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Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Titel: Das Leben, das uns bleibt (German Edition)
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Schöneres als eine halb volle Rolle Toilettenpapier.
    Aber das Allerbeste an meiner nagelneuen Einbrecher-Karriere war das Alleinsein. Acht herrliche Stunden lang musste ich mit niemandem sprechen. Niemanden beiseiteschieben. Niemanden ansehen. Und mich von niemandem ansprechen, beiseiteschieben oder ansehen lassen.
    Ich konnte es kaum erwarten, den anderen meine Beute zu zeigen. So ähnlich wie beim Süßigkeitensammeln an Halloween, nur tausendmal besser. Trotzdem war ich ein bisschen traurig, die Stille und den vielen Platz aufzugeben.
    Doch nach acht Stunden war ich müde, hungrig und halb erfroren. Ich verstaute alles sicher auf meinem Rad und machte mich auf den Heimweg.
    Matt, Jon und ich hatten verabredet, uns am Briefkasten zu treffen, damit Mom annehmen würde, wir wären die ganze Zeit zusammengeblieben. Matt wartete schon, als ich kam, Jon tauchte kurz nach mir auf. Alle Räder waren schwer beladen.
    Mom versuchte, ein missbilligendes Gesicht zu machen, aber ich sah, wie ihre Augen aufleuchteten, als wir unsere Beute reinschleppten. Und es dauerte nicht lange, bis sie sich von unserer Weihnachtsstimmung anstecken ließ.
    »Mein Lieblingsshampoo!«, rief sie. »Und hier, seht mal! Ich hab seit Monaten kein Kreuzworträtsel mehr gelöst.«
    Auch die Angeln, Spulen, Köder, Netze, Gummistiefel und Salzpackungen riefen viele Ohs und Ahs hervor. Matt hatte für Horton eine ungeöffnete Packung Katzenfutter entdeckt, außerdem eine Motorsäge, deren Akku noch nicht leer war.
    Im Gegensatz zu mir hatte natürlich keiner der beiden daran gedacht, Seife, Toilettenpapier und andere nützliche Dinge mitzunehmen. Aber ich kann ja einfach noch mal in die Häuser gehen, die sie durchsucht haben.
    Was mich betrifft, so hatte Jon den absolut besten Fang gemacht. Er war richtig aufgeregt, als er mir die Schachtel überreichte. »Zwei hab ich schon ausprobiert«, sagte er. »Die haben beide funktioniert, also werden die anderen es wohl auch noch tun.«
    Die Schachtel war nicht groß, aber ich war so gespannt, was drin war, dass meine Hände beim Aufmachen zitterten. In der Schachtel lagen 24 Stifte, die kleine Lämpchen integriert hatten. Jeder von ihnen war säuberlich graviert: Immobilien Walter – Ihr Zuhause ist unser Job.
    Ich knipste einen Stift an. Er funktionierte tatsächlich.
    »Jetzt kannst du abends auch ohne Taschenlampe in dein Tagebuch schreiben«, sagte Jon.
    Ich hätte ihn am liebsten geknutscht. Und tatsächlich schreibe ich diesen Eintrag, nachdem alle anderen schon ins Bett gegangen sind – Immobilien Walter sei Dank. Sollte ich jemals ein Haus kaufen, dann nur über diesen Makler.
    7. Mai
    Mom will nicht, dass wir noch mehr Häuser durchsuchen. »Ihr habt genug gefunden«, sagte sie. »Stehlen ist kein Spiel.«
    »Wir stehlen nicht«, sagte Matt.
    »Dinge ohne Erlaubnis mitnehmen«, sagte Mom. »Das ist fast dasselbe.«
    Aber sie hat nicht eine Sekunde gezögert, eins der Kreuzworträtsel zu lösen.
    8. Mai
    Matt und Jon sind in die Stadt gefahren, um unsere Lebensmittel zu holen. Ich war zu zappelig, um im Haus rumzusitzen. »Ich geh rüber zu Mrs Nesbitt«, sagte ich und war froh, dass Mom nicht gleich wieder vom Stehlen anfing.
    Das Erste, worauf ich stieß, war ein Dosenöffner für Matt und Jon. Am Samstag hatte keiner von uns daran gedacht.
    Mrs Nesbitt war mir nie besonders reiselustig vorgekommen, aber sie hatte natürlich auch irgendwo einen Kulturbeutel versteckt. Eine Packung Taschentücher, ein kleines Stück Seife und drei Erfrischungstücher waren drin. Eine viertel Rolle Toilettenpapier hatte sie ebenfalls hinterlassen.
    Das interessanteste Fundstück war jedoch ein kleines elektrisches Heizgerät. Als Mrs Nesbitt starb, gehörte Strom längst der Vergangenheit an, deshalb hatte es wohl niemand mitgenommen.
    Aber jetzt gibt es wieder Strom, zumindest zeitweise. So schleppte ich das Gerät mit nach Hause, zusammen mit allem anderen, das ich gefunden hatte.
    »Damit können wir die Küche heizen«, erklärte ich Mom. »Oder irgendein anderes Zimmer – immer, wenn Strom da ist.«
    »Gute Idee«, sagte Mom. »Oder wir stellen es im Wintergarten auf, um Holz zu sparen.«
    Natürlich gibt es immer gerade dann keinen Strom, wenn man welchen braucht. Seit diesen legendären vier Stunden neulich haben wir überhaupt keinen mehr gehabt.
    Danach hatten Mom und ich ein ausführliches Gespräch über die Ursachen des Ersten Weltkriegs, damit sie sich einbilden konnte, wir hätten was geschafft.
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