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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben
Autoren: Marina Lewycka
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sein BlackBerry. Eine Schaumflocke klebte in den blonden Haaren seiner linken Braue und zitterte mit seinem Zorn.
    Er: (Wütend.) Was ist denn in dich gefahren, Georgie?
    Ich: (Kreischend.) Dir ist alles scheißegal, oder? Das Einzige, was dir wichtig ist, ist deine verdammte weltverändernde zukunftsgestaltende Scheiß-Arbeit! Er: (Schüttelt ungläubig den Kopf.) Zufälligerweise ist mir nicht alles egal. Es ist mir wichtig, was auf der Welt passiert. Auch wenn ich nicht sagen kann, dass mir eine Zahnbürste wichtig ist. Ich: (Starre fasziniert auf den Milchschaum, der sich langsam von seiner Braue löst und zu rutschen anfängt.) Ein Zahnbürsten/?a/ter. Er: Was zum Teufel ist ein Zahnbürsten/?a/ter? Ich: Das ist ein ... oh! (Da plumpst sie, die Flocke ... platsch!) Er: (Reibt sich selbstgerecht das Auge.) Ich weiß nicht, warum ich mir so was anhören muss.
    Ich: (Jetzt in vollem Schwung.) Keiner verlangt von dir, dass du es dir anhörst. Warum gehst du nicht einfach? Und nimm deinen Scheiß-BlackBerry mit. (Nicht dass die geringste Gefahr bestünde, dass er das Ding vergessen könnte.)
    Er: (Hochnäsig.) Deine hysterischen Anfälle sind nicht sehr attraktiv, Georgie. Ich: (Frech.) Nein, und du bist auch nicht attraktiv, du blöder, aufgeblasener Furz.
     
    Dabei war er attraktiv. Das war das Problem. Und jetzt habe ich endgültig alles vermasselt, dachte ich, während ich mir vorstellte, wie Mrs. Shapiro durch die Straßen wackelte, mit seiner kostbaren Sammlung großer russischer Komponisten in ihrem Kinderwagen.
     

2 - Pheromone
    Ich saß an meinem Schreibtisch, schaute hinaus in den Regen und versuchte die Novemberausgabe von
Klebstoffe in der modernen Welt
fertigzustellen, als der Container-Laster kam. Klebstoffe können manchmal ziemlich zäh sein, muss ich zugeben, und ich war dankbar für jede Ablenkung. Ich sah zu, wie der Lastwagen rückwärts heranfuhr, sich rasselnd in Position brachte und die Ketten mit den Haken herunterließ, um den übervollen Container hinaufzuhieven; dann baumelte der Container in der Luft, mit der feuchten Gästematratze, den zerzausten Papieren, den schlaff flatternden Zeitschriften, den Müllsäcken voller Kleider und den Kartons, die die nassgeregneten Reste von Rips ach-so-wichtiger Arbeit enthielten, bevor er mit einem befriedigenden dumpfen Schlag auf die Pritsche knallte. Als der Mann fertig war, ging ich hinaus und bezahlte ihn, und ich muss gestehen, ich hatte ein schlechtes Gewissen, als ich dem Lastwagen nachsah. Ich wusste, dass Rip stinksauer sein würde.
    Als er an dem Tag mit dem Streit über den Zahnbürstenhalter abends aus dem Büro kam, hatte ich mich längst beruhigt, doch er war immer noch sauer. Er fing an, seine Sachen ins Auto zu laden.
     
    Ich: (Nervös.) Was machst du da?
    Er: (Mit steinerner Miene.) Ich gehe. Ich ziehe bei Pete ein.
    Ich: (Klammernd. Jämmerlich. Rückgratlos. Voll Selbstverachtung.) Geh nicht, Rip. Es tut mir leid. Es ist doch nur ein Zahnbürstenhalter. Ich bringe ihn selbst an. Weißt du was (kleines Kichern), ich werde lernen, wie man mit dem Akutbohrer umgeht.
    Er: (Zwischen zusammengebissenen Zähnen.) Es geht wohl nicht nur darum, oder? Ich: Was meinst du damit? (Eine schreckliche Wahrheit dämmert mir.) Gibt es ...?
    Er: (Seufzt gelangweilt.) Nein, es gibt keine andere Frau, wenn du das meinst. Nur ...
    Ich: (Erleichtert.) Nur ... ich?
    Er: (Sieht auf die Uhr.) Ich muss los. Ich habe Pete gesagt, dass ich um sieben da bin.
    Ich: (Wie ein verachtenswerter Wurm, der zu armselig ist, um aus seinem traurigen Loch zu kriechen, aber trotzdem Gleichgültigkeit heuchelt.) Schön. Wenn du das willst. Von mir aus. Grüß Pete von mir.
     
    Pete war Australier, Rips Squash-Partner und Kollege bei seinem Zukunftsentwicklungsprojekt. Wir nannten ihn Pete das Muskelpaket, weil er immer enge weiße, muskelbetonende T-Shirts und große weiße Turnschuhe trug und mit lauter Stimme Witze über Lesben riss. Trotzdem mochte ich ihn irgendwie. Er und seine Frau Ottoline wohnten in einem Haus mit hohen Fenstern in Islington, und sie hatten ein Dachgeschossapartment, das sie manchmal vermieteten. Eines Abends stand ich vor dem Haus und schaute zu den erleuchteten Fenstern hinauf. Sie konnten nicht sehen, wie ich dort unten im Dunkeln stand und mir die Tränen herunterliefen.
    Die Heulphase dauerte ein paar Wochen. Dann kam die Wut. »Ich komme wieder und hole den Rest meiner Sachen ab«, hatte er gesagt, als er ging -
    Aber er kam nicht. Die
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