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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben
Autoren: Marina Lewycka
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mit Grillanzünder vollzuspritzen. Wahrscheinlich war es eine kluge Entscheidung von Mrs. Ali, nicht zu kommen. Ich sah ihnen aus Mrs. Shapiros Schlafzimmer zu, wo ich das rot-weiß gepunktete Kleid anprobierte, während Mrs. Shapiro mit großem Aufwand den richtigen Lippenstift auswählte.
    Mit dem Wetter hatten wir Glück. Nach dem Mittagessen kam die Sonne heraus und blieb den ganzen Nachmittag. Das Drosselmännchen saß mit geschwellter Brust auf seinem Baum und trillerte ein Kampflied, und Mrs. Shapiros sieben Katzen, plus ein paar vierbeinige Gäste aus den Nachbargärten, umkreisten uns, angelockt vom Geruch des Fleischs. Mrs. Shapiro und ich schnitten Gemüse für den Salat und Pitabrot und deckten den weißen Plastiktisch. Außerdem hatten die Nichtsnutze einen weiteren Tisch aus dem Kaminzimmer und ein paar Stühle aus dem Esszimmer auf die Wiese gestellt.
    Nathan und sein Tati waren die ersten Gäste. Nathan hatte zwei Flaschen Rotwein mitgebracht, Blind River Pinot Noir, und sein Tati überreichte Mrs. Shapiro einen Blumenstrauß, blaue Iris.
    »Vielen Dank!« Ihre blauen Lider flatterten ekstatisch. Das war ein guter Anfang. »Möchten Sie etwas trinken?«
    Sie trug die gleichen braunen Hosen und den gestreiften Pullover, in denen sie Mr. Wolfe empfangen hatte, zusammen mit den hochhackigen Riemchenschuhen, die tief im Rasen versanken, wenn sie darüberstöckelte. Ihr Haar war frisch gefärbt und sorgfältig mit drei Perlmuttkämmen hochgesteckt. Sie sah richtig elegant aus. Ich trug das rot-weiße Kleidchen. Nathan musterte mich von oben bis unten.
    »Hübsches Kleid.«
    »Danke. Schöne Hose. Wir passen zusammen.«
    Er trug rote Hosen und etwas, das aussah wie eine weiße Kellnerjacke.
    Ms. Baddiel kam in einem fließenden, in Bernstein-, Bronze- und Goldtönen gebatikten Musselingewand, das ein Mantel oder ein Kleid oder ein Rock mit Oberteil sein konnte - wie genau es zusammenpasste, war unmöglich zu erkennen. Der Stoff flatterte im Wind und ließ sie trotz ihres Umfangs zart und ätherisch wirken. Ich sah Mark Diabellos interessierten Blick, als er den Gartenweg heraufkam, und spürte ein leichtes Missvergnügen. Schön, ich hatte Schluss gemacht, aber der interessierte Blick sollte mir gelten, nicht Ms. Baddiel. Er trug den gleichen dunklen Anzug wie immer, und aus seiner Brusttasche winkte einladend das weiße Taschentuch. Die schamlose Frau meldete sich kurz und dachte einen äußerst schamlosen Gedanken: Ich wette, den roten Schlüpfer mit dem offenen Zwickel gibt es nicht in ihrer Größe.
    »Hübsches Kleid, Georgina. Steht dir gut.« Er hauchte mir einen Kuss auf die Wange und reichte mir ein Paket mit Würstchen von Marks & Spencer's und eine Flasche Champagner.
    »Oh, wunderbar. Mrs. Shapiro wird begeistert sein.«
    »Kommt dein Mann auch?«
    »Ja, später«, log ich. Offen gestanden hatte ich Rip nicht eingeladen. Es war nicht wegen Mark. Sondern weil er aus Pflichtgefühl gekommen wäre und sich dann beschwert hätte, dass er das Fußballspiel verpasste. Außerdem - ich weiß nicht -irgendwie wollte ich Canaan House mit seinen exzentrischen Bewohnern für mich behalten.
    »Nick kommt später auch noch. Er hatte ... also ... er musste noch arbeiten.«
    »Mark, da ist etwas, das du wissen solltest. Das du und Nick wissen solltet. Nur ... ich weiß gar nicht, ob ich es dir erzählen soll.«
    Neugierig zog er eine Augenbraue hoch. »Das klingt sehr geheimnisvoll, Georgina.«
    Hätte ich nicht schon zwei Gläser Wein intus gehabt, hätte ich vielleicht den Mund gehalten, aber so platzte ich einfach heraus: »Die Eigentumsurkunde ... es gibt keine. Ihr Mann ist einfach eingezogen. Das Haus stand leer. Nach einem Bombenangriff. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sie nicht mal mit ihm verheiratet war.«
    Ein seltsamer Ausdruck glitt über sein Gesicht. In seinen Augen spielte sich eine ganze Farbpalette ab, und die Grübchen in den Wangen zuckten wild. Er sah aus, als würde er gleich explodieren. Dann begriff ich, dass er versuchte, nicht laut loszuprusten.
    »Keine Urkunde! Wenn ich das Nick erzähle!«
    »Aber kann sie nicht ... ich weiß nicht... was ist mit Ersitzung des Eigentums?
    Gewohnheitsrecht? «
    Er lachte in sich hinein. »Keine Urkunde! Haha. Nein, wenn ich genauer darüber nachdenke, erzähle ich es ihm lieber nicht! Wo ist die alte Dame?«
     
    Mrs. Shapiro und Tati waren im Haus verschwunden. Sie öffneten das Fenster im Kaminzimmer und schoben das alte Grammophon heran, damit wir
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