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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben
Autoren: Marina Lewycka
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Frieden ist ausgebrochen!« Rip sah mich an. Er lächelte, und dann wurde sein Lächeln breiter und zu einem schiefen Grinsen. »Was zum Teufel hast du da an, Georgie?«
    »Ach, ich habe mich für die Party schick gemacht.«
    Meine Jeans, den Pullover und den Fledermausmantel hatte das Feuer verschluckt - oder vielleicht waren sie noch da, aber die Feuerwehr hatte den Zugang zu ihnen versperrt.
    »Du ... du hast dich verändert, Georgie. Du bist anders.« Er starrte mich an, als würde er mich zum ersten Mal sehen.
    »Weniger ...?«
    »Mehr ...«
    »Ich probiere ...« Ich zögerte. Wie konnte ich ihm erklären, dass ich in den letzten Monaten Georgine, Georgina, Georgette, Mrs. George und Miss Georgiana gewesen war? Ganz zu schweigen von Ms. Firestorm und der schamlosen Frau. »... ich probiere meine verschiedenen Facetten aus.«
    »Steht dir, Mum«, sagte Ben. »Irgendwie retro.«
     
    Später am Abend, nachdem die Fußball-Highlights im Fernsehen gelaufen waren, das Stampfen aus Bens Stereoanlage aufgehört hatte und Violetta eine Dose Thunfisch verschlungen und sich auf dem Sofa zusammengerollt hatte, lag ich im Bett, lauschte der Stille um mich herum und dachte darüber nach, was im Laufe des Tages in Canaan House geschehen war. Und dabei fiel mir plötzlich ein leises Knistern auf - so leise, dass es, wenn ich hinhörte, wieder verschwand. Es war das Knistern von Hirnströmen, das aus dem Arbeitszimmer kam. Ich zog Hausschuhe und den Bademantel an und ging nach unten, um nachzusehen, was los war. Unter der Tür fiel ein Streifen Licht heraus. Ich klopfte leise.
    »Komm rein.«
    Rip saß in Boxershorts am Computer und starrte den Bildschirm an. Neben ihm stand eine Tasse kalter Kaffee. »Du arbeitest spät.«
    »Ich muss einen Bericht fertigschreiben«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Das Zukunftsprojekt?«
    »Nein. Mit dem Zukunftsprojekt bin ich fertig.«
    Ich warf einen Blick über seine Schulter und sah mehr als deutlich, dass er nicht an einem Bericht, sondern an seinem Lebenslauf arbeitete. Er versuchte nicht einmal, das Word-Fenster zu schließen.
    »Ist das ... ist alles in Ordnung bei dir, Rip?«
    »Was meinst du wohl?«
    Unwillkürlich legte ich den Arm um seine Schulter - eine alte Geste der Zärtlichkeit, die es schaffte, mein kritisches Hirn und meine unzuverlässigen Emotionen zu umgehen. Wie warm seine Haut war, und wie breit seine Schultern waren; doch an der Art, wie er dasaß, in sich zusammengesunken, war etwas, das plötzlich mein Mitleid weckte. Ich strich ihm übers Haar.
    »Du bist müde. Du solltest ins Bett gehen.«
    »Ich muss das hier noch fertig machen. Ich brauche es morgen.«
    »Wofür denn?«
    »Für eine Organisation namens Synergy Foundation.«
    Ich weiß nicht warum, aber ich war enttäuscht. Synergy Foundation. Was zum Teufel war das? Es klang wie etwas, mit dem man sich das Gesicht eincremte.
Einatmen - zwei - drei - vier...
    »Klingt interessant. Soll ich dir noch einen Kaffee machen?«
    »Das wäre schön.«
    Ich ging in die Küche und machte zwei Tassen Kaffee. Dann fiel mir das Space-Invaders-Ei ein, das noch hinten im Schrank lag. »Hast du Lust auf ein Stück Schokolade?«
    Ich zerbrach das Ei in der Folie, und wir teilten uns die übersüße Schokolade.
     
    Eine Stunde später, als er in das niedrige Feldbett stieg, kroch ich zu ihm unter die Decke.
     

47 - Jede Menge Rabatt
    Canaan House ist eine Baustelle. Das Feuer hatte zwar nicht allzu viel Zerstörung angerichtet, aber nachdem die Feuerwehr fort war, kam die Bauaufsicht, um sich den Schaden anzusehen, und fand einen Blindgänger aus dem Krieg, der tief in den Wurzeln der Araukarie steckte. Die ganze Straße musste geräumt werden, damit das Bombenentschärfungskommando eine kontrollierte Sprengung durchführen konnte. Wir standen alle hinter dem rot-weißen Absperrband und sahen zu. Es war ein heller windiger Tag und eine riesige Staubwolke wurde aufgewirbelt - das war alles, was am Ende übrig war: Staub. Mrs. Shapiro weinte leise, und als ich sie in den Arm nahm, um sie zu trösten, begann ich plötzlich auch zu schluchzen. Ich glaube sogar, ich weinte mehr als sie.
    »Wissen Sie, liebe Georgine, Sie hatten recht«, sagte sie und wischte sich mit dem ekligen Taschentuch aus der Tasche des Persianers die Tränen ab. »Das Haus ist zu groß für mich gewesen. Zu viele Probleme. Zu viele Erinnerungen. Ich saß dort drin wie in einer Mausefalle. Es ist Zeit weiterzuziehen.«
    Glücklicherweise hatte Mark
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