht in der Position, um Forderungen zu stellen!«
    »Nimm dein Schwert herunter, Jibril!«
    »Sobald du mir das Mandylion übergibst! Al-Iskandra, ich meine es ernst.«
    Ich stoße einen arabischen Fluch aus. »In meiner Satteltasche.«
    »Keine Heldentaten, hörst du?«, warnt er mich.
    Ich sehe zu den Johannitern hinüber, die mich aufmerksam beobachten. Langsam schlüpfe ich mit dem Reitstiefel aus dem rechten Steigbügel und ziehe das Bein an, um abzusteigen, doch Jibril hebt die Hand.
    »Du bleibst im Sattel, hast du mich verstanden?«
    Verwundert blicke ich ihn an. Was soll das? Ich verstehe nicht, was er …
    »Das Mandylion!«, wiederholt er in gebieterischem Ton und streckt mir die linke Hand entgegen.
    Ich lehne mich im Sattel zurück und taste mit der linken Hand nach der Schnalle der Satteltasche. Dann schlage ich die lederne Klappe hoch und ziehe die Ikone hervor.
    Als ich ihm die geleimte Holztafel gebe, runzelt er die Stirn. Er scheint nicht zu bemerken, dass ich wieder die Zügel ergriffen und meinen Stiefel zurück in den Steigbügel geschoben habe. Ich spanne die Schultern an.
    Zwei Meilen bis ins Tal. Höchstens.
    »Es lag die ganze Zeit zusammengefaltet in einer Vertiefung zwischen den beiden Teilen der Tafel«, erkläre ich, und es ist nicht einmal gelogen.
    Jibril betrachtet die mit Juwelen geschmückte Ikone und schüttelt sie sogar, doch er kann nicht sicher sein, dass das Reliquiar wirklich das Mandylion enthält.
    Gespannt beobachte ich ihn.
    Und was jetzt, Jibril?
    Er schiebt sein Schwert in die Scheide. Dann zieht er seinen Dolch und stochert damit in dem verleimten Spalt herum, um die Ikone aufzubrechen.
    Der Kommandant von Atri, der drei Schritte vor uns sein Pferd gezügelt hat, zieht entsetzt die Luft ein. »Fra Gil …«
    Jibril setzt sich die Ikone auf den linken Oberschenkel, stößt die Klinge von oben in den Spalt und versucht, die Rückseite der Holztafel wegzuhebeln. Mit einem trockenen Krachen zerbirst das Holz, ein handgroßes Stück bricht ab und fällt zu Boden.
    Meine Hände verkrampfen sich um die Zügel. Ich halte den Atem an.
    Jibril starrt in die Vertiefung. Dann sieht er auf, lässt den Blick über den Kommandanten von Atri gleiten und schaut schließlich mich an. »Es tut mir leid.«
    Unvermittelt richtet er sich im Sattel auf und schleudert die Ikone in den aufgewühlten Schnee vor den Johannitern.
    Der Kommandant von Atri springt vom Pferd, um die Ikone an sich zu reißen. Währenddessen beugt Jibril sich tief über die Mähne seines Pferdes und ruft auf Arabisch: »Y’allah imshi, Al-Mansur! Komm jetzt, Al-Iskandra, rette dein Leben!«

Kapitel 113
    Auf dem verschneiten Weg ins Tal
23. Dezember 1453
Viertel vor zwei Uhr nachts
    Aus dem Stand treibe ich Al-Mansur in den Galopp und setze mit einem gewaltigen Sprung über den erschrockenen Kommandanten hinweg, der im Schnee liegt und die Ikone an die Brust presst. Dann halte ich direkt auf die Johanniter zu und breche durch die geschlossene Reihe von sieben bewaffneten Reitern, die viel zu überrascht sind, um sich mir in den Weg zu stellen.
    Jibril hält sich eine Pferdelänge hinter mir, als ich, tief über die wehende Mähne gebeugt, den abschüssigen Weg entlanggaloppiere.
    »Haltet sie auf, alle beide!«, brüllt der Kommandant. »Sie dürfen nicht entkommen!«
    Ich treibe Al-Mansur noch weiter an und werfe einen Blick zurück. Fackeln lodern zwischen den Buchen und Ulmen. Schnell sehe ich wieder nach vorn und konzentriere mich auf die Schneeverwehungen am Rand des Weges. Bald erreichen wir eine Kurve. Noch einmal blicke ich zurück. Die Lichter hinter uns sind verschwunden.
    Jibril schließt zu mir auf. »Wo ist das Mandylion?«, keucht er. »Es war nicht in der Ikone!«
    Ich lache nur.
    »Was hast du vor?«, brüllt er.
    »Wonach sieht es denn aus?«
    »Nach einem gemütlichen Ritt jedenfalls nicht!« Jibril flucht. »Hinter uns sind wieder die Fackeln zu sehen. Sie folgen uns.«
    Mit gesenktem Kopf tief über die Mähne geduckt, um den herabhängenden Zweigen auszuweichen, presche ich über den Weg, der allmählich flacher und weiter wird und durch einen dichten Wald
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